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Ökostrom als Preistreiber?

Die Förderung des Ökostroms in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte und die Deutschen wollen, dass das so bleibt. Mehr Ökostrom gibt es jedoch nicht zum Nulltarif. Für die Ökostromförderung muss der Stromkunde ab 1. Januar tiefer in die Tasche greifen.

Von Dieter Nürnberger | 14.10.2010
    Die meisten Energieexperten sind sich einig: Vom kommenden Jahr an wird die EEG-Umlage auf die Stromrechnung wohl deutlich nach oben gehen. Derzeit zahlen die Stromkunden rund zwei Cent pro Kilowattstunde - dieser Betrag könnte bis auf dreieinhalb Cent steigen, so die Prognose. Und der Schuldige an dieser Entwicklung scheint schnell ausgemacht - es ist die Photovoltaik, die in den vergangenen Jahren in Deutschland regelrecht boomte. Und da für jede aus erneuerbaren Energien produzierte Kilowattstunde der Produzent eine sogenannte Einspeisevergütung erhält, steigt die Umlage. Claudia Kemfert ist Energieökonomien beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

    "Es ist tatsächlich so, das kann man absehen, dass die Nachfrage nach Photovoltaik massiv gestiegen ist. Und das bedeutet, dass die Umlage, die ja auf den Strompreis draufkommt, steigen wird."

    So kann damit gerechnet werden, dass sich der Anteil der EEG-Umlage an der Stromrechnung für einen durchschnittlichen Dreipersonen Haushalt von derzeit rund sieben Euro im Monat auf bis zu zwölf Euro erhöhen wird. Allerdings, so Claudia Kemfert, sei die Formel Ökostrom gleich Preistreiber nicht generell gültig, auch andere Faktoren spielten beim Strompreis nach oben eine Rolle. Etwa ein in Deutschland immer noch weitgehend fehlender Wettbewerb, dominierend sind hier vier Großkonzerne.

    "So ist ja auch der Großhandelspreis eine wichtige Komponente für den Strompreis. Und dieser ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Diese Entwicklung ist aber letztendlich nicht beim Verbraucher angekommen, das liegt daran, dass es zu wenig Wettbewerb gibt. Ein anderer großer Faktor sind die Netzentgelte. Denn obwohl wir in der Vergangenheit hier keinen großen Netz-Zubau hatten, das wird sich künftig auch ändern, ist diese Komponente auch gestiegen."

    Die boomende Förderung der Photovoltaik habe somit ihren Anteil an der prognostizierten Preiserhöhung für 2011, sei aber nicht allein maßgebend.

    Der Boom bei der Förderung der Solarenergie hängt mit vielen Faktoren zusammen. Zum einen sinken die Kosten für Solaranlagen schon seit Längerem, zum anderen hat die Bundesregierung hier im Laufe des Jahres die Fördersätze schon deutlich gekürzt - was wohl auch zu Mitnahmeeffekten führte, Bauherren ließen sich noch schnell eine Solaranlage zu den alten, lukrativeren Fördersätzen auf das Dach montieren.

    Experten schätzen, dass der Sonnenenergieanteil am produzierten Strom in Deutschland dadurch auf bis zu drei Prozent steigen könnte. Das ist dennoch - beispielsweise im Vergleich zur Windenergie - ein recht geringer Anteil. Allerdings verschlingt die Photovoltaik inzwischen einen Großteil der gesamten Förderung.

    Somit dürfte die Solarförderung weiterhin für politischen Zank sorgen. Im EEG, dem erneuerbaren Energiengesetz, sind Möglichkeiten der Degression, ein weiteres Zurückfahren der Förderung also, ohnehin verankert. Stefan Lechtenböhmer ist Energieexperte am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie.

    "Man wird womöglich daran gehen, die Fördersätze noch mal zu senken, oder auch den bereits installierten Förderdeckel zu verschärfen. Das muss man behutsam tun, damit schon bewirktes Positives, nicht wieder abgewirkt wird."

    Außerdem sieht der Lechtenböhmer langfristig sehr viele Vorteile durch den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Das dürfe nicht eine zu starke Förderung rechtfertigen, aber müsse der Vergleich zu anderen Subventionen auch gestattet sein.

    "Es handelt sich hierbei um Zukunftsinvestitionen. Diese schon heute die Umwelt in Deutschland und sie schafft zudem auch Arbeitsplätze in Deutschland. Auch in Zukunft wird durch den Ausbau Positives bewirkt. Und wir müssen auch bedenken, dass - so ein Ergebnis einer Studie des Umweltbundesamtes - jährlich rund 50 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen gezahlt werden. Diese haben all diese Vorteile der erneuerbaren Energien nicht. Es ist generell also eine sinnvolle Angelegenheit."

    Mittel- und langfristig, so prognostiziert die DIW-Expertin Claudia Kemfert, würden die Strompreise durch den Ausbau und die damit verbundene Förderung der erneuerbaren Energien zumindest konstant bleiben können.