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Ökostrom-Umlage erfährt Gegenwind

Die Förderung erneuerbarer Energien ist eine Säule der Energiewende. Doch die EEG-Umlage sorgt für Widerstand. Die Textilunternehmen wollen nun per Klage den Stecker ziehen - und bekommen Unterstützung aus Brüssel.

Von Christel Blanke | 14.08.2012
    Energie muss rund um die Uhr zur Verfügung stehen und sie muss bezahlbar bleiben: Das sind zwei der wichtigsten Vorgaben der Bundesregierung für den Umbau der Energieversorgung in Deutschland. Doch zunehmend wird bezweifelt, ob die Ziele zu erreichen sind. Vor allem beim Strompreis. Immer mehr Kosten werden den Verbrauchern aufgebürdet. Sie zahlen neben den Steuern eine Umlage für den Netzausbau, eine weitere für den Ausbau erneuerbarer Energien und sollen nach den Plänen der Bundesregierung auch haften, wenn es mit dem Anschluss von Windparks auf See ans Stromnetz nicht so recht klappt.

    EU-Energiekommissar Günter Oettinger legt nun erneut den Finger in die Wunde. Der Strompreis in Deutschland ist der zweithöchste in Europa, rügt der CDU-Politiker in der "Bild". Und das liege vor allem an den hohen Steuern und der Abgabe für erneuerbare Energien, der sogenannten EEG-Umlage. Denn an der Börse sinkt der Strompreis kontinuierlich, er liegt zurzeit auf dem niedrigsten Stand seit zwei Jahren - trotz Atomausstieg und trotz - oder vielleicht gerade wegen - des Ausbau erneuerbarer Energien. Der EU-Kommissar fordert, die EEG-Umlage zu deckeln, damit die Kosten für Verbraucher und Wirtschaft nicht aus dem Ruder laufen. Zurzeit liegt die Umlage bei 3,5 Cent je Kilowattstunde Strom. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte versprochen:

    "Die EEG-Umlage soll nicht über ihre heutige Größenordnung hinaus steigen."

    Doch die Realität sieht möglicherweise anders aus. Mitte Oktober wird die Umlage für 2013 festgelegt und viele Politiker und Experten erwarten einen Anstieg auf mehr als fünf Cent. Für einen Durchschnittshaushalt würde das etwa fünf bis sechs Euro mehr für den Strom im Monat bedeuten. Umweltverbände und die Opposition werfen der Bundesregierung vor, die Kosten ungerecht zu verteilen. Zu viele Unternehmen sind ihrer Einschätzung nach von den Abgaben befreit: Wer viel Strom verbraucht, zahlt kaum Ökosteuer, EEG-Umlage und Netzentgelte.

    Gestern hatte die Bundesnetzagentur bestätigt, dass wahrscheinlich deutlich mehr Unternehmen von den Netzentgelten befreit werden, als ursprünglich angenommen. Die großen Unternehmen, klagt Bärbel Höhn, Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag, in den Ruhr-Nachrichten, nähmen nur die Vorteile der Energiewende mit.

    Die deutschen Textilhersteller, die in der Regel nicht zu den energieintensiven Unternehmen zählen, wollen nun versuchen, die EEG-Umlage juristisch zu kippen. Der Verfassungsrechtler Gerrit Manssen kommt in einem Gutachten zu dem Schluss: Mit der EEG-Umlage verhält es sich wie dem Kohlepfennig, der 1994 für verfassungswidrig erklärt wurde.

    "Damals wollte man die Energiereserve deutsche Steinkohle sichern, heute will man die Energiewende finanzieren. Und im Grundsatz handelt es sich damals wie heute um eine verfassungswidrige Sonderabgabe."

    Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei eine Gemeinwohlaufgabe und sollte daher steuerfinanziert werden, sagt Wolf Rüdiger Baumann, Hauptgeschäftsführer des Textilverbandes:

    "Man könnte sich das über die Stromsteuer eine moderate Erhöhung vorstellen. Man könnte eine Energiewende-Umlage fabrizieren. Am besten wäre es sogar, wenn man Ausgaben streichen würde, das heißt Subventionen kürzen. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt."

    Sollte die Klage der Textilunternehmer Erfolg haben, steht die Finanzierung der Energiewende möglicherweise in ihrer bisherigen Form vor dem Aus.

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