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Ökumene in Oberschwaben
Der Bischof bleibt beim Nein

Evangelische und katholische Gläubige laden einander zu Eucharistie und Abendmahl ein. So steht es in der Ravensburger Erklärung von 2017. Doch der Bischof von Rottenburg-Stuttgart hat gegen die eucharistische Gastfreundschaft theologische Einwände. Jetzt trafen sich Bischof und Basis zur Aussprache.

Von Thomas Wagner | 27.03.2019
Brot und Wein vor der katholischen Eucharistiefeier im Augsburger Dom
Die katholische Eucharistie bedeutet nicht dasselbe wie das evangelische Abendmahl. Das ist das Argument des Bischofs. (imago stock&people)
Eine empörte Christin in Oberschwaben. Eva Rehm aus Biberach:
"Ich begreif‘ die ganze Diskussion nicht. Man hat doch ein ganz normales christliches Miteinander. Und das man dann, ich sag’s mal salopp, um Kaiser Bart so ein Theater macht zwischen protestantische Christen und katholischen – ich begreif‘ das nicht."
Ein empörter Bischof in Oberschwaben: Gebhard Fürst von der der Diözese Rottenburg-Stuttgart:
"Es tut mir schon weh, dass mir vorgeworfen wird, ich würde die Ökumene zerstören.."
Hier die kirchliche Basis, denen die Zusammenarbeit über Konfessionsgrenzen nicht weit genug gehen kann, da der Bischof, der sagt: Bis hierhin und nicht weiter.
Die "Ravensburger Erklärung"
"Wir wollen einladend sein, ganz im Sinne der eucharistischen Gastfreundschaft, was nicht zu verwechseln ist mit einem gemeinsamen eucharistischen Abendmahls."
Liest eine Frau auf dem Treffen zwischen Bischof und Basis laut vor. Eucharistische Gastfreundschaft – das bedeutet: Evangelische und katholische Kirchengemeinde laden einander ein. In der katholischen Kirche soll gemeinsam Eucharistie gefeiert werden, in der evangelischen gemeinsam Abendmahl. Festgehalten wurde diese besondere Form des überkonfessionellen Miteinanders in der so genannten "Ravensburger Erklärung", unterzeichnet bereits im Oktober 2017 von vielen hundert Christen beider Konfessionen während einer Feier in Ravensburg – einem oberschwäbisches Mittelzentrum, in dem in etwa genauso viele katholische wie protestantische Christen leben; viele Ehen werden konfessionsübergreifend geschlossen. Doch im Oktober 2018 untersagte der Bischof das gemeinsame Mahl:
"Ich habe klar gesagt, dass eine gegenseitige Einladung zu Abendmahl und Eucharistie derzeit nicht möglich ist. Kurz nach der Unterzeichnung habe ich im November 2017 ein Gespräch mit dem zuständigen Pfarrer geführt. Ich habe ihm erklärt, dass die Ravensburger Erklärung mit dem Abschnitt zur gegenseitigen Einladung zu Kommunion und Abendmahl so nicht stehenbleiben kann, weil sie nicht dem Stand der ökumenischen Beziehungen und der katholischen Kirche entspricht."
Der entscheidende Unterschied
Viele Gläubige waren empört. Am Montag nun kam Gebhard Fürst zu einem Gespräch nach Ravensburg – und blieb bei seinem Nein. Seine Begründung ist theologisch. Zwar gebe es in einem wichtigen Punkt eine Gemeinsamkeit zwischen Euchariste und Abendmahl:
"Luther hält unbeirrbar an der leiblichen Gegenwart des Herrn unter, in oder mit den Gestalten von Brot und Wein fest. Er lehrt die Realpräsenz."
Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart (dpa/picture alliance/Marijan Murat)
So sei das auch in den katholischen Glaubenssätzen verankert. Aber in einem entscheidenden Punkt bestehe ein Unterschied:
"In der Frage, wie diese Gegenwart zu verstehen ist, wie das mit dem Real und dem tatsächlich Gegenwärtigen zu erklären und zu verstehen ist und wie nachhaltig die Wandlung vom Brot und Wein in Leib und Blut Christi ist, darüber geben uns beide Konfessionen unterschiedliche Auskünfte. Und darum sind wir uns deshalb nicht einig. Man kann aber Ökumene aber nicht nur auf gemeinsames Abendmahl reduzieren", legte Fürst dar.
"In einer Zeit, in der die Welt in Flammen aufgeht"
Das Publikum konnte sich schriftlich zu Wort melden, sogenannte ‚Anwälte des Publikums‘ lasen Karteikarten vor, die einige der 400 Zuhörer als Replik auf die Ausführungen geschrieben hatten.
Da hieß es: "Wie fühlt sich eine getaufte evangelische Oma, die bei der Kommunion ihres Enkels nicht zum Gastmahl eingeladen ist? Und hier ein Blick in die Welt: In einer Zeit, in der die Welt in Flammen aufgeht, reden wir über ein kirchenrechtliches Problem. Ich glaube nicht, dass Jesus mit seiner Lehre damit einverstanden wäre."
Die Begründung des Bischofs für das Verbot gegenseitiger Abendmahl-Einladungen können viele im Saal nicht nachvollziehen. Zu ihnen gehört Isolde Leopold, Sprecherin der überkonfessionellen Vereinigung "Kirche lädt ein" in Ravensburg:
"Es gab keinen Kompromiss und nicht mal eine Richtung hin zu einem Kompromiss. Ich bin im Moment nur traurig – traurig, dass die Menschen, die heute hier waren und auch damals, mit ihren Sorgen und Nöten und ihrem Anliegen nicht gehört wurden. Wir haben hier einen Fachvortrag über Theologie gekriegt. Aber die Menschen hätten gerne eine Antwort darauf bekommen: Warum können wir uns nicht gegenseitig zu Eucharistie und Abendmahl einladen?"
Die Weltkirche soll entscheiden
Elmar Kuhn aus dem oberschwäbischen Grünkraut zeigt sich dagegen wenig überrascht:
"Ich habe auch nicht erwartet, dass er (der Bischof) von seiner Position abrückt. Ich glaube er schon, er hat Kante gezeigt. Das ist sicherlich nicht überall angekommen. Ich glaube auch, man kann nicht lokal so eine Änderung vornehmen. Dass muss weltkirchlich entschieden werden."
Gebhard Fürst weiß, dass die Erwartungen an den Abend andere waren. Aber:
"Dass viele enttäuscht sind, glaube ich. Ich möchte aber schon auch sagen, dass sehr viele zustimmend waren, dass wir da halt aufpassen müssen, dass wir uns nicht trennen, auseinanderfallen. Deshalb ist an einem solchen Abend wichtig, dass man mit Respekt voneinander spricht. Und diejenigen, die enttäuscht sind, von denen glaube ich, dass sie so stark im Glauben sind, dass die nicht sagen: Weil das jetzt nicht so läuft, wie ich das möchte, trete ich aus der Kirche aus."