Donnerstag, 25. April 2024

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Ölfördermengen
"Die Bedeutung der OPEC nimmt ab"

Die Opec habe längst nicht mehr die alleinige Macht über den Ölmarkt, sagt Dlf-Wirtschaftsredakteur Klemens Kindermann. Darum verliere das Ölkartell zunehmend an Einfluss. Auch der Austritt Katars spielt bei der Schwächung der OPEC eine Rolle.

Klemens Kindermann im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann | 06.12.2018
    Eine Erdölförderpumpe im Sonnenuntergang
    Die OPEC wird die Öl-Förderung wahrscheinlich kürzen, um den Preis zu treiben, prognostiziert Klaus Kindermann. (imago)
    Dirk-Oliver Heckmann: Heute kommt die OPEC, die Organisation erdölexportierender Länder, in Wien zusammen. Das Ölkartell will über die künftigen Fördermengen beraten. Klemens Kindermann aus unserer Wirtschaftsredaktion, was ist da zu erwarten?
    Klemens Kindermann: Da ist zu erwarten, dass die OPEC alles versuchen wird, um den Ölpreis wieder zu stabilisieren. Wir haben da zuletzt eine ziemliche Rutschpartie gesehen: Anfang Oktober lag der Preis für ein Barrel – das sind 159 Liter - der Rohölsorte Brent noch bei mehr als 86 US-Dollar, Anfang Dezember nur noch knapp über 60. Das heißt: eine Verfall des Ölpreises um fast ein Drittel. Da wird die OPEC handeln: Sie wird sehr wahrscheinlich die Förderung kürzen, was dann den Preis treiben würde.
    "Es gibt zwei weitere große Spieler"
    Heckmann: Ist denn die OPEC noch so mächtig, dass sie eine Ölverknappung durchsetzen kann?

    Kindermann: Also, da würde ich sagen, die Macht früherer Tage ist schon verblasst. Wenn Sie sich mal zurückerinnern an die 70er-Jahre, die schweren Ölkrisen, die autofreien Sonntage – wenn man die Tagesschau eingeschaltet hat, bekam man so etwas zu hören:
    "Die Versorgung mit Benzin scheint vorerst gesichert. Die Gesellschaften haben ihre Tankstellen angewiesen, alle Kunden gleich zu behandeln und, falls gewünscht, vollzutanken. Für Dezember könne die Nachfrage damit befriedigt werden."
    Das war am 28. November 1973. Ob die Zuschauer da wirklich beruhigt waren, weiß ich nicht. Für diesen Dezember 2018 brauchen wir uns jedenfalls keine Sorgen machen. Das Ölangebot ist reichlich. Vor allem weil es nicht mehr nur die OPEC gibt, sondern zwei weitere große Spieler, die den Ölmarkt mit dominieren: das sind Russland und vor allem die USA, die Schieferöl fördern, soviel das Fracking hergibt. Dieses Jahr werden sie wahrscheinlich Russland als Förderland Nummer 1 überholen. Und die Bedeutung der OPEC nimmt immer weiter ab.
    "Der Austritt Katars hat hohe symbolische Bedeutung"
    Heckmann: Die Bedeutung der OPEC nimmt ab – auch weil diese Woche das Golf-Emirat Katar aus dem Kartell ausgestiegen ist?
    Kindermann: Ja, dieser Austritt ist, was die reinen Wirtschaftsdaten angeht, zwar von begrenzter Wirkung - Katar fördert etwas über 600.000 Barrel am Tag, die ganze OPEC fast 33 Millionen. Aber dieser Rückzug hat eine sehr hohe symbolische Bedeutung. Katar gehört zu den ältesten Mitgliedern der OPEC. Und es begründet seinen Rückzug damit, dass es in dem Kartell nichts mehr zu sagen hätte. Katars Energieminister Saad al-Kaabi:
    "Viel Zeit und Ressourcen in eine Organisation zu stecken, wo ich nur ein sehr kleiner Player bin und kaum was zu sagen habe, das funktioniert einfach nicht."
    Also Kritik an der OPEC, am übermächtigen Saudi-Arabien, das sich bei den Förderkürzungen sowieso offenbar lieber mit Russland abstimmt – das könnte der Anfang vom Ende eines der mächtigsten Kartelle sein, die die Welt je gesehen hat.
    "Besser im Norden und Osten volltanken"
    Heckmann: Ist mit höheren Benzinpreisen zu rechnen?
    Kindermann: Zunächst einmal noch nicht. Weil der Benzinpreis hier in Deutschland ohnehin verzerrt hoch ist. Nicht überall, aber besonders im Westen und Süden Deutschlands. Und das liegt am niedrigen Pegelstand des Rheins. Schiffe können dort nur eingeschränkt fahren, aber gerade an den Wasserstraßen liegen die Raffinerien und Tanklager. Das alles lässt sich nicht so einfach durch Lkw oder Bahn ersetzen. Die Logistik ist komplex. Daher entstehen höhere Kosten - laut Mineralölwirtschaft. Der ADAC ist da skeptisch, vermutet, dass sinkende Ölpreise nicht an die Autofahrer weitergegeben werden. Wobei, wie gesagt der Norden und Osten Deutschlands sind besser versorgt. Also, zum Schluss der Tipp: Wer lange Fahrten durch Deutschland machen muss, besser im Norden und Osten volltanken.