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Österreich denkt über Abzug vom Golan nach

Auf den Golanhöhen spielt das kleine Österreich eine Schlüsselrolle. Wien stellt das Hauptkontingent der UN-Truppen, die eine gewisse Pufferfunktion zwischen Israel und Syrien wahrnehmen. Nun droht Österreich mit einem Abzug, falls die EU die syrischen Rebellen mit Waffen beliefert.

Von Ralf Borchard | 24.05.2013
    Es kommt nicht mehr oft vor, dass Österreich in der Weltpolitik eine Schlüsselrolle spielt. Auf den Golanhöhen ist es – jedenfalls im kleinen Format - der Fall: Rund 1000 UN-Soldaten sind dort als Puffer zwischen Israel und Syrien stationiert, und Österreich stellt mit 380 Mann das größte Kontingent. Doch je gefährlicher die Lage in der eigentlich entmilitarisierten Zone wird, um so stärker gerät die Regierung in Wien unter Druck. Verteidigungsminister Gerald Klug betont:

    "Solange die Mandatserfüllung möglich ist, und es die Sicherheit der österreichischen Soldaten zulässt, wird Österreich in dieser Friedensmission ein verlässlicher Truppensteller bleiben. Wir beobachten die Lage de facto stündlich und werden auch eine geeignete Lageeinschätzung dann auf etwaige Veränderungen vornehmen."

    Bis Ende des Monats muss die Europäische Union entscheiden, ob das Waffenembargo gegen Syrien verlängert wird oder ausläuft. Frankreich und Großbritannien setzen sich dafür ein, die syrischen Rebellen mit Waffen zu beliefern, Österreich ist strikt dagegen:

    "Weil ich felsenfest davon überzeugt bin, dass Waffenlieferung in diese Region einer zukünftigen politischen Lösung sehr abträglich wäre, nie ausgeschlossen werden kann, in welche Hände diese Waffen auch kommen, und zuletzt ich davon ausgehen muss, dass es eine zusätzliche Belastung für die Sicherheit der österreichischen Soldaten vor Ort darstellt."

    Im Klartext heißt das: Österreich droht für den Fall von Waffenlieferungen an die Rebellen mit Abzug, die gesamte UN-Mission stünde in Fragen. Japan und Kroatien haben ihre kleineren UN-Kontingente bereits von den Golanhöhen abgezogen. Die Philippinen, nach Österreich zweitgrößter Truppensteller auf dem Golan, denken ebenfalls über Abzug nach. Noch haben sowohl die israelische Regierung als auch das syrische Assadregime ein Interesse am Verbleib der UN-Truppen, eben weil sie eine gewisse Pufferfunktion erfüllen. Und noch steht auch für Österreich das Argument im Vordergrund, sich der Weltgemeinschaft als verlässlicher Akteur zu präsentieren, der nicht sofort kneift, wenn die Lage ernst wird. Wie wichtig das Thema Golan in Österreich genommen wird, zeigt sich auch daran, dass neben Bundeskanzler Werner Faymann auch Bundespräsident Heinz Fischer öffentlich Stellung nimmt:

    "Ich glaube, Österreich erfüllt eine wichtige Mission am Golan, wir werden die sicher nicht leichtfertig abziehen. Wir werden unseren Auftrag, solange es verantwortbar ist, erfüllen. Und sollte eine Situation eintreten, wo das nicht mehr verantwortet werden kann, dann wird es einen Konsens in Österreich geben, und dann müsste man allenfalls neue Schritte überlegen."

    Die Opposition hat den Konsens allerdings bereits aufgekündigt. Ende September wird in Österreich gewählt. Der Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Heinz-Christian Strache, versucht, mit der Forderung "Abzug sofort" zu punkten:

    "Wir haben es mit keiner entmilitarisierten Zone mehr zu tun. Es geht nicht mehr um Friedenssicherung, die befinden sich mitten in einer Kriegszone unterschiedlicher Kriegsparteien. Und da ist es unverantwortlich, unsere österreichischen Soldaten weiterhin vor Ort zu belassen."

    Sollte die Lage an der syrisch-israelischen Grenze eskalieren, kann die Stimmung in Österreich - auch ganz abgesehen vom Thema Waffenembargo - schnell in Richtung Abzug kippen. Für den österreichischen Verteidigungsminister Gerald Klug, erst seit zwei Monaten im Amt, ist das Thema Golan die erste Bewährungsprobe, durch die er sich als sozialdemokratischer Hoffnungsträger profilieren kann. Andererseits gehen er und die gesamte Große Koalition aus SPÖ und ÖVP ein hohes innen- wie außenpolitisches Risiko ein, meint der Militärexperte Gerald Karner:

    "Weil es einfach darum geht, natürlich sehr engen Kontakt mit den Vereinten Nationen zu halten und die Lage zu analysieren, beziehungsweise auch die richtigen Schlüsse aus den Lageentwicklungen zu ziehen."

    Eine Lockerung des Waffenembargos, so viel steht fest, will Österreich auf keinen Fall hinnehmen.