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Österreich
Fast 900.000 Unterschriften für Anti-Raucher-Referendum

Die Nichtraucherinitiative "Don't Smoke" in Österreich ist eine Reaktion auf den Beschluss von ÖVP und FPÖ, ein noch von der Vorgängerregierung geplantes Nichtraucherschutzgesetz wieder aufzuheben. Mit 881.569 Unterschriften blieb das Volksbegehren allerdings knapp unter einer entscheidenden Marke.

Von Clemens Verenkotte | 09.10.2018
    Der Initiator der österreichischen "Don't Smoke"-Initiative und Rektor der Medizinischen Universität Graz, Hellmut Samonigg
    Der Initiator der österreichischen "Don't Smoke"-Initiative und Rektor der Medizinischen Universität Graz, Hellmut Samonigg (picture alliance/APA/picturedesk.com)
    "Ich hoffe, dass wir damit einen Schritt setzen, um zu erreichen, dass Österreicher und Österreicherinnen gesünder werden."
    Thomas Szekeres, Präsident der österreichischen Ärztekammer und einer der Initiatoren, ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis des"Don't smoke"-Volksbegehrens: 881.569 Wahlberechtigte setzten nach Angaben des Innenministeriums ihre Unterschrift unter das Volksbegehren. Das entspricht rund 13 Prozent der Wahlberechtigten. Die Politik müsse nun umdenken, fordert auch Paul Sevelda, Präsident der Krebshilfe und Co-Initiator des Nichtraucher-Volksbegehrens:
    "Vor allem die Jugend ist uns ein besonderes Anliegen und wir werden die Politik hier nicht aus ihrer Verantwortung lassen."
    Österreichs Ärztekammer und die Krebshilfe, die das Volksbegehren angeregt hatten, appellierten an die schwarz-blaue Bundesregierung, das Nichtraucherschutzgesetz rasch wieder einzuführen. Es müsse ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie verhängt werden. Alles andere sei aus medizinischer Sicht grob fahrlässig. Innerhalb der vergangenen acht Tage hatten die Wahlberechtigten Gelegenheit, ihr Votum abzugeben. Diese junge Frau stimmte erst gestern, am letzten Tag des Volksbegehrens, ab:
    "Weil ich es ganz super finde, wenn man im Lokal sitzt und dann nach Rauch stinken muss, zwangsweise, sobald ein paar Raucher dabei sind."
    ÖVP und FPÖ: Nichtrauchergesetz vor einem Jahr aufgehoben
    Vor einem Jahr hatte die Koalition aus konservativer Volkspartei ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ zu Beginn ihrer Regierungstätigkeit das von der Vorgängerregierung bereits beschlossene Nichtraucherschutzgesetz aufgehoben.
    Dies war vor allem ein Anliegen der FPÖ, die sich mit dieser Forderung gegen erhebliche Einwände der Volkspartei hatte durchsetzen können. Damals erklärte FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Nationalrat, kein Österreicher solle von Passivrauch belästigt werden, "aber selbstverständlich gibt es auch die Selbstbestimmung des Einzelnen und es gibt auch das Recht auf freie Entscheidung, gerade im Sinne einer Wahlfreiheit. Und das wollen wir sicherstellen, dass die Gastronomen einen eigens abgegrenzten Bereich anbieten können, wo halt jeder Bürger freiwillig auch die Möglichkeit hat, hineinzugehen, und die Entscheidung treffen kann, dort vielleicht bei einem Kaffee eine Zigarette, Zigarre oder Pfeife genießen zu wollen."
    Kein Kommentar zu praktischen Folgen des Volksbegehrens
    Strache, der in der Öffentlichkeit das Rauchen nicht verheimlicht, hatte vor Monaten bereits angekündigt: Sollte das "Don't smoke"-Volksbegehren die Marke von mehr als 900.000 Unterschriften erhalten, würde er sich für eine verbindliche Volksabstimmung einsetzen. FPÖ-Fraktionschef Walter Rosenkranz lobte gestern Abend zwar das Volksbegehren als Zeichen der direkten Demokratie, die seine Partei stärken wolle. Doch zu den praktischen Folgen des Volksbegehrens äußerte sich der FPÖ-Politiker nicht. Für den österreichischen Politik-Experten Peter Filzmaier steht die Koalition nun vor einem Dilemma. Im ORF sagte Filzmaier:
    "Ich sehe schon die Regierungsparteien und etwas mehr die FPÖ in einem Argumentationsnotstand. Natürlich kann man sich aufs Regierungsprogramm berufen und sagen: 900.000 Unterschriften stehen da nunmal drinnen. Es sind 18.500 bei "Don't smoke" weniger. Also erst mal tief durchatmen und Heinz-Christian Strache zündet sich eine Beruhigungszigarette an."
    Mit dem "Don't smoke"-Volksbegehren standen noch zwei weitere Volksbegehren zur Abstimmung: Für die Abschaffung der Gebühren für den öffentlich-rechtlichen ORF sprachen sich 320.000 Wahlberechtigte aus, für das Frauenvolksbegehren 481.000. Mit allen drei Volksbegehren wird sich nun das Parlament beschäftigen.