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Österreich
FPÖ will Asylbewerbern Lehrstellen verwehren

Bisher konnten Asylbewerber, die jünger als 25 Jahre sind, in Österreich auch vor Abschluss ihres Verfahrens eine Ausbildung in Berufen mit Fachkräftemangel beginnen. Das möchte die Regierung auf Initiative der rechtspopulitischen FPÖ ändern. Betroffene Unternehmer reagieren mit Unverständnis.

Von Srdjan Govedarica | 04.09.2018
    Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache
    Auf Druck der FPÖ will Österreichs Regierung Asylbewerbern künftig nicht mehr gestatten, eine Ausbildung anzufangen (imago/photonews.at)
    Wased Rasuli hat seinen Traumberuf gefunden. Er ist vor zweieinhalb Jahren aus Afghanistan nach Österreich geflohen. Jetzt macht er in der Steiermark in einem Supermarkt die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann:
    "Unsere Mitarbeiter, alle sind nett und meine Chefs sowieso sind nett. Alles in Ordnung."
    Wased Rasuli ist einer von insgesamt 1.023 Asylbewerbern, die zur Zeit eine Ausbildung machen. Die meisten lassen sich in der Gastronomie und im Einzelhandel ausbilden. Sie machen knapp ein Prozent der Lehrlinge in Österreich aus. Die bisherige Regelung sieht so aus: Wer jünger ist als 25 darf auch als Asylbewerber eine Lehre beginnen, vorausgesetzt es handelt sich um einen genau definierten Beruf mit Fachkräftemangel.
    Das möchte die österreichische Regierung nun ändern. Auf Initiative der rechtspopulitischen FPÖ. Deren Vorsitzender Heinz-Christian Strache ist österreichischer Vizekanzler. Im traditionellen Sommergespräch mit dem ORF erklärte er:

    "Das kann ja nicht sein, dass jemand, der zu uns kommt und einen Asylantrag stellt und sich im Prüfungsverfahren befindet, wo gar nicht feststeht, ob es positiv oder negativ ausgeht, dass er wenn er kein Bleiberecht hat, eine Lehre beginnen soll."
    Zuletzt hatten in Österreich Fälle zu Diskussionen geführt, in denen abgelehnte Asylbewerber dank ihres Ausbildungsplatzes in Österreich bleiben durften. Deshalb nun der Vorstoß, dass Asylbewerbern der Zugang zur Lehre ganz verwehrt wird, bis über ihren Fall endgültig entschieden wurde. Oder anders ausgedrückt: Das Asylrecht solle künftig nicht mehr mit einer Lehre umgangen werden können, so der österreichische Regierungssprecher Peter Launsky. Weil Österreich unter anderem wegen der guten Wirtschaftslage unter einem Fachkräftemangel leidet und circa 15.000 Lehrstellen derzeit offen sind, erntet der Vorstoß viel Kritik. Die Opposition in Wien geht von einem politischen Manöver aus, das der Wirtschaft schade. SPÖ-Chef und Ex.-Bundeskanzler Christian Kern.
    "Wenn es da welche gibt, die fleißig sind und was leisten wollen und wir schicken sie jetzt nah Haus, dann macht das wirklich keinen Sinn."
    Deutliche Kritik von der Opposition und aus der Wirtschaft
    Dass die Regierung als Maßnahme gegen den Fachkräftemangel den Arbeitsmarkt für Drittstaaten außerhalb der EU öffnen möchte, stößt den Sozialdemokraten übel auf. Die Regierung möchte damit in Wahrheit das heimische Lohnniveau drücken und betreibe damit das Geschäft der Konzerne und der Industrie, sagen die SPÖ. Die liberalen NEOS kritisieren die geplante Maßnahme deutlich schärfer.
    Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn: "Das Einzige, was diese Regierung hat, ist ihr Ausländerhass und das ist ihr Sauerstoff."
    Auch betroffene Unternehmer reagieren mit Unverständnis. Florian Hubmann etwa, Chef eines mittelständigen Kaufhauses in der Steiermark:
    "Wir müssen Qualität bieten, um uns gegen den starken Konzernwettbewerb durchzusetzen. Und ohne Mitarbeiter schaffe ich das nicht. Diese Maßnahme ist für den Mittelstand absolut nicht positiv zu bewerten und für mich eine Gefährdung."
    Strache bleibt hart
    Inzwischen hat die österreichische Regierung bekannt gegeben, das Asylbewerber, die bereits eine Ausbildung begonnen haben, bis zu deren Ende in Österreich bleiben dürfen - etwa die Hälfte von ihnen müsste sonst abgeschoben werden. Ein Bleiberecht nach der Ausbildung schließt der österreichische Vizekanzler Heinz Christian Strache aber aus:
    "Wer rechtskräftig von unabhängigen Gerichten einen negativen Bescheid bekommt, der muss unser Land verlassen."
    Auch der angehende Einzelhandelskaufmann Wased Rasuli hat einen negativen Asylbescheid bekommen. Seine Ausbildung möchte er aber auf jeden Fall abschließen - auch wenn sein Traumberuf nur ein Traum bleiben dürfte: "Ich muss noch drei Jahre lernen."
    Unterstützung erhält er indirekt von höchster Stelle. Der österreichische Bundespräsident Alexander van der Bellen gehört zu den Gegnern der geplanten Maßnahme: "Das macht ja keinen Sinn. Also wir haben hier eine Win-win-Situation, wenn wir hier eine Regelung finden."