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Österreich
Ministerium "warnt" vor kritischen Medien

Das österreichische Innenministerium hat in einer internen Mail an die Polizei vorgeschlagen, bestimmte Medien nur noch eingeschränkt mit Informationen zu versorgen. Als Beispiele werden die Zeitungen Der Standard, Falter und Kurier genannt. Inzwischen hat auch Kanzler Kurz reagiert.

25.09.2018
    Ein Stapel mit verschiedenen Tageszeitungen liegt auf einem Tisch.
    Das österreichische Innenministerium hat die Polizei offenbar vor bestimmten Medien "gewarnt" (Sven Hoppe/dpa)
    Österreichs Bundeskanzler Kurz (ÖVP) hat Kritik an der Info-Sperre des FPÖ-geführten Innenministeriums geübt und sich gegen eine Ausgrenzung bestimmter Medien ausgesprochen. Am Rande der Uno-Generalversammlung sagte er, jede Einschränkung von Pressefreiheit sei "nicht akzeptabel". Für einen freien und unabhängigen Journalismus im Land trügen besonders Parteien und Regierungsinstitutionen sowie öffentliche Einrichtungen eine hohe Verantwortung, so Kurz.
    Kurz bezieht sich auf eine Mail des Innenministeriums, die an die Polizeidirektionen in ganz Österreich verschickt worden war. In dem Schreiben, aus dem unter anderem die Tageszeitung Der Standard zitiert, heißt es demnach zum Umgang mit "kritischen Medien": "Leider wird wie eh und je seitens gewisser Medien eine sehr einseitige und negative Berichterstattung über das BMI beziehungsweise die Polizei betrieben". Namentlich werden der "Standard", der "Kurier" und die Wochenzeitung "Falter" genannt. "Ansonsten erlaube ich mir vorzuschlagen, die Kommunikation mit diesen Medien auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken (...)", heißt es demnach in dem Schreiben weiter.
    Wie es aus Sicht des Innenministeriums stattdessen laufen sollte, wird ebenfalls in dem Schreiben erläutert. Als Beispiel wird eine Serie des Sender ATV erwähnt, die Anfang kommenden Jahres startet. In dem Sechsteiler soll der Polizeialltag begleitet werden. Das BMI lobt: "Jede Folge wird abgenommen und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung. Es handelt sich dabei um imagefördernde Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Themen im Studio von uns bestimmt werden können."
    Ministerium verteidigt Vorgehen
    Das Innenministerium in Wien erklärte, Ressortchef Kickl von der FPÖ sei nicht der Auftragggeber der Mail gewesen. Absender war demnach Ministeriumssprecher Pölzl. In einer Reaktion auf die Medienberichte verteidigte das Ministerium das Schreiben: "Was den besonders achtsamen Umgang mit den erwähnten Medien betrifft, so basieren die Erläuterungen auf teils jahrelangen Erfahrungen vieler Kommunikationsmitarbeiter im BMI", heißt es in der Mitteilung.
    Auszug Stellungnahme des BMI Österreich
    Auszug Stellungnahme des BMI Österreich (Dlf24)
    Noch etwas ist dem Innenministerium offenbar wichtig: In der Mail aus dem Ministerium wird den Polizeidirektionen empfohlen, Sexualdelikte stärker zu kommunizieren. Der Absender der Mail bittet, "vor allem Taten, die in der Öffentlichkeit begangen werden, besondere Modi Operandi (zum Beispiel Antanzen) aufweisen, mit erheblicher Gewalteinwirkung oder Nötigungen erfolgen oder wenn zwischen Täter und Opfer keine Verbindung besteht, auch proaktiv auszusenden". Laut der Reaktion des Innenministeriums soll dieser Hinweis einem einheitlicheren Auftritt der verschiedenen Polizeidirektionen und des Innenministeriums dienen.
    Kritik der betroffenen Medien
    Die in der Mail explizit genannte Tageszeitung "Der Standard" spricht von einem Frontalangriff auf die Medienfreiheit in Österreich. Dass es sich bei der Mail nur um eine "Empfehlung" handele, lässt Redakteur Möseneder nicht gelten. Er schreibt in seinem Kommentar: "Dass die Empfänger wissen, wie die zu verstehen ist, zeigt sich bei der Umsetzung eines anderen ministeriellen Wunsches: "Nationalität und teilweise der Aufenthaltsstatus von Verdächtigen werden seit rund einer Woche in den Presseaussendungen der Polizei angeführt."
    Selbst wenn das Schreiben nicht vom Innenminister selbst komme, hält der "Kurier" Herbert Kickl für ungeeignet, das Ministerium zu führen. Chefredakteur Brandstätter schreibt: "Das Papier strahlt in jeder Zeile das Denken eines autoritären Staatsbewusstseins aus, das durch Ängste und Diskriminierungen noch verstärkt werden soll." Kickl wolle verhindern, dass anständige Journalisten einfach ihren Job machten, weil er offenbar nicht mit Kritik umgehen könne. Auch Falter-Chefredakteur Klenk sieht den Minister in der Verantwortung.