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Österreich vor der Wahl (2/5)
"Wir legen sehr viel Wert auf Ordnung und Sauberkeit"

Seit zwei Jahren sitzt die rechtspopulistische FPÖ im Rathaus von Wels. Bürgermeister Andreas Rabl setzt auf die klassischen Themen seiner Partei: Ordnung, Innere Sicherheit, Zuwanderung. Wenig Zuwanderung. Er hat der Stadt eine Imagekampagne verordnet: Lokalpatriotismus in jedem Lebensbereich.

Von Tom Schimmeck | 14.10.2017
    Der FPÖ-Politiker Andreas Rabl
    Der FPÖ-Politiker Andreas Rabl ist seit 2015 Bürgermeister von Wels in Österreich (AFP/ Joe Klamar)
    "Das Oberösterreicher-Dirndl ist ein rotes Dirndl, ein rotes Oberteil mit schwarzen Samtbändern, unten hat’s einen schwarzen Rock und eine blaue Baumwollschürze."
    Rot. Schwarz. Blau. Das sind zufällig auch die dominanten politischen Farben hier im Städtchen Wels.
    Ingrid Neuböck ist seit 40 Jahren Geschäftsführerin bei "Trachten Thalbauer" am Stadtplatz. Sie hat Dirndl in jeder Farbschattierung zu bieten:
    "Wenn man eine Feier hat, dann geht jeder in Tracht. Vom Enkelkind bis zum Greis."
    Zwischen den Schaufensterpuppen: Maßkrüge, Tannenzapfen und Ausgestopftes. Ein Hase, ein Fuchs, ein ungläubig dreinblickendes Reh.
    "Eine Hirschlederhose ist natürlich das allerschönste."
    Die "richtige", die dreifach gegerbte, kostet 1.200 Euro.Das Geschäft läuft prächtig, berichtet Frau Neuböck:
    "Ja, sehr gut. Wir sind zufrieden."
    Obwohl es hier am Stadtplatz gleich drei große Trachtengeschäfte gibt.
    Dirndl im Schaufenster des Trachtengeschäfts Thalbauer in Wels in Österreich
    Das Geschäft mit der Tracht läuft gut: Wenn in Wels gefeiert wird, dann in Tracht. (Deutschlandradio/ Tom Schimmeck)
    Bürgermeister Rabl gibt sich bieder, fleißig, penibel
    Auf dem Stadtplatz steht ein Mädchen, mit blauem Overall und Zahnspange, verteilt blaue Kugelschreiber und blaue Stoffbärchen. Die tragen ein Halstuch, auf dem HC steht – für Heinz-Christian Strache, den FPÖ-Chef. Neulich hat er, hier in Wels, den Österreich-Wahlkampf eröffnet:
    "Wir Freiheitlichen werden Euch das zurückgeben, was Euch Rot und Schwarz die letzten Jahre gestohlen haben!"
    "Haben Sie Kinder?" fragt sie und kramt blitzschnell zwei Bären aus ihrem Korb.
    Der neue Regent trägt einen schlichten blauen Anzug. Keine Tracht.
    "Mein Name ist Andreas Rabl. Ich bin Bürgermeister der Stadt Wels."
    Die FPÖ ist mächtig stolz. Rabl wurde mit fast 63 Prozent der Stimmen gewählt. Der Wirtschaftsjurist gilt als gewiefter Stratege. Gibt sich bieder, fleißig, penibel.
    "Das Erste, was wir gemacht haben, war, dass wir einen Positionierungsprozess gestartet haben, um uns einmal zu überlegen: Wo wollen wir diese Stadt überhaupt hinführen?"
    In der Mitte seines Amtszimmers: ein Besprechungstisch mit einer kleinen Konsole. Kein mächtiger Schreibtisch. Ich schreib nichts, sagt Rabl, diktiere nur. Er benutzt Worte wie "Opinion-Leader" und "Turnaround". Hat er Druck, zu beweisen, dass die FPÖ es kann?
    "Nein. Den Druck seh' ich nicht."
    Wels ist nicht arm, hat viel Industrie und Handel. Der Raum Linz-Wels hat in Österreich die höchste Wertschöpfung pro Kopf.
    "Wir legen sehr viel Wert auf Ordnung und Sauberkeit in dieser Stadt. Und auch auf Sicherheit. Wir haben einen großen Teil der Innenstadt zwischenzeitlich videoüberwacht. Ohne Deutsch keine Wohnung. "
    Die Ausländer. Ein Kernthema der FPÖ.
    "Das heißt: Wir vergeben Sozialwohnungen nur dann, wenn jemand ausreichend über Deutschkenntnisse verfügt. Gleichzeitig haben wir auch einen Markenprozess eingeleitet."
    Imagekampagne und Lokalpatriotismus
    Die FPÖ hat eine Art Glücksoffensive gestartet. Plakate, Broschüren, die Webseite der Stadt zeigen jetzt junge Menschen, lächelnd, erfolgreich, durchweg abendländisch – gern beim Shopping, beim Arbeiten, beim Picknick am Fluss.
    "Bunt, begeisternd für diese Stadt, lebensfroh".
    Das neue Symbol, ein kunterbuntes W, ist allgegenwärtig, selbst auf dem Jackett der Stadtoberen.
    "Das Logo, das als Symbol steht für ein lebensfrohes Wels."
    Rabl setzt auf begeisterten Lokalpatriotismus:
    "Wels lädt ein". "Wels verbindet". "Wels blüht auf".
    Wirbt mit "Top Events" wie dem Welser Volksfest, der Oldtimer-Show, der Hundeausstellung, der "Weihnachtswelt". Die blauen Stadtherren und -damen sind überall: im Tennisclub und im Tierheim, bei der Feuerwehrjugend und beim Festbieranstich. Selbst im Schaukasten der FPÖ Wels herrscht Partystimmung: Man lädt zum "Kürbisfest", zum "Spielfest" und zum "Kinderartikel-Flohmarkt". Eine Welt, die gemütlich wirken will, vor allem: ganz normal. Rabls Rezept ist die Durchdringung des Alltags.
    Rückt die FPÖ in die Mitte? Er lächelt.
    "Nein, ich glaube, dass die anderen Parteien mehr nach rechts gerückt sind, weshalb wir mehr in der Mitte angekommen sind."
    "Stimmung macht Umsatz", sagt der Marketingchef
    "Café Latte bitte!"
    Der Marketing-Chef der Stadt bittet ins Lokal "Schwarzer Dackel".
    "Peter Jungreithmair vom Wels-Marketing und Tourismus."
    Er trägt Jeans, Sakko, auf dem Revers natürlich das bunte W. Spricht von "Identitätsarbeit".
    "Stimmung macht Wirtschaft und Stimmung macht Umsatz und Stimmung macht Leben. Und das ist unser Job da drinnen und deshalb gibt’s das Ganze auch."
    Er ist kein Parteimitglied.
    "Ob’s das blau ist oder irgendeine andere Farbe ist ja völlig egal."
    Doch lobt er Fleiß, Mut und Talent des Bürgermeisters Rabl.
    Wie der Zufall so spielt, nimmt am Nebentisch ein ganzes Geschwader junger Frauen Platz, gestylt wie Models. Am Wochenende ist "Konzertspektakel" in Wels. Der Marketing-Chef strahlt.
    "Ich hoffe, dass ihr lauter klasse Burschen kennenlernt, heiratet und hier ansässig werdet"
    Jungreithmair hat noch einen Termin. Am Stadtplatz eröffnet ein neuer Würstelstand. "HotDox", mit x. Wo es Käsekrainer und Leberkässemmel gibt, Burenwurst und natürlich die gute "Bosna".
    Die Vizebürgermeister Kroiß und Raggl-Mühlberger sind da, beide von der FPÖ, der Stadtrat Lehner von der ÖVP und der Herr Jellmair, der für die Ansiedlung von Firmen zuständig ist.
    "Und da hammer versucht aufzuwerten durch einen traditionellen Wurst- und Bosna- und Hotdog-Anbieter."
    Es sollte kein Kebab-Laden sein, erklärt er. Und macht ein schönes Foto.
    "Ich würd’ gern was trinken, weil des geht ja überhaupt nicht."
    "Wohlsein!"
    "Alles Gute"
    "Zum Wohl!"
    "Viel Erfolg!"
    "Mögen die Würstel bruzzeln, sag I…"