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Österreich
Was sich seit der Reform des Islamgesetzes getan hat

Was in Deutschland gerade wieder diskutiert wird, hat Österreich schon lange: ein Islamgesetz. Ziel war es, den Muslimen mehr Rechtssicherheit zu geben - aber auch mehr Pflichten. Unter anderem dürfen Imame jetzt nicht mehr aus dem Ausland bezahlt werden und sollen künftig in Österreich ausgebildet werden.

Von Christine Auerbach | 05.04.2017
    Ein Besucher des Islamischen Zentrums Wien am 25.10.2014 anlässlich des "Tages der offenen Moschee" in Wien.
    Österreich hat seit 2015 ein neues Islamgesetz (dpa / picture alliance / Herbert Neubauer)
    "Es darf in Österreich kein Widerspruch sein, selbstbewusster Österreicher und gleichzeitig gläubiger Moslem zu sein. Und das war auch stets die Intention hinter diesem Gesetz."
    Monatelang hatte Österreichs Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz für die Reform des Islamgesetz geworben. Nach heftigen Diskussionen ist das neue Gesetz nun seit gut zwei Jahren in Kraft. Es gibt Muslimen in Österreich mehr Rechte - aber auch mehr Pflichten. Imame, die in Österreich predigen, dürfen jetzt zum Beispiel nicht mehr aus dem Ausland bezahlt werden:
    "Wir haben in Österreich eine Trennung von Staat und Religion. Es wäre nicht möglich nach unserer Verfassung, dass die Regierung direkt einen Priester anstellt und bezahlt, damit er in Österreich tätig ist. Es ist nicht möglich, dass die Angela Merkel einen Pastor oder eine Pastorin anstellt, nach Österreich schickt und hier bezahlt. Und insofern ist es auch legitim, dass wir sagen, wir wollen keine Imame, die Angestellte anderer Regierungen aus dem Ausland sind, die hier in Österreich predigen und tätig sind."
    Das Verbot der Auslandsfinanzierung trifft vor allem die türkisch-islamische Union, kurz ATIB. Der größte und wohl einflussreichste muslimische Verband in Österreich gilt als verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde. Traditionell schickte die Türkei die 65 Imame der ATIB ins Land und bezahlte sie auch. Die ersten Imame von ATIB mussten Österreich deshalb bereits verlassen, ihre Visa sind nicht verlängert worden. Gerade für kleine Gemeinden sei es aber schwer, die Bezahlung ihrer Imame sofort selbst zu stemmen, sagt Selfet Yilmaz. Er ist der Sprecher von ATIB:
    "Wir haben gefordert, dass wir zumindest drei bis fünf Jahre Übergangszeit haben, womit wir auch die Imame ausbezahlen lassen aus der Türkei. Jetzt müssen wir die Imame selber bezahlen und finanziell ist das schon eine große Herausforderung für die einzelnen Vereine."
    Ein Schritt in die richtige Richtung
    Insgesamt sieht Selfet Yilmaz das Islamgesetz aber durchaus positiv. Vor allem, dass Österreich in den nächsten Jahren selbst Imame ausbilden will, ist für ihn ein Schritt in die richtige Richtung:
    "Wir warten sehnsüchtig darauf, dass wir diese Imame in unseren Vereinen dann auch einsetzen. Weil die Kinder, die verstehen die türkische Sprache immer weniger, deswegen ist es wichtig, dass auch verstanden wird, was gepredigt wird. Und es für uns ein Anliegen, dass die Imame auch eine exzellente Deutschausbildung bekommen."
    Bis es die ersten Österreichischen Imame gibt, wird es aber noch dauern. Der Studiengang an der Universität Wien ist mit sechs Professoren geplant, losgehen soll es diesen Herbst.

    Das Islamgesetz regelt auch den rechtlichen Status islamischer Organisationen. Seit der Reform gibt es nur noch zwei anerkannte Repräsentanten: die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich und die Alevitische Glaubensgemeinschaft. Alle anderen mussten unter eines der beiden Dächer schlüpfen oder sich auflösen. Auch dagegen gab es Proteste, unter anderem von ATIB.
    Außenminister Sebastian Kurz hofft, dass sich mit der Gesetzesreform in den nächsten Jahren ein Islam österreichischer Prägung entwickelt. Zu diesem Wunsch passt der Selfet Yilmaz schon ganz gut. Er ist nicht nur Pressesprecher bei ATIB sondern auch Politiker. Und zwar in der ÖVP, der gleichen Partei wie der Außenminister. Für Yilmaz hat das österreichische Gesetz als Vorbild durchaus Potenzial.
    "Ich glaube, dass Deutschland ein ähnliches Gesetz braucht, das auch Standard für Europa sein kann."