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Österreichische Verkehrsexpertin
"Die Maut ist nicht EU-rechtskonform"

Nach Meinung der österreichischen Europaabgeordneten Claudia Schmidt (ÖVP) werden Ausländer auch durch die nachgebesserten Pläne für die deutsche Pkw-Maut diskriminiert. Im DLF forderte sie Bundesverkehrsminister Dobrindt auf, sein Vorhaben im EU-Parlament zu erläutern. Ändere sich nichts, werde Österreich Klage einreichen.

Claudia Schmidt im Gespräch mit Doris Simon | 25.01.2017
    Fahrzeuge fahren in Hamburg im Dunkeln über die Autobahn 7
    Fahrzeuge auf der A7 bei Hamburg (picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    Doris Simon: Ein Herzensanliegen der CSU ist heute im Bundeskabinett beschlossen worden: die PKW-Maut. Sie kommt! Die Bundeskanzlerin hat ja nachgegeben. Aber Bundesverkehrsminister Dobrindt musste noch mal nachbessern, um auch das Plazet der europäischen Kommission für seine Mautpläne zu bekommen.
    Am Morgen haben sich in Brüssel Gegner der deutschen Mautpläne aus dem Europäischen Parlament mit dem österreichischen Verkehrsminister Jörg Leichtfried getroffen. Am Nachmittag schauen sich dann nationale Experten die Vereinbarung an zwischen dem Bundesverkehrsministerium und der europäischen Kommission. Mit dabei beim Mautgegner-Treffen am Morgen war Claudia Schmidt. Sie ist Europaabgeordnete der Österreichischen Volkspartei und Verkehrsexpertin ihrer Partei. Guten Tag.
    "Die Maut wurde ursprünglich auch als Ausländermaut tituliert"
    Claudia Schmidt: Guten Tag.
    Simon: Frau Schmidt, was ist Ihr Problem mit der deutschen Maut? Maut und Autobahngebühren, die gibt es ja auch bei Ihnen und in fast allen anderen EU-Ländern.
    Schmidt: Ich habe mit einer Maut in Deutschland überhaupt kein Problem, weil wie Sie schon erwähnt haben: Es gibt sie in anderen europäischen Staaten auch, auch in meinem Heimatland. Wir haben ein Problem damit, dass unserer Meinung nach die Maut nicht EU-rechtskonform ist, da sie ja ursprünglich auch Ausländermaut tituliert wurde und es ja so ist, dass der deutsche Autofahrer die Maut refundiert bekommt und jeder andere nicht deutsche oder nicht in Deutschland lebende Autofahrer sie voll bezahlt und nicht refundiert bekommt. Das ist unserer Meinung nach nicht EU-rechtskonform und dagegen sind wir aufgetreten.
    Simon: Das Bundesverkehrsministerium hat ja auf Druck aus Brüssel noch mal nachgebessert. Die Angebote sind jetzt differenzierter, es gibt sechs statt drei Preisstufen. Und ganz anders als in anderen Ländern spielt ja bei der deutschen Maut auch die Umwelt eine Rolle.
    Schmidt: Ja, das ist richtig und das ist auch gut so. Ich meine, Sie werden ja sicher wissen, bei LKW gibt es ja auch einen sogenannten Umweltzuschlag zur Maut. Gegen das wäre ja auch nichts einzuwenden. Aber nur weil man die Refundierung einer Maut verbindet mit Energieklassen, wird sie ja noch nicht EU-rechtskonformer. Die Nachbesserung hat stattgefunden; trotzdem ist es immer noch so: Wenn ich mit dem gleichen Auto auf einer deutschen Autobahn fahre wie vielleicht ein deutscher Kollege, dann bekommt er die Maut zurück und ich nicht. Damit ist es das, was ich schon gesagt habe, nicht EU-rechtskonform.
    Zweifelhafte Entscheidung
    Simon: Aber dieses deutsche Modell, besser für die Umwelt, das hat ja nun nach den Nachbesserungen den Segen der europäischen Kommission auch bekommen. Müssten Sie wenn überhaupt nicht gegen den Nachbarn Deutschland, sondern gegen die europäische Kommission vorgehen?
    Schmidt: Na ja, da haben Sie völlig Recht. Wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist, ist irgendwie noch im Nebel verschollen. Deswegen haben wir angefordert, dass die Frau Verkehrskommissarin Bulc in der Plenarsitzung in Straßburg zu uns ins Plenum kommt und uns Rede und Antwort steht, auch genau zu dieser Vorgangsweise und wieso es jetzt auf einmal EU-rechtskonform sein soll, und in der nächsten Straßburg-Session im Februar wird sie tatsächlich kommen und uns die Fragen, soweit es ihr möglich ist, beantworten. Ich persönlich würde mir dann auch noch wünschen, dass der Verkehrsminister Dobrindt vielleicht auch zu uns dazu stößt und uns "dummen" Europaabgeordneten erklärt, warum er Recht hat und warum sein Mautkonzept EU-rechtskonform sein soll und was wir daran jetzt nicht verstehen.
    Simon: Wenn der Ihnen das gut erklärt und vielleicht die Verkehrskommissarin Bulc auch, werden Sie dann zufrieden sein? Wird Ihnen das dann reichen, Frau Schmidt?
    Schmidt: Wenn wir darauf kommen, dass es keine Diskriminierung von anderen Europäern oder Nichteuropäern gibt, dann gibt es ja auch keinen Grund zu mosern oder zu meckern. Ich glaube allerdings nicht bei den Fakten, die jetzt am Tisch liegen, dass uns irgendwer erklären kann, dass das EU-rechtskonform ist.
    Nachbarstaaten von Deutschland könnten sich der Klage anschließen
    Simon: Und was passiert dann?
    Schmidt: Dann wird auf jeden Fall die österreichische Bundesregierung den Weg gehen einer Klage und es ist nicht auszuschließen, dass nicht andere Nachbarstaaten von Deutschland sich dieser Klage anschließen.
    Simon: Claudia Schmidt war das, Europaabgeordnete der Österreichischen Volkspartei und Verkehrsexpertin ihrer Partei. Frau Schmidt, vielen Dank.
    Schmidt: Herzlichen Dank Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.