Donnerstag, 18. April 2024


Oktober 2012: natürlich künstlich

Eine Kooperation mit dem Zusatzstoffmuseum? Heißt es bei »lyrix« nicht eigentlich, "Poesie trifft Kunst"? Was haben Zusatzstoffe denn mit Kunst zu tun, fragt ihr euch vielleicht? Zusatzstoffe stecken doch vor allem in Lebensmitteln … wir kennen sie und ihre E-Nummern von vielen Verpackungen. Aber auch in der Kunst spielen Zusatzstoffe eine Rolle …

01.10.2012
    Das Echte Karmin (E 120) zum Beispiel – mit diesem natürlichen Farbstoff wurden schon unzählige Kunstwerke gemalt. Der Zusatzstoff, der im Karminrot steckt, wird aus den getrockneten und zermahlenen Körpern weiblicher Scharlachschildläuse gewonnen. Bereits die Azteken verwendeten diesen Farbstoff zum Malen und Färben. Auch in Lebensmitteln kommt E 120 zum Einsatz: Die typisch rote Färbung verschiedener Liköre und vieler Lippenstifte stammte ursprünglich vom echten Karminrot. Heute wird der Farbstoff zwar oft durch synthetisch hergestellte andere Farbstoffe ersetzt, aber oft kommt auch noch das natürliche, echte Karmin in Lebensmitteln vor.

    Die Farbe Rot ist ein unverzichtbarer Bestandteil farbenfroher Gemälde und Karmin war seit jeher ein wichtiges Farbpigment in der Malerei. Interessant ist, dass dieses Pigment nicht farbecht war. Im Gemälde "Waves breaking against the Wind" von Joseph Mallord William Turner sieht man deutlich, dass die einst roten Strahlen der untergehenden Sonne zu einem Grau verblichen sind. Dem Maler war diese Eigenschaft der Farbe bekannt, trotzdem wollte er auf den Einsatz des leuchtenden Rots nicht verzichten. Turners Kunstwerke hatten durch die Zusatzstoffe nur kurzfristig Bestand, ihre Natur änderte sich mit den Jahren.

    Das verblassende Abendrot in Turners Gemälde könnt ihr zum Beispiel hiersehen.

    Zusatzstoffe stecken aber nicht nur im Rot, sondern auch in vielen anderen Farben, in Fotofilmen oder Skulpturen. Sie durchdringen alle Bereiche unseres Lebens: Heute sind die Zusatzstoffe meist ein künstliches Produkt, auch wenn sie früher auf natürlichem Weg gewonnen wurden. Ist Kunst also immer künstlich? Hier streiten sich Künstler und Philosophen gleichermaßen. Etwas von Menschen Geschaffenes kann gar nicht natürlich sein, sagen die einen. Aber kann Natur nicht trotzdem Kunst sein? Ist ein Foto einer Landschaft nun Natur? Oder Kunst?

    Künstlich? Natürlich? Und liegt Kunst nicht letztlich immer im Auge des Betrachters?

    Johann Wolfgang von Goethe interessierte sich seit jeher für die Natur im Verhältnis zur Kunst und brachte das in seinem Gedicht "Natur und Kunst" zum Ausdruck.

    Dichtet auch ihr über Künstliches und Kunst, über das Spannungsfeld zwischen Kunst und Natur und schickt uns eure Gedichte! Wenn ihr mögt, dann schreibt auch über Zusatzstoffe, die im Verborgenen unseren Alltag durchdringen oder über die Scharlachschildlaus, die im Farbstoff eine neue Bestimmung in den Werken großer Meister fand …

    Wir freuen uns auf eure Gedichte zum Thema "natürlich künstlich"!
    Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2012!

    Hier findet ihr die lyrix-Regeln zum Nachlesen.
    Für den Versand eures Gedichts findet ihr hier eineE-Mail Vorlage.



    Natur und Kunst
    von Johann Wolfgang von Goethe

    Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen,
    Und haben sich, eh' man es denkt, gefunden;
    Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
    Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.
    Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!
    Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden;
    Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,
    Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.
    So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:
    Vergebens werden ungebundne Geister
    Nach der Vollendung reiner Höhe streben.
    Wer Großes will, muß sich zusammenraffen:
    In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
    Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.



    Deutsches Zusatzstoffmuseum
    Das deutsche Zusatzstoffmuseum ist das einzige Museum Deutschlands, das sich als Themenschwerpunkt mit Zusatzstoffen befasst. Seine Zielsetzung ist es, die Herstellung der Lebensmittel unter dem Aspekt der Zusatzstoffe gestern, heute und morgen zu beleuchten. Das Museum erklärt in seiner Ausstellung, warum Zusätze wie Aromastoffe, Enzyme, Farbstoffe und Geschmacksverstärker in Lebensmitteln zum Einsatz kommen. Es zeigt, wo nicht deklarierte Zusätze enthalten sein können, wie sie manchmal verschleiert werden und welche Möglichkeiten bestehen, auf derartige Zusätze zu verzichten.


    Die Unterrichtsmaterialien für den Deutschunterricht stehen hier zum kostenlosen Download zur Verfügung:

    Unterrichtsmaterialien lyrix Oktober 2012
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Echtes Karmin E 120 wird aus gemahlenen Schildläusen gewonnen. (Deutsches Zusatzstoffmuseum)