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Olympia 2018
Norwegens Gold-"Geheimnis"

Nur 5,2 Millionen Menschen leben in Norwegen. Trotzdem sind die Norweger eine der besten Nationen im Wintersport. Die Gründe dafür liegen in den 1980er Jahren und den reichen Öl- und Gasvorkommen in der Nordsee. Doch den Erfolg begleitet auch Argwohn.

Von Carsten Schmiester | 24.02.2018
    Das norwegische Team feiert seine Medaille bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang.
    Das norwegische Team feiert seine Medaille bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang. (imago sportfotodienst)
    Man muss kein Norwegisch können, um das zu verstehen: Langlaufstar Johannes Klæbo holt Gold im Sprint, der Reporter verliert fast alle Zurückhaltung und zu Hause jubeln die Menschen. Etwas mehr als fünf Millionen davon gibt es in Norwegen und alle sind im Moment im Medaillenfieber; superstolz auf ihr Team, das ein kleines Land ganz groß macht.
    "Norwegen ist eine Wintersportnation und es bedeutet viel für die norwegische Identität, da so richtig gut zu sein", sagt Lars Tore Ronglan, Rektor der Sporthochschule in Oslo. Also einer, der das norwegische Gold-Geheimnis kennen sollte, oder?
    Langlaufstar Johannes Klæbo freut sich über seine Medaillen bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang.
    Langlaufstar Johannes Klæbo freut sich über seine Medaillen bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang. (imago sportfotodienst)
    "Ich glaube nicht, dass es da ein besonderes Geheimnis gibt. Norwegen ist seit Jahren gut im Leistungssport, vor allem natürlich im Wintersport und was gerade in Pyeongchang passiert, ist besser denn je. Ich denke, das liegt an der engen Verbindung zwischen Breiten- und Leistungssport und an dessen guter Organisation."
    "Olympiatoppen" heißt das Zauberwort und steht für ein Konzept, mit dem die norwegische Sportförderung nach 1988, nach den verpatzten Winterspielen von Calgary, mit nur drei Mal Silber und zwei Mal Bronze, ganz neu organisiert wurde.
    Norwegen ist ein sehr reiches Land
    "Das System ist breit aufgestellt ohne eine besonders intensive Talentfindung. Aber es gibt viele starke Vereine und das große Sportinteresse sorgt dafür, dass Kinder sich von früh an entwickeln können", erklärt Ronglan. Aber klar, so ganz ohne Geld geht es nicht, auch nicht in Norwegen.
    Aber das ist ein sehr reiches Land, dank der Öl- und Gasvorkommen in der Nordsee. Ein Teil der Gewinne wird eben auch in den Sport gesteckt: "Die staatliche Basisfinanzierung ist gut, dazu die Infrastruktur oder die Forschung, wir haben also eine gute kompetenzbasierte Grundlage."
    Die Biathleten Ondrej Moravec, der Norweger Johannes Thingnes Boe und Anton Babikov bei den Olympischen Spielen in Südkorea.
    Die Biathleten Ondrej Moravec, der Norweger Johannes Thingnes Boe und Anton Babikov bei den Olympischen Spielen in Südkorea. (imago sportfotodienst)
    Und wenn erst einmal Geld da ist, dann kommt ja meistens noch mehr dazu. Das ist auch hier so, sagt Ronglan: "Das Interesse vor allem am Wintersport ist groß und zieht private Sponsoren an. Gerade die großen Verbände haben deshalb eine sehr gute finanzielle Situation, das stimmt."
    Es stimmt aber auch, dass die norwegischen Wintersportler ihre Medaillen mit Medikamenten gewinnen, mit bestimmten Asthmamitteln. Besonders beliebt bei den Langläufern, weil die dann besser Luft bekommen.
    6.000 Dosen Asthmamittel für 120 Athleten
    NRK, der öffentliche Rundfunk in Norwegen, berichtet, dass das Olympiateam bei nur etwa 120 Athleten 6.000 Einzeldosen dieser Mittel im Gepäck hat, sie angeblich aber nur innerhalb der seit 2012 festgelegten Höchstgrenzen einsetzt. Die Teamärztin hat diese Praxis, die von einigen zumindest in die Nähe des legalen Dopings gerückt wird, verteidigt.
    Man habe sich nur an den Erfahrungen vergangener Wettkämpfe orientiert. Womöglich ja an der vergangenen Nordischen Ski-Weltmeisterschaft. Angeblich hatten norwegische Sportmediziner da allen Athleten, also auch den kerngesunden, die Einnahme dieser Bonchien-Erweiterer empfohlen.
    Das norwegische Biathlon-Team jubelt über den Erfolg bei den Olympischen Spielen in Südkorea.
    Das norwegische Biathlon-Team jubelt über den Erfolg bei den Olympischen Spielen in Südkorea. (imago sportfotodienst)
    Und auch da natürlich nur in der ohne Sondergenehmigung zulässigen Tageshöchstdosis. Für eine andere Zutat des norwegischen Erfolgsrezeptes gibt es dagegen keine Obergrenze.
    Wir reden über den richtigen "spirit", den Mannschaftsgeist, den Zusammenhalt der Sportler, unter denen es keine Einzelgänger oder Stars gebe, meint Sportforscher Ronglan: "Das Modell der nationalen Teams ist hochentwickelt, soll heißen: Alle Topathleten trainieren zusammen in nationalen Mannschaften, wo sie auch Wissen austauschen und eine starke Leistungskultur aufbauen."
    250 Tage im Jahr leben und trainieren sie dann gemeinsam und machen auch mal einfach nur Blödsinn. So wie in diesem vom Sender NRK produzierten Video, das sie vor dem Goldrausch von Pyeongchang gedreht haben, aber auch da schon sehr selbstbewusst.
    Eine ziemlich witzige Parodie des koreanischen Hits "Gangnam Style". Textauszug? "Wir siegen nicht einfach so", singt jemand, "sondern auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Und wenn wir gewinnen, geht der Spaß erst richtig los..."