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Olympia
DOSB könnte wegen Kartellverstößen sein Startrecht verlieren

Das Bundeskartellamt prüft, ob der Deutsche Olympische Sportbund bei der Umsetzung der IOC-Anti-Werberegel seine Marktmacht missbraucht. Sportjurist Paul Lambertz schätzt das im DLF so ein: "Das Bundeskartellamt könnte die Anwendung der Regel in Deutschland verbieten."

Paul Lambertz im Gespräch mit Jessica Sturmberg | 28.10.2017
    A view of the Olympic rings overlooking the Beach Volley Arena in Rio de Janeiro during the women's beach volleyball qualifying match between Brazil and the Czech Republic on August 6, 2016, for the Rio 2016 Olympic Games. / AFP PHOTO / Leon NEAL
    Erlaubte Werbung - die Olympischen Ringe über der Beachvolleyball-Arena in Rio 2016 (AFP)
    Es geht um die Frage, inwieweit deutsche Athleten während der Olympischen Spiele mit ihren eigenen Sponsoren auftreten dürfen. Die Regel 40 der IOC-Charta schließt solche Werbung aus. Über Ausnahmen auf nationaler Ebene entscheidet der DOSB. Das Bundeskartellamt prüft, ob diese Regel zu restriktiv angewendet wird.
    Angestrengt hat das Verfahren der Bundesverband der Deutschen Sportartikelindustrie im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Rio. Der Vorwurf: Marktmissbrauch.
    Zwangssituation für Athleten
    "Der Marktmissbrauch liegt dann vor, wenn ich aufgrund meiner Marktposition eine Regel durchsetze, die es in einer normalen Wettbewerbssituation nicht geben würde. Und hier ist der Fall genau so", erklärt Paul Lambertz, "Der DOSB sagt: 'Lieber Athlet, du musst dich der Regel 40 unterwerfen, sonst kommst du nicht zu den Olympischen Spielen. Und in dem Moment habe ich eine Zwangssituation, und wenn ich die ausnutze habe ich einen Missbrauch."
    Sportjurist Paul Lambertz in seinem Büro
    Sportjurist Paul Lambertz in seinem Büro (dlf / sturmberg)
    Für diesen Vorwurf gebe es gute Argumente, erklärt Lambertz, weil die Olympischen Spiele für viele Athleten das Hauptevent in ihrer Karriere seien.
    Es gebe nun zwei Möglichkeiten, wie das Verfahren weitergehen könne, wenn ein Kartellrechtsbruch nachgewiesen würde, erklärt Lambertz: "Entweder gibt es eine sogenannte Abstellungsverfügung. Das wäre aber aus Sicht des DOSB eine ziemlich schlechte Variante des Ausgangs, weil damit wäre festgestellt, dass diese Regel kartellrechtswidrig ist. Damit müsste jemand, der durch das Kartell geschädigt wurde, nur noch einen Schaden nachweisen. Viel wahrscheinlicher ist, dass der DOSB sich mit einer Verpflichtungszusage einer solchen Verfügung entzieht. Indem er beispielsweise sagt, wir wenden die Regel nicht mehr an, oder wir modifizieren sie."
    IOC nur mittelbar betroffen
    Das Internationale Olympische Komitee werde erst einmal nicht durch das Verfahren belangt, erklärt Lambertz. "Was aber sehr wohl sein kann, ist Folgendes: Das Bundeskartellamt kommt zu dem Schluss, dass die Regel kartellrechtswidrig ist, und verbietet die Anwendung in Deutschland. Damit wäre der DOSB nicht mehr IOC-konform und würde das Recht verlieren, bei Olympischen Spielen zu starten. Entweder modifiziert das IOC dann die Regel 40, so dass die Deutschen wieder starten dürfen. Oder aber es belässt die Regel. Dann möglicherweise mit der Konsequenz, dass Deutschland bei Olympischen Spielen nicht mehr starten könnte."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.