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Olympia
Russlands Politik schränkt Sponsoring ein

Das Sponsoring der fünf Ringe gilt als eines der Top-Rechte im internationalen Marketing. Aber Korruption, menschenunwürdige Bedingungen auf den Olympiabaustellen und das Anti-Homosexuellengesetz lassen die Unternehmen auf die Werbebremse treten.

Von Heinz-Peter Kreuzer | 09.02.2014
    Menschenrechtsorganisationen haben in den vergangenen Wochen vor allem die großen IOC-Sponsoren aufgefordert, gegen die Missstände in Russland zu protestieren. Die Konzerne sollen sich zu dem Gesetz gegen Homosexuellen-Propaganda und andere Menschenrechtsverletzungen positionieren. Der Wirtschaftsprofessor und Marketing-Experte David Soberman von der Universität Toronto sagt: “Wenn diese Unternehmen während Olympia einen Spot zu diesen Themen schalten und so für Toleranz werben würden, hätte das einen großen Einfluss.“
    Aber die Konzerne schweigen und ändern je nach gesellschaftlicher Lage nur ihre Strategie. In Russland schalten sie Werbung, in den meisten anderen Ländern nicht. Markus Lichti, Sponsoringexperte beim Beratungsunternehmen Repucom, erläutert die Situation in Deutschland. Hier gibt es fast keine Kampagnen, die sich direkt auf Olympia beziehen."
    Ja, es ist deutlich anders, wenn wir uns mal die Werbeleistungen im Vorfeld anschauen. Die Sponsoren halten sich doch zurück. Und es ist spürbar, und es ist sichtbar, und es räumt der politischen Diskussion automatisch auch größeren Raum ein.“
    Der Grund liegt für Lichti auf der Hand. Deutschland hat im Vergleich zu anderen Ländern eine kritische Bevölkerung: “Unsere Befragungen in der deutschen Bevölkerung geben uns diesen Hinweis, dass man eben kritischer gegenüber diesen Winterspielen ist, dass man mit Themen, die im politischen Kontext stehen, die im Umweltschutz-Kontext stehen, im gesellschaftlichen Kontext stehen, sehr kritisch umgeht und das Ergebnis ist dann auch für nationale und internationale Sponsoren, die auf den deutschen Markt schielen, Zurückhaltung. Diese Reaktion ist aber kein politisches Statement dieser Unternehmen. Die Zurückhaltung hat eher einen opportunistischen Grund. “Nein, es ist einfach die Vermeidung von unnötigen Risiken, und es gibt auch andere Beispiele.“
    In Deutschland hat die Deutsche Bahn die Gold-Card-Kampagne gestartet. Diese hat nur etwas mit dem deutschen Team zu tun, aber nichts mit Sotchi und Russland. “Also besonders die Kampagne der Bahn, die Gold-Kampagne, das bei Gewinn von Goldmedaillen deutscher Sportler die Bahnkunden profitieren, das ist ja die Fortführung einer schon bekannten und erfolgreichen Kampagne der Bahn und die lässt sich auch dadurch, dass sie in Deutschland stattfindet und das wir auch Sotchi alle wünschen, dass es Goldmedaillen für deutsche Sportler gibt, die ja auch hier erfolgreich sein wird und relativ unbelastet stattfinden kann.“
    Auf internationaler Ebene führt der IOC-Sponsor Procter & Gamble seine Kampagne “Thank you Mum“ von den Sommerspielen 2012 weiter. Verdrängung statt Aufklärung: Weder IOC-Sponsoren noch deutsche Olympiaförderer beziehen eindeutig Stellung. Es gibt aber auch andere Beispiele in Sachen Transparenz. Die schwedische Großbank Nordea, eine der Hauptsponsoren des Nationalen Olympische Komitees, hat versucht, eine Debatte über “Menschenrechtsfragen in Russland“ in Gang zu bringen. Denn Nordea-Sponsoring-Chef Tomas Björklund befürchtet, dass die Bank durch ihr olympisches Engagement in ein falsches Licht gerückt werden könnte. Ziel der Debatte ist, dass das IOC bei Entscheidungen über die Ausrichtung künftiger Olympischer Spiele den Aspekt der Menschenrechte stärker berücksichtigt. Und der US-Sponsor AT&T hat in seinem Unternehmensblog das russische Gesetz gegen Homosexuellen-Propaganda kritisiert und andere Sponsoren zur Solidarität mit der Homosexuellen-Community aufgefordert.