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Olympische Spiele 2018
Nigerias Bobfrauen schreiben Geschichte

Bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang wird zum ersten Mal eine afrikanische Bobmannschaft durch den Eiskanal rasen. Dem nigerianischen Team geht es dabei nicht nur um den Sport, sie wollen den Menschen in ihrem Land auch Mut machen.

Von Stefan Ehlert | 02.01.2018
    Nigerias Bob-Frauen Ngozi Onwumere, Seun Adigun und Akuoma Omeoga.
    Nigerias Bob-Frauen Ngozi Onwumere, Seun Adigun und Akuoma Omeoga. (imago )
    Seun Adigun ist eine versierte Hürdensprinterin, Olympiateilnehmerin 2012. Als sie ihre Laufschuhe an den Nagel hängte, so erzählt sie in Interviews, brachten Kolleginnen sie auf die Idee umzusatteln, auf den Bobsport. Ihr erstes Trainingsgerät baute sie sich selbst, aus Holz, sie nannte es Mayflower.
    Mit dem Holzschlitten machte Seun Adigun sich fit für das US-Bobteam. Sie lebt in Houston, Texas, ist 1987 in den USA geboren, doch ihre Eltern stammen aus Nigeria. Gemeinsam mit zwei weiteren nigerianischen Leichtathletinnen hob sie dann eine eigene Nationalmannschaft aus der Taufe. Drei durchtrainierte, temperamentvolle und energiegeladene Frauen, gern gesehene Gäste so mancher Talkshow. Seun ist die Pilotin, dazu eine Bremserin und eine Ersatzfrau. Ihr Ziel: Eine Medaille in Südkorea. Nicht nur sportlich, auch mental, sagt Seun, sei die Qualifikation ein weiter Weg gewesen:
    "Wir kommen von einem Kontinent, wo niemand auf die Idee käme, mit 80 oder 90 Meilen pro Stunde einen Eiskanal runterzurasen."
    Tatsächlich trafen Nigerias Bobfrauen in Nigeria selbst anfänglich auf ein gewisses Unverständnis – auch bei versierten Sportmoderatoren wie in Channel TV.
    Was haben wir mit Winter zu tun? Seun Adigun und ihrem Team ist bewusst, dass sie die ersten Nigerianerinnen bei olympischen Winterspielen sind, und die ersten Vertreter Afrikas im olympischen Eiskanal. Wobei Seun einmal gegenüber der BBC andeutete, dass sie noch immer kaum fassen könne, was sich da zumute.
    Nervenstärke und geballte Schubkraft
    Als Sprinterinnen, sagt Seun, hätten sie gute Voraussetzungen: Geballte Schubkraft beim Start, Konzentration auf die wichtigen Sekunden, Nervenstärke, wenn der mehr als 300 Kilo schwere Schlitten mit 130 kmh durch die Röhre saust. Dabei gehe es um mehr als den Sport, sagt Bremserin Ngozi Omwumere, es gehe auch darum, Menschen in Nigeria Mut zu machen:
    "Wir sind starke Leute, wir können alles erreichen, was wir uns vornehmen, es geht immer um das größere Bild und darum, Nigeria gut dastehen zu lassen."
    Putting Nigeria on the map, sagt Ngozi wörtlich. Den Film Cool Runnings kennen Afrikas Bobpionierinnen natürlich, die unglaubliche, aber wahre Geschichte von vier Jamaikanern, die es vor 30 Jahren in Kanada zum ersten Mal bis zum Start bei olympischen Winterspielen brachten.
    Es sei ihr eine Ehre, sagt Pilotin Seun, mit etwas so Großem verglichen zu werden. Am Drehbuch ihres Lebens schreibt sie im Februar weiter - im Eiskanal von Pyeongchang.