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Olympische Spiele
Schützenhilfe für Oslo

Das IOC hat die Host City Verträge geändert. In der Vergangenheit haben die als "Knebelverträge" bezeichneten Vertragswerke vor allem in der Bevölkerung der Bewerberländer für viel Unruhe gesorgt. Daraus habe das IOC gelernt, sind sich Experten einig.

Von Heinz-Peter Kreuzer | 28.09.2014
    Das Osloer Bewerbungskomitee für die Winterspiele 2022 hat die Host City Verträge öffentlich gemacht. Denn im Gegensatz zu den Konkurrenten Peking und Almaty müssen die Norweger sich einer kritischen Öffentlichkeit stellen. Ed Hula, Gründer und Chefredakteur des Olympia-Branchendienstes Around The Rings sieht in den Änderungen eine Schützenhilfe für die Skandinavier. "Oslo ist die einzige der drei Bewerberstädte, von der wir wissen, dass sie Schwierigkeiten mit dem Host City Contract hat. Für Almaty und Peking ist dieser Vertrag kein Problem."
    Die Vertragsänderungen sind aber auch ein PR-Erfolg für das IOC. Nach der heftigen internationalen Kritik habe die olympische Bewegung die Zeichen der Zeit erkannt, ist der Münchner Sportrechtsexperte Gregor Lentze überzeugt: "Man hat sich durchaus die Kritik zu Herzen genommen, man kann ja nicht die verschiedenen Voten in München und anderen Städten ignorieren und sagen, die verstehen das nicht, es ist alles wunderbar."
    IOC will peinliche Situation vermeiden
    Ed Hula sieht es ähnlich: "Es ist offensichtlich, dass das IOC sicherstellen will, dass sich jede Stadt um Olympische Spiele bewerben kann. Es ist besorgt, dass noch ein Bewerber aus dem Rennen um die Winterspiele 2022 aussteigt. Mehrere Städte haben sich schon zurückgezogen und das IOC will die Situation vermeiden, dass sich nur zwei Städte bewerben."
    Rechtsanwalt Lentze hat für viele große Sportorganisationen und bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 auch für WM-Städte Verträge dieser Art betreut. Als wichtigste Änderung sieht Lentze, dass das IOC nicht mehr wie bisher noch nach der Vergabe der Spiele Dinge verändern kann, und der Gastgeber muss die Zeche zahlen. "Das hat man angepasst. Das man gesagt hat, ja die Anforderungen können sich ändern zu einem späteren Zeitpunkt. Sollte das dazu führen, dass damit negative finanzielle Auswirkungen verbunden sind für den lokalen Veranstalter, muss man sich darüber einigen."
    Für die Kommunikation nach außen gibt es mehrere Veränderungen. Zum einen wird die Nachhaltigkeit jetzt schon im Host City Vertrag klar geregelt. Zum anderen werden die Zuwendungen des IOC und die möglichen Einnahmequellen des Organisationskomitees erstmals klar definiert. Auch bei den Steuern werden die Ausrichter entlastet. Zwar bleibt die Steuerbefreiung für das IOC im Ausrichterland bestehen, aber weitere Garantien sind jetzt aufgehoben worden.
    "Was man hier gemacht hat ist das Steuerrisiko, was sich in der älteren Version nicht nur auf Steuern des Ausrichterlandes, des Host Country wie es genannt wird, bezogen haben, sondern auf weltweite Steuern insbesondere auch in der Schweiz. Und dies hat man nun reduziert auf Steuern des Ausrichterlandes."
    Reaktion auf Spiele in Sotschi
    Als Reaktion auf die internationalen Proteste gegen die Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung in Russland vor den Winterspielen in Sotschi wird der Artikel sechs der Olympischen Charta in den Host City Contract aufgenommen. Der verbietet jegliche Diskriminierung. Nach Aussage von Gregor Lentze mussten sich die Organisationkomitees bei der Durchführung der Spiele auch in der Vergangenheit an der Olympischen Charta orientieren. Die Neuerung hat für ihn eher Symbolwert. "Rechtlich würde ich sagen, ist es gleichbedeutend mit dem, was auch bisher in den Verträgen war, aber eben jetzt als exquisite Verpflichtung."
    Für den Olympiaexperten Ed Hula sind diese Veränderungen nur ein erster Schritt. Potentielle Kandidatenstädte für künftige Olympische Spiele würden auf die Reform-Session im Dezember in Monaco warten. Weitere Neuerungen seien die große Chance für das IOC, ein Statement für neue Spiele abzugeben.