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Was vom Erbe übrig bleibt

Vor mehr als zehn Jahren wurden die Steuerfreibeträge für die Erbschaftssteuer erhöht. Seither kann mehr Vermögen an Ehepartner und Kinder übertragen werden, ohne dass sie Steuern bezahlen müssen. Dennoch verdient der Fiskus gut mit an Erbschaften.

Von Mischa Ehrhardt | 16.08.2019
Die Erbschaftssteuer soll nach dem Willen der Steuergewerkschaft neu ausgearbeitet werden
Der Fiskus hat höhere Einnahmen aus der Erbschaftssteuer (imago/Christian Ohde)
Der Staat kann sich freuen. Denn im vergangenen Jahr sind die Einnahmen aus der Erbschafts- und Schenkungssteuer um gut sechs Prozent auf 6,7 Milliarden Euro gestiegen. Damit haben diese Steuern auf hinterlassenes oder verschenktes Vermögen fast wieder den Höchststand aus dem Jahr 2016 erreicht. Unter anderem die gestiegenen Immobilienpreise dürften dabei eine Rolle spielen.
"Das kennen wir, wenn wir ein Haus kaufen, genau wie bei der Übertragung oder beim Vererben oder Verschenken eines Grundstücks, es wird der Grundstückswert zugrunde gelegt und wenn dieser höher ist, so steigt eben auch die Steuer", sagt die Steuerrechtsexpertin beim Bund der Steuerzahler, Isabel Klocke. Auffallend ist, dass das steuerlich berücksichtigte Vermögen insgesamt zurückgegangen ist. Die Statistiker aus Wiesbaden führen das darauf zurück, dass Steuererleichterungen oder Verschonungen bei der Übertragung von Betriebsvermögen 2016 beschränkt worden sind. Da nämlich trat eine Erbschaftssteuerreform in Kraft. Erbschaften und Verschenkungen von Betriebsvermögen sind seitdem rückläufig.
Grundsätzlich gibt es für jeden, der Vermögen erbt oder geschenkt bekommt, Freibeträge, bis zu deren Höhe nicht besteuert wird. Constance Trilsch, Vizepräsidentin des Deutschen Forums für Erbrecht: "Wie hoch die Freibeträge sind, das hängt davon ab, wie eng man mit dem Erblasser verwandt ist oder ob es dort eine Ehe gab. Und erst, wenn das darüber hinausgeht, je nach Steuerklasse und je nach Höhe der Überschreitung des Freibetrages, wird dann eine Steuer fällig."
Freibeträge variieren mit Grad der Verwandtschaft
Bei Kindern beispielsweise, die Vermögen von ihren Eltern erben, liegt dieser Freibetrag bei 400.000 Euro. Die Schwankungen jedenfalls, die von Jahr zu Jahr bei der Höhe der Einnahmen aus Schenkungs- und Erbschaftssteuer auftreten, haben verschiedene Faktoren.
"Das kann zum einen daran liegen, dass die Grundstückswerte steigen, aber natürlich auch, dass die Masse des vererbten Vermögens steigt. Das hängt ein bisschen von der Konjunktur ab; natürlich auch von Babyboomern, die irgendwann in Rente gehen, und auch von rechtlichen Aspekten. Also etwa, wenn eine Reform ansteht, das haben wir kürzlich gesehen, auch das kann zu bestimmten statistischen Effekten führen, zum Beispiel, weil die Unternehmen dann eben noch, bevor das neue Gesetz in Kraft tritt, das Unternehmen an Kinder oder Nachfolger übertragen", sagt Isabel Klocke.
Jährlich, so schätzen Experten, werden in Deutschland 250 bis 300 Milliarden Euro an Vermögen verschenkt oder vererbt. Die meisten dieser Vermögensübergänge allerdings tauchen nicht in der Statistik auf, weil sie unter den steuerlichen Freibeträgen liegen. Schenkungen zu Lebzeiten übrigens können sich aus Sicht der Erben durchaus lohnen. Denn alle zehn Jahre erneuert sich der steuerliche Freibetrag.
Nur wenige zahlen Erbschaftssteuer
Betroffen von der Erbschafts- oder Schenkungssteuer schließlich ist nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Bevölkerung. Denn die reichsten zehn Prozent der Haushalte verfügen über knapp zwei Drittel des gesamten Volksvermögens. Nach Berechnungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung in Berlin verfügen die reichsten 0,1 Prozent über 17 Prozent des Vermögens in Deutschland. Damit haben diese 41.000 Haushalte durchschnittlich rund 40 Millionen Euro auf der hohen Kante, die sie verschenken oder vererben könnten. Die Experten des DIW fordern deswegen, überzogene Privilegien für Wohlhabende bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen zu reduzieren.