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Ombudsmann der Versicherungswirtschaft
Gründlicher und unabhängiger Streitschlichter

Für Verbraucher ist die Arbeit des Ombudsmannes für Versicherungen eine Art Joker im Konflikt mit der Kfz-Versicherung: Er kostet für die Versicherungsnehmer nichts und hilft beim Juristendeutsch. Von den eingereichten Beschwerden haben über 40 Prozent Erfolg.

Von Daniela Siebert | 24.11.2016
    Ein Polizist nimmt am 29.01.2014 einen Verkehrsunfall an dem ein Ford Focus, ein VW Golf 3 und ein Mercedes Transporter Viano beteiligt sind in Leipzig (Sachsen) auf. Foto: Jan Woitas | Verwendung weltweit
    Im Versicherungsfall wird immer wieder versucht, Leistungen vom Versicherungsnehmer zurückzufordern. (picture alliance / dpa)
    Seit 2008 ist Professor Günter Hirsch der Ombudsmann für Versicherungen. Und der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofes kann eine durchaus verbraucherfreundliche Bilanz seiner Arbeit ziehen.
    "Die Erfolgsquote ist über 40 Prozent. Erfolgsquote ist immer dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer besser aus der Beschwerde herausgeht wie er reingekommen ist. Das heißt nicht unbedingt, dass er in vollem Umfang Recht bekommt."
    Rund 13 Prozent der Fälle, die er und sein Stab zur Beurteilung vorgelegt bekommen, drehen sich um Kfz-Versicherungen. Zuletzt hätten sie auffallend viele Fälle gehabt, in denen die Versicherungsnehmer mit einer Neubewertung in ihrer Regionalklasse nicht einverstanden waren, berichtet Günter Hirsch.
    "Jetzt gehen immer mehr Versicherer dazu über, nicht nur, wenn jemand in eine neue Regionalklasse wechselt, die Prämien zu verändern, sondern auch dann schon, wenn er innerhalb einer Region an einen anderen Wohnort umzieht. Also möglicherweise die gleiche Postleitzahl behält, möglicherweise sogar in der gleichen Straße bleibt und nur ein paar Häuser weiter zieht."
    Vertrag überhaupt zustande gekommen?
    Hier hätte er die Versicherungen zugunsten der Beschwerdeführer von dieser Feinregulierung abbringen können, weil sie zu intransparent sei, so der Jurist.
    Ein anderes Fallbeispiel führt der Ombudsmann an, weil es ebenfalls typisch sei für seine Arbeit. Der Fall: Eine Frau beschädigt mit ihrem Fahrzeug an einer Tankstelle den Außenspiegel eines anderen Autos. Sie fährt jedoch weiter, ohne sich darum zu kümmern. Durch Videoaufnahmen und Zeugen wird sie schnell ausfindig gemacht. Ihre Versicherung ersetzt den Schaden an dem Außenspiegel, will die Frau aber in Regress nehmen, weil sie Fahrerflucht begangen hat. Die sieht das nicht ein und schaltet den Ombudsmann ein.
    "Sie gewann bei mir, denn auch wenn die Frau geblieben wäre, hätte der Versicherer nicht mehr leisten müssen, es wäre genau das Gleiche gewesen. Er hätte keinen Regress nehmen dürfen, sondern er musste ganz normal leisten."
    Sehr oft gehe es auch um die Frage, ob ein Vertrag überhaupt zustande gekommen ist, oder ob der Versicherer regulieren muss und in welcher Höhe so Hirsch.
    Für Verbraucher ist die Arbeit des Ombudsmannes eine Art Joker im Konflikt mit der Kfz-Versicherung: Er kostet für die Versicherungsnehmer nichts, sie müssen auch kein Juristendeutsch beherrschen, oder gar einen Rechtsanwalt einschalten, um seine Expertise nutzen zu können.
    "Man findet mich im Internet, auf der Webseite. Da ist dann auch eine kurze Erläuterung, was ich mache, wofür ich zuständig bin, da ist auch ein Beschwerdeformular abzurufen, man kann mich aber auch anrufen. Man kann mir einen Mail schicken, mit jedem Kommunikationsmittel kann man sich mit einer Beschwerde an mich wenden."
    Bearbeitungsdauer beträgt durchschnittlich drei Monate
    Auch per Brief oder Fax ist der Ombudsmann erreichbar. Die Internet-Adresse lautet versicherungsombudsmann.de. Auch über seine Telefonnummer 0800 369 6000 können Verbraucher weitere Details erfahren bis hin zur genauen Postanschrift in Berlin.
    Üblicherweise bietet der Ombudsmann als Lösung einen Schlichtungsvorschlag oder er trifft eine Entscheidung, die der Verbraucher annehmen kann, aber nicht muss. Sehr oft ist er aber auch einfach eine Art Dolmetscher, der die komplizierten Inhalte der Versicherungsverträge in normale Sprache übersetzt und verständlich macht.
    "Das ist eine hochkomplexe Materie. Die ist geprägt von Gerichtsentscheidungen. Da können Sie nicht mal alles aus dem Vertrag selbst herauslesen. Das ist juristisch wirklich sehr schwierig und da ist meine permanente wichtige Aufgabe sozusagen, Dolmetscher zu sein in die verbraucherverständliche Sprache hinein."
    Manche Beschwerden erledigten sich schon allein durch seine Erklärungen, sagt Günter Hirsch.
    Für Verbraucherschützer Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband ist die Arbeit des Versicherungs-Ombudsmannes die beste Lösung für solch eine Institution: gründlich und unabhängig.
    "Der Versicherungs-Ombudsmann ist so organisiert, wie wir uns das idealtypisch eigentlich vorstellen: Es ist ein separater Trägerverein, der von dem Anbieterverband selbst getrennt ist. Er bietet den Verbrauchern ein schnelles und effizientes Verfahren, um zu prüfen, ob Ansprüche bestehen oder nicht und das auf eine qualitativ hochwertige Art und Weise."
    Üblicherweise braucht der Ombudsmann bis zu seiner Entscheidung weniger als drei Monate ab Eingang der Beschwerde. Nur in ganz wenigen Fällen kann er nichts ausrichten: Wenn der Antragsteller nicht der Versicherungsnehmer selbst ist, sondern ein Dritter, der zum Beispiel mit dem Schadensersatz einer Versicherung nicht zufrieden ist. Und wenn der Versicherungs-Anbieter nicht Mitglied im Branchen-Verband GDV ist. Das gilt zum Beispiel für den ADAC.