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Ombudsmann für Versicherungen
Gütliche Einigung als Ziel

In der Praxis stellen viele Versicherungen auf stur, wenn sie zahlen sollen. Die Kunden können sich in solchen Fällen aber immerhin an den Ombudsmann für Versicherungen wenden, der solche Streitfälle kostenlos schlichtet. Heute hat die Schlichtungsstelle in Berlin ihren Jahresbericht für 2014 vorgestellt.

Von Benjamin Dierks | 21.05.2015
    Ein Taschenrechner und Münzen liegen auf einem Blatt Papier, auf dem Lebensversicherung steht
    Der Europäische Gerichtshof etwa habe vor allem im Fall von Lebensversicherungen durch mehrere Urteile die Rechtsposition von Versicherten gestärkt. (dpa/picture alliance/Arno Burgi)
    Wenn der Schaden groß ist und die Versicherung nicht wie erwartet zahlt, dann ist das ärgerlich - und oft auch nicht rechtens. In dem Fall hilft Günter Hirsch. In rund 40 Prozent aller von ihm überprüften Fälle habe er Versicherten helfen können, wenn etwa Versicherungen die Schadensübernahme zunächst abgelehnt hätten oder nur zum Teil zahlen wollten, sagt er. Hirsch ist ehemaliger Präsident des Bundesgerichtshofs und der Ombudsmann für Versicherungen. Knapp 13.000 zulässige Beschwerden haben er und seine Mitarbeiter im vergangenen Jahr untersucht. Heute hat die Schlichtungsstelle in Berlin ihren Jahresbericht für 2014 vorgestellt.
    "Das sind so etwa 5.000 Einzelfälle, in denen wir helfen konnten. Bei der Lebensversicherung beschweren sich die Versicherungsnehmer häufiger über Intransparenz, über Verständnisschwierigkeiten. Da ist meine Aufgabe dann mehr, zu erläutern, da kann man dann nicht sprechen von einer Erfolgsquote."
    Der Versicherungsombudsmann wurde von der Versicherungswirtschaft eingerichtet. Hier können Kunden Beschwerde einreichen, wenn sie mit der Entscheidung ihres Versicherers nicht einverstanden sind. Folgt der unabhängige Ombudsmann der Beschwerde, kann er die Unternehmen bei einer Streitsumme von bis zu 10.000 Euro zur Zahlung verpflichten. Andernfalls kann er den unzufriedenen Versicherungskunden erklären, warum die Entscheidung der Versicherung seiner Ansicht nach rechtens war.
    "Meine Hauptaufgabe ist, zu versuchen, eine gütliche Einigung herbeizuführen, das heißt, die Parteien wieder zu einem vernünftigen geschäftlichen Verhältnis zu bringen."
    Ist der Versicherte mit der Entscheidung des Ombudsmanns nicht einverstanden, kann er immer noch vor Gericht ziehen. Er muss auch nicht fürchten, dass entsprechende Fristen verstreichen. Die werden während des Schlichtungsverfahrens ausgesetzt. Hirsch ermutigt deshalb zum Gang vor die Schlichtungsstelle, allerdings nicht in jedem Fall.
    "Das ist ein schriftliches Verfahren, ich kann keine Beweise erheben. Das heißt, wenn es auf Zeugenaussagen ankommt, ist diese Verfahren ungeeignet."
    Kostenlosen Zugang zu Schlichtungsstellen
    Versicherte profitieren zunehmend von der europäischen und der deutschen Rechtsprechung, sagt Günter Hirsch. Der Europäische Gerichtshof etwa habe vor allem im Fall von Lebensversicherungen durch mehrere Urteile die Rechtsposition von Versicherten gestärkt.
    Und der Ombudsmann für Versicherungen wird Schule machen: Schlichtungsstellen sollen künftig auch in allen anderen Branchen in Deutschland zur Verfügung stehen - egal, ob Kunden mit einem Einkauf oder einer Dienstleistung unzufrieden sind. Bis Anfang Juli muss die Bundesregierung das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz verabschieden. Das verlangt eine EU-Richtlinie. Diese will, dass Verbraucher flächendeckend kostenlos Zugang zu Schlichtungsstellen haben.
    "Bisher musste der Verbraucher die ihn schützenden Vorschriften durchsetzen immer bei Gericht. Aber in Zukunft kann er versuchen, diese außergerichtliche Möglichkeit zu nutzen. Und unsere Schlichtungsstelle mit der Erfolgsquote, die erwähnt wurde, zeigt ja, dass das ein sinnvolles Instrument des Verbraucherschutzes ist."
    Der bisherige Haken aus Sicht von Verbraucherschützern: Für Unternehmen ist die Teilnahme nicht verpflichtend. Ombudsmann Günter Hirsch ist aber überzeugt, Unternehmen schon deswegen mitmachen werden, um im Wettbewerb nicht schlecht dazustehen. Und sonst müsse man nachhelfen.
    "Die Freiwilligkeit war politisch sehr umstritten, wurde aber übernommen, was ich auch als richtig ansehe. Wenn sich allerdings zeigen wird, dass sich wichtige Branchen diesem alternativen Zugang zum Recht verweigern, dann meine ich, sollte der Gesetzgeber überlegen, ob er nicht zumindest für solche Unternehmen, die ihre Kundenbeziehungen durch AGBs regeln, eine Teilnahmepflicht vorsieht."