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Online-Shopping
Bei individualisierten Preisen Transparenz schaffen

Immer mehr Online-Händler arbeiten mit sogenannten individualisierten Preisen - also dem Verbraucher angepassten Preisen. Nutzern von teuren Endgeräten müssen beispielsweise häufig höhere Preise für ein Produkt zahlen als Nutzer von günstigen Geräten, sagte Miika Blinn von der Verbraucherzentrale Bundesverband im DLF. Er fordert Transparenz, welche Daten für die Preissetzung genutzt werden.

Miika Blinn im Gespräch mit Georg Ehring | 01.02.2016
    Eine Frau bedient die Smartphone-App von Amazon.
    Teures Endgerät - höhere Preise? Viele Online-Händler setzen die Preise für Nutzer, die mit hochpreisigen Geräten einkaufen, höher als bei Nutzern mit günstigeren Geräten. (dpa/picture alliance/Sebastian Gollnow)
    Georg Ehring: Es ist später Vormittag und auf dem Wochenmarkt fallen die Preise. Ein Stammkunde bekommt Rabatt, oder wie viel das Auto kostet ist Verhandlungssache. Im echten Leben wird so etwas immer seltener, meist steht der Preis fest und der Kunde kann sich nur für oder gegen das Produkt entscheiden. Im Internet kommen individualisierte Preise wieder. Der Anbieter verlangt unterschiedlich viel von verschiedenen Kunden und es ist schwer, etwas darüber zu erfahren. Wir wollen es trotzdem versuchen. In Berlin bin ich jetzt verbunden mit Miika Blinn vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Guten Tag, Herr Blinn.
    Miika Blinn: Schönen guten Tag.
    Ehring: Herr Blinn, wann muss ich mit solchen individualisierten Preisen rechnen? Wie weit haben sie sich ausgebreitet?
    Blinn: Wir kennen das aktuelle Ausmaß der individuellen Preise noch nicht. Es gibt immer wieder Einzelfälle, die ans Tageslicht kommen. Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen hat gerade festgestellt, dass das zum Beispiel bei Pauschalreisen der Fall sein kann. Da wird dann unterschieden, je nachdem welches Endgerät man benutzt oder welche Webseiten man vorher besucht hat. Da kann sich dann der Preis nach oben oder unten bewegen.
    Unternehmen können unterschiedlichste Indikatoren nutzen
    Ehring: Das heißt, bei einer Pauschalreise kann es sein, dass ich mit einem teuren Computer mehr bezahle, als wenn ich von einem Uraltgerät ins Internet gehe?
    Blinn: Das geht aus der Studie des Sachverständigenrates für Verbraucherfragen hervor. Eine andere Möglichkeit, ein Einzelfall, der bekannt geworden ist, ist, dass Besucher von Kontaktlinsen-Händlern, dass die unterschiedliche Preise bekommen, je nachdem ob sie über eine Suchmaschine kommen, oder ob sie den Händler direkt ansteuern.
    Ehring: Und wann war es billiger? Wissen Sie das auch?
    Blinn: Ja, wenn sie über eine Suchmaschine kommen natürlich, weil dann vorausgesetzt wird, dass der Verbraucher sehr preissensitiv ist, und der bekommt dann günstigere Preise angeboten.
    Ehring: Das richtet sich nach dem Gerät, mit dem ich im Netz bin. Auch nach dem Wohnort unter Umständen?
    Blinn: Die Möglichkeiten bestehen, unterschiedlichste Indikatoren zu nutzen, um die Preise individuell anzupassen. Der Wohnort ist eine Sache, der Computer, die Art des Betriebssystems ist eine Möglichkeit, aber auch natürlich der Ort, an dem Sie sich befinden. Was ja heutzutage schon üblich ist, ist, dass Verbraucher aus unterschiedlichen Ländern, also Staaten, unterschiedliche Preise bekommen können.
    Verbraucher sollten Vergleichs-Webseiten verwenden
    Ehring: Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel hat sich dazu geäußert. Er will solche Preise verbieten oder stark beschränken lassen. Wie ist denn Ihre Haltung zu solchen Preisen?
    Blinn: Das Thema weckt natürlich Emotionen. Beim Preis geht es ans Eingemachte. Wenn Preise sich dynamisch ändern oder individuell an einzelne Verbraucher angepasst werden, dann wird natürlich der Markt sehr viel unübersichtlicher, und wo der Markt unübersichtlich wird und Preise intransparent werden, kann es immer sein, dass ich mehr bezahle als der andere. Das ist natürlich etwas, was wir nicht mehr gewöhnt sind und was natürlich auch zu starken Reaktionen von Verbraucherseite führt. Wir würden sagen, ein erster Schritt in die richtige Richtung ist erst mal das Schaffen von Transparenz. Unternehmen sollten Verbraucher auf jeden Fall offenlegen, welche auf sie bezogenen Daten in die Berechnung von individuellen Preisen eingehen, und dann können Verbraucher sich entscheiden, ob sie sich vielleicht weiter am Markt umschauen oder nicht. Die Preissetzung selber ist ja erst einmal Teil der unternehmerischen Freiheit.
    Ehring: Das heißt, das ist derzeit unbeschränkt erlaubt?
    Blinn: Derzeit können Sie die Preise im Online-Handel individuell anpassen, wie Sie möchten. Die Frage ist nur, ob es passiert, weil der Wettbewerb ist ja relativ hart auch im Online-Bereich. Wenn der Wettbewerb funktioniert, wird es natürlich schwieriger, Preise individuell anzupassen, vor allem nach oben anzupassen. Verbraucher können die entsprechenden Vergleichs-Webseiten verwenden und so versuchen, immer günstigere Preise zu bekommen.
    Ehring: Das heißt, als Verbraucher kann ich das auch ausnutzen?
    Blinn: Als Verbraucher können Sie vor allem erst mal die verschiedenen Preisvergleichs-Webseiten verwenden und natürlich darauf hoffen, dass die Märkte einigermaßen transparent funktionieren und Sie über den Wettbewerb günstige Preise bekommen.
    Ehring: Miika Blinn war das vom Verbraucherzentrale Bundesverband zum Thema individualisierte Preise, die sich im Internet ausbreiten. Herzlichen Dank nach Berlin.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.