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Opel-Belegschaft in Sorge

Bei Opel ist eine neue Runde im Kampf gegen Milliardenverluste, Absatzschwäche und Überkapazitäten eingeläutet worden. Der Aufsichtsrat des Autobauers hat mit Beratungen über die Sanierung begonnen. Konkrete Beschlüsse, wie Opel wieder aus der Verlustzone fahren könnte, gab es aber noch nicht.

Von Brigitte Scholtes | 28.03.2012
    Konkrete Beschlüsse, wie Opel wieder aus der Verlustzone fahren könnte, gab es heute nicht. Der Aufsichtsrat teilte nach seiner Sitzung nur mit, alle Beteiligten seien sich darüber einig, dass Opel profitabel arbeiten und dazu Maßnahmen ergreifen müsse, um Umsätze zu steigern, Margen zu erhöhen und Kosten zu reduzieren. Hierfür wolle man den Dialog fortsetzen. Nichts Konkretes also aus Rüsselsheim bis auf einen Beschluss: Der Aufsichtsrat ernannte Alfred Rieck zum Vertriebs- und Marketingchef. Der 55 Jahre alte Manager kommt von Volkswagen, dort hatte er die Marke Skoda auf dem chinesischen Markt aufgebaut. Bei Opel soll er nun die anhaltende Absatzschwäche stoppen.

    Seit zwölf Jahren hat Opel keinen Gewinn mehr erwirtschaftet, seither ist ein Verlust von elf Milliarden Euro zusammengekommen, davon gut eine halbe Milliarde Euro allein 2011. Obwohl 2010 das Werk in Antwerpen geschlossen worden war, sind die übrigen Fabriken von Opel und Vauxhall nicht ausgelastet. Deshalb hat man heute, so ist anzunehmen, wohl auch weitere Werksschließungen diskutiert, das Werk im britischen Ellesmere Port, aber auch wieder einmal das in Bochum ist gefährdet. Die Mitarbeiter dort scheinen inzwischen fast resigniert zu haben:

    "Wir sind müde, streikmüde. Wir können nicht mehr, wir haben keine Lust mehr. Das bringt nichts mehr für uns. Auch wenn wir jetzt streiken, machen sie uns sofort dicht."

    3200 Mitarbeiter zählt das Werk in Bochum allein, aber im Umfeld wären bei einer Schließung weitere 20.000 Arbeitsplätze gefährdet. Deshalb warnt Rainer Einenkel, langjähriger Betriebsratschef in Bochum die Konzernmutter General Motors:

    "Kommt es zu einer Schließung, wird es eine der teuersten Schließungen für General Motors werden. Deswegen soll man sich ganz genau überlegen, ob man dieses Spiel macht".

    Eine Schließung des Werks in Bochum werde man niemals akzeptieren oder sozialverträglich gestalten. Bis Ende 2014 ist die Existenz aller Werke ohnehin vertraglich gesichert. Danach aber könnte es eng werden. GM drängt auf Kostensenkungen und auf weitere Zugeständnisse der Arbeitnehmer beim Lohn, obwohl diese schon am unteren Rand der Branche lägen, sagt Armin Schild von der IG Metall, der ebenfalls im Opel- Kontrollgremium vertreten ist:

    "Opel hat kein Lohnkostenproblem, Opel hat ein Strategieproblem. Und Strategieprobleme muss man strategisch lösen und nicht mit einer Endlosschleife die Arbeitnehmer der Standorte gegeneinander ausspielen und die Gewerkschaften auffordern, bei den Löhnen noch ein bisschen mehr nachzugeben. Das bringt Opel nicht nach vorne."

    Doch ums Sparen wird man zunächst nicht herumkommen, glaubt Stefan Bratzel, Autoexperte der Fachhochschule für Wirtschaft in Bergisch-Gladbach:

    "In dem sehr wettbewerbsintensiven europäischen Markt spielen niedrige Kosten nun mal eine ganz wichtige Rolle. Das heißt, das ist eine Eintrittsbedingung für Erfolg. Man muss natürlich auch die entsprechenden Produkte haben zu den Kosten, und man muss auch Marktchancen in den wachsenden Märkten bekommen, sonst hat Opel sicherlich langfristig keine Chance."

    GM aber gestattet seiner europäischen Tochter nur in Ausnahmefällen, auf außereuropäische Märkte zu gehen. Das macht einen Ausgleich des lahmenden Geschäfts in Europa schwer.