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"Open Skies"-Abkommen
Trump beendet Kontrolle am Himmel

Nach dem Ende der Sowjetunion sollte das "Open Skies"-Abkommen ab 1992 helfen, Vertrauen zwischen Ost und West herzustellen. Doch Moskau verweigert seit einigen Jahren Beobachtungsflüge über die Enklave Kaliningrad und an der Grenze zu Georgien. Jetzt kündigte die Trump-Regierung den Rückzug aus dem Vertrag an.

Von Jan Bösche | 23.05.2020
Donald Trump spricht zu Reportern während einer chaotischen Pressekonferenz im White House, 7. April 2020 in Washington, DC, USA.
Für US-Präsident Donald Trump ist die Sache klar: Verträge, die von anderen nicht eingehalten würden, aber von den USA, werden gekündigt. (Getty/Chip Somodevilla)
Das Vorgehen mag international Irritationen auslösen, für Präsident Trump ist die Sache einfach: Er erklärte, Verträge, die von anderen nicht eingehalten würden, aber von den USA, werden gekündigt.
Aus Sicht der USA hält sich Russland nicht an das "Open Skies"-Abkommen. Es war 1992 abgeschlossen worden, um Vertrauen zu verbessern. Es erlaubt den Vertragspartnern, sich gegenseitig aus der Luft zu überwachen.
Der Vorwurf der USA: Russland mache davon ausführlich über Amerika Gebrauch, verweigere aber die Überflugrechte für bestimmte eigene Gebiete. Darum müsse es Konsequenzen geben, sagte Marshall Billingslea im Fernsehsender PBS. Er ist Trumps neuer Gesandter für Waffenkontrolle. Billingslea sagte, die Überwachungsflüge seien verzichtbar geworden, weil man innerhalb von Sekunden Bilder kommerzieller Satelliten herunterladen könne.
Nicht der erste Vertrag, den die Trump-Regierung kündigt
Das entspreche dem Ziel einer Vertrauensbildung in Europa. Die europäischen Verbündeten der USA sind da anderer Meinung: Sie bedauerten den amerikanischen Rückzug. Der Vertrag könnte aber auch ohne die USA weitergelten. Es sei wichtig, dass die anderen Länder, die im Vertrag blieben, Russland zur Verantwortung ziehen, sagte Billingslea.
Ein Aufklärungsflugzeug des Typs AWACS
US-Rückzug aus "Open Skies"-Abkommen
Mit der Aufkündigung des Open-Skies-Abkommens durch US-Präsident Trump zeige sich wieder einmal, dass er nur in innenpolitischen Kategorien denke, kommentiert Marcus Pindur. Trump habe den Vertrag voreilig aufgegeben.
Die US-Regierung gibt an, den eigenen Rückzug in den vergangenen Monaten sorgfältig abgewogen zu haben. Die Entscheidung wurde besonders von konservativen Russland-Kritikern gelobt. Senator Ted Cruz sagte, sie sei überfällig. Kritik kam dagegen zum Beispiel von dem Demokraten Eliot Engel, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus. Er sagte, der Rückzug aus dem Vertrag sei illegal, weil Präsident Trump nicht – wie vorgeschrieben – vorher im Kongress Bescheid gegeben habe.
Das "Open Skies"-Abkommen ist nicht das erste Abkommen mit Russland, das die Trump-Regierung kündigt. Im vergangenen Jahr beendete sie den INF-Vertrag, der die Stationierung von Mittelstrecken-Raketen in Europa regelte. Auch hier warf sie Russland vor, den Vertrag verletzt zu haben.
USA will auch China an den Verhandlungstisch bekommen
Viele sicherheitspolitische Experten bestätigen das, trotzdem argumentieren sie dafür, sich innerhalb der bestehenden Verträge um Verbesserungen zu kümmern. Jim Walsh vom MIT sagte bei NPR, dafür gebe es entsprechende Verfahren. Trump gehe es darum, abzureißen, um selbst mehr und neuartige Atomwaffen zu bauen.
Walsh wies auch Trumps Argument zurück, mit dem Ausstieg könne man Russland an den Verhandlungstisch bewegen – das habe schon beim INF-Vertrag nicht geklappt. Die Trump-Regierung plant eine neue, großangelegte Verhandlungsrunde für einen Abrüstungsvertrag. Es geht um den New-Start-Vertrag, der im kommenden Jahr ausläuft. Er begrenzt die Zahl der stationierten Atomraketen.
Das Ziel der USA ist es, neben Russland auch China mit an den Verhandlungstisch zu bekommen. Der Gesandte Billingslea sagte, wenn China wie eine Großmacht behandelt werden wolle, müsse es sich auch so verhalten. China solle mit den USA und Russland verhandeln und den Überprüfungs- und Transparenz-Maßnahmen zustimmen, die man brauche.
China sperrt sich bislang dagegen – und der Zeitplan bis zum nächsten Februar ist ambitioniert.

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