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Operation Aderlass
"James Bond" - Blutbeutel mit Tarnnamen

Ein Radprofi, der unter Mithilfe des Erfurter Dopingarztes Mark Schmidt Sportbetrug beging, hat beim Prozess zur "Operation Aderlass" ausgesagt. Dabei kamen schrille und ernüchternde Details ans Licht.

Von Tom Mustroph | 10.11.2020
Danilo Hondo 2019 in der Schweiz
Danilo Hondo nutzt beim Doping die Dienste des Arztes Mark S. (www.imago-images.de)
Zum Verhandlungstag in München war zunächst eine Sachverständige geladen, die die Computer und Handys der Angeklagten analysiert hatte. Allein aus dieser Kommunikationsspur ließ sich ein Netzwerk aus mindestens 30 Personen rekonstruieren. Zahlungen von einigen Hundert Euro für Dopingzwecke bis hin zu 27.000 Euro als Jahrespaket tauchten ebenfalls auf.
Hondo: 25.000 Euro für eine Doping-Saison
Die Tarnnamen für die Sportler waren schrill: Bin Laden etwa oder James Bond. Damit waren die Blutbeutel beschriftet. Der ehmalige Radsportler Danilo Hondo war Kunde in diesem System und jetzt als Zeuge geladen.
"Ja, man musste sich da einen Tarnnamen ausdenken. Und wenn man sich zum damaligen Zeitpunkt mal gerade alle James-Bond-Filme reingezogen hatte, dann ist gekommen: ja, dann nehme ich eben James Bond", erklärte Hondo.
Die komplette Saison 2012 ließ er sich vom Dopingarzt Mark Schmidt betreuen und zahlte für das Blutdoping nach eigener Aussage etwa 25.000 Euro: "Wir haben von drei bis vier Entnahmen gesprochen, auch entsprechende drei bis vier Rückführungen. Dazu stehe ich auch."
Keine Angst, erwischt zu werden
Der ehemalige Radprofi Hondo vermittelte damals auch seinen Team-Kapitän Alessandro Petacchi an den Dopingarzt Schmidt. Beide nahmen laut Hondo Bluttransfusionen sogar zeitgleich im Hotelzimmer vor.
"Der Arzt kommt halt rein und dann geht es los. Ich meine, wenn man so lange im Sport dabei ist, man hat dabei so regenerative Infusionen bekommen oder gegen Schmerzen bekommen. So muss man sich das vorstellen. Man hat natürlich ein ungutes Gefühl, weil man nicht erwischt werden möchte und man hofft, dass es endlich vorbei ist. Das ist schon klar. Aber man ist in dieser Situation zusammen. Und man empfindet das jetzt nicht so als dramatisch", schildert der frühere Top-Sprinter die Situation.
Angst, bei Dopingkontrollen aufzufliegen, hatte Hondo nach eigenen Angaben nicht. Die offensichtlichen Lücken im Kontrollsystem sind die wichtigste Erkenntnis aus diesem Prozesstag.