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Operationsgebiet Afrika

Selten war in der deutschen Politik ein Einsatz der Bundeswehr so umstritten wie der im Kongo. Das Besondere ist, dass die - zumeist nur hinter vorgehaltener Hand geäußerte - Meinung und das Abstimmungsverhalten vieler Abgeordneter bei der Frage, ob die Bundeswehr ihre Mission im Kongo antreten soll, so auseinander fallen wie jetzt. In privaten Gesprächen sind sehr viele Abgeordnete, vor allem aus den Koalitionsfraktionen, wenig überzeugt vom Sinn dieses Einsatzes. Die meisten sind eher dagegen, aber jeder versichert, die Mission werde dennoch beschlossen.

Von Rolf Clement | 31.05.2006
    "Nach rund 45 Jahren gibt es im Kongo wo zwischenzeitlich durch bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen fast 4 Millionen Menschen umgekommen sind, erstmals für sie die Chance, auf Demokratie, auf Stabilität, auf wirtschaftliche Prosperität und auf Frieden. Und mit unserer Mission wollen wir genau einen derartigen Prozess entsprechend unterstützen."

    Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung zum bevorstehenden Einsatz der Bundeswehr im Kongo. Rund 500 Soldaten als Einsatzkräfte und bis zu 280 Soldaten als Unterstützungskräfte, insgesamt also bis zu 780 Soldaten, will die Bundesregierung zur Sicherung der Präsidentschaftswahlen im Kongo entsenden. Sie sind Teil einer 2.000 Mann starken Truppe der EU. Morgen will der Deutsche Bundestag das Mandat für diese Mission beschließen.

    Selten war in der deutschen Politik ein Einsatz der Bundeswehr so umstritten. Das Besondere ist, dass die - zumeist nur hinter vorgehaltener Hand geäußerte - Meinung und das Abstimmungsverhalten vieler Abgeordneter bei der Frage, ob die Bundeswehr ihre Mission im Kongo antreten soll, so auseinander fallen wie jetzt. In privaten Gesprächen sind sehr viele Abgeordnete, vor allem aus den Koalitionsfraktionen, wenig überzeugt vom Sinn dieses Einsatzes. Die meisten sind eher dagegen, aber jeder versichert, die Mission werde dennoch beschlossen. Zu weit hätten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Ministerkollegen Steinmeier und Jung schon lange politisch festgelegt - und diese Festlegung sei für Koalitionsabgeordnete nun einmal verpflichtend - ein Nein würde die Regierung insgesamt beschädigen.

    Auch im militärischen Bereich überwiegt die Skepsis. Ob das Ziel der Mission erreichbar ist und ob sie diesen Aufwand rechtfertigt, wird oft bezweifelt. Bemerkenswert ist, dass sich Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan öffentlich zu diesem Einsatz bisher nicht geäußert hat.

    Blicken wir zurück: Nach dem Amtsantritt der Großen Koalition reiste zunächst Verteidigungsminister Franz-Josef Jung nach Paris. Dort hat ihn seine französische Amtskollegin Michele Alliot Marie mit der Idee überrascht, diese EU-Truppe zur Absicherung der Wahlen im Kongo in Marsch zu setzen. Jung äußerte sich ausweichend - er wollte in der ersten Einarbeitungsphase im Ministerium nicht gleich ablehnen.

    In der Weihnachtspause schrieb der Vertreter von UN-Generalsekretär Kofi Annan, Untergeneralsekretär Guehnno, der auch für die Blauhelmmissionen in der UNO zuständig ist, an die EU, um Soldaten für diese Mission zu erbitten. Guehnno ist Franzose. Es gibt Insider, die sagen, von diesem Brief habe Annan erst nach seinem Weihnachtsurlaub erfahren.

    Mittlerweile war Bundeskanzlerin Angela Merkel mit großem Bahnhof von US-Präsident Bush empfangen worden. Die Verständigung zwischen den beiden war so groß, dass Frankreichs Präsident Chirac beim nächsten Treffen mit Merkel zu verstehen gab, dass für ihn der Kongo-Einsatz eine hohe Bedeutung habe, um die politischen Bekenntnisse Merkels zu Europa auf ihre Belastbarkeit, letztlich auch auf ihre Glaubwürdigkeit zu testen. Die Frage des Kongo-Einsatzes war plötzlich ein Politikum. Die politische Initiative für diesen Einsatz war also von Frankreich ausgegangen, dessen Regierung es mit diplomatischen Geschick verstanden hat, vor allem die deutsche Regierung zu diesem Projekt zu überreden. Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Birgit Homburger:

    "Ausgangspunkt ist das Treffen am 23. Januar zwischen Bundeskanzlerin Merkel und Jacques Chirac. Es entsteht der Eindruck, dass die Bundesregierung nicht nach logischen Notwendigkeiten, sondern nach politischen Wünschen zur Verbesserung des deutsch-französischen Verhältnisses handelt."

    Trotz der hohen politischen Bedeutung dieser Frage muss aber auch die Mission in ihrem materiellen Kern diskutiert werden. Der Kongo, so argumentieren Regierungsvertreter in einem internen Papier in diesen Wochen, weise seit vielen Jahren positive Wachstumsraten auf. Präsident Kabila führe nunmehr seit 2003 eine Übergangsregierung an, in der auch verfeindete Rebellengruppen vertreten sind. Es gebe also eine gewisse politische Stabilität, die nun durch Wahlen unterstützt werden soll. Positiv vermerkt wird weiterhin, dass einige Bürgerkriegskämpfer demobilisiert worden sind. Es werden Anzeichen dafür ausgemacht, dass sich eine Zivilgesellschaft entwickele. Der Kongo habe wieder eine erste staatliche Finanzplanung erarbeitet.

    Dem steht die immer noch völlig desolate Wirtschaft gegenüber, die vorwiegend im informellen Sektor existiert. Die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur ist nicht oder nicht mehr vorhanden. Daraus ergeben sich soziale Nöte, die dann wiederum der Nährboden für gewaltsame Auseinandersetzungen sind.

    Diese Auseinandersetzungen finden im Kongo immer noch statt, wenngleich viele behaupten, dies geschehe auf einem deutlich geringeren Niveau als noch vor einigen Jahren. Erst in der vergangenen Woche gab es Meldungen, dass die Regierungstruppen einen Putschversuch niedergeschlagen hätten. Von Unruhen in den Provinzen ist immer wieder zu hören.

    Der Kongo gilt wegen seiner Größe und seiner theoretischen Wirtschaftskraft als ein Schlüsselland in Zentralafrika. Stabilität hier würde also, so die Argumentation, auf den gesamten Kontinent ausstrahlen - Instabilität aber ebenso. Außenminister Frank-Walter Steinmeier:

    "Nur ein stabiler Kongo kann verhindern, dass ganz Zentralafrika erneut in Zerstörung und Krieg verfällt. Nur ein stabiler Kongo kann verhindern, dass humanitäre Katastrophen erneut ausbrechen, und nur ein stabiler Kongo kann verhindern, dass die Menschen sich entscheiden, aufzubrechen und ihr Heil in Flucht und Migration suchen."

    Zudem befürchten einige, dass sich in einem zusammengebrochenen Kongo - wie seinerzeit in Afghanistan - Terroristen festsetzen könnten. Damit könnte der Kongo eine logistische Basis für Terroristen werden, die weltweit agieren.

    Für Deutschland ist der Kongo von einem gewissen Interesse, stellt die Bundesregierung in ihren internen Überlegungen fest: Wenn der Kongo in die Lage versetzt werden könnte, seine wirtschaftliche Potenz zu nutzen, wäre er als Investitions- und Handelspartner von großem Interesse. Gold, Diamanten, Costan, Kasserit und Edelhölzer sind Rohstoffe, über die das Land verfügt. Hierin liegt ein Potential, das sicherlich wichtig ist.

    Deutschland engagiere sich bereits auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe sehr stark im Kongo, wird betont, und dieses Engagement müsse durch die Absicherung der Wahlen untermauert werden. Betrachtet man das deutsche Engagement für den Kongo genauer, dann handelt es sich dabei um Maßnahmen zur Wahlvorbereitung, vor allem mit Informationskampagnen, zur Wasserver- und -entsorgung, zur Umweltpolitik, bei der Förderung der Wirtschaft und beim Aufbau der Zivilgesellschaft. Deutschland beteiligt sich an Reintegrationsmaßnahmen ehemaliger Rebellen und bei der medizinischen und psychologischen Betreuung der Gesellschaft, wobei vor allem die Betreuung von Bürgerkriegsopfern eine zentrale Rolle spielt. Eingebettet ist dies in eine internationale Anstrengung, die mit rund 640 Millionen Euro pro Jahr finanziert wird. So bildet z.B. die EU zur Zeit die kongolesische Polizei aus und reformiert den Sicherheitssektor im Land. Der deutsche Anteil an diesen Aufwendungen liegt bei 75 Millionen Euro im Jahr. Das relativiert den Einsatz wieder.

    Erste Ansätze, dass eine mögliche Stabilisierung des Kongo in die Region ausstrahlt, sind nach Ansicht der Bundesregierung erkennbar. 12 Staaten in Ost- und Zentralafrika versuchen, nach dem Vorbild der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) auf dem Weg über vertrauensbildende Maßnahmen die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Region zu verbessern. Diese Ansätze empfehlten den Kongo als Modell.

    Abgesichert wird der Prozess zur Zeit durch die MONUC, die Beobachtungsmission der UNO im Kongo, in deren Rahmen rund 17.000 Soldaten aus afrikanischen, asiatischen und südamerikanischen Staaten die Ordnung überwachen und ggf. herstellen sollen. Die dort eingesetzten Truppen haben auf dem Gebiet der Stabilisierung von Staaten nur begrenzte Erfahrungen und Fähigkeiten. Für viele - vor allem afrikanische - Staaten ist das Engagement in UN-Mission finanziell hoch attraktiv, da die Alimentation durch die UNO für alle Truppensteller gleich hoch, damit für afrikanischen Staaten besonders lukrativ ist - deren Truppen sind in Dollar gerechnet deutlich billiger als die von Industrienationen. So können auf diesem Wege Wehretats saniert werden. In Brüssel wird hinter vorgehaltener Hand sehr deutlich auf diese Umstände hingewiesen.

    Die Befürworter einer EU-Mission argumentieren nun, dass die für den 30. Juli geplanten Wahlen abgesichert werden müssen. Geplant sind Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. Später sollen dann in einem zweiten Schritt Regionalwahlen folgen, die mit einem möglichen Stichentscheid bei der Präsidentschaftswahl zusammenfallen sollen. Da MONUC die Wahlen logistisch vorbereiten und durchführen soll, sind hier zahlreiche Kräfte gebunden.

    An dieser Stelle setzt nun die Mission der EU ein. Sie soll den Wahlgang und die anschließende Regierungsbildung absichern. Vom Wahltag an gerechnet soll sie vier Monate im Land sein - übrigens mit dem klaren Auftrag, überall dort aktiv zu werden, wo sich Konflikte ergeben. Vier Monate - zuzüglich An- und Abmarsch, insgesamt soll die Mission dann schon sieben Monate dauern. Deutschland will seinen Soldaten einen Einsatz nur in der Hauptstadt Kinshasa erlauben. Außenminister Frank-Walter Steinmeier:

    "Warum, vornehmlich im Raum Kinshasa? Weil die Vereinten Nationen gesehen haben, dass die Truppen der Monuc vor allen Dingen in den etwas unsichereren Ost-Provinzen gebraucht werden und das es kein gutes Signal wäre, wenn man zu diesem Prozess der Wahlen Truppen dort abgezogen hätte. Deshalb die ausdrückliche Bitte, Kontingente zur Verfügung zu stellen, die vornehmlich im Raum Kinshasa, da wo der Sitz der Regierung, da wo der Sitz der wichtigen der zentralen Medien ist die Wahlen abzusichern, dort soll der Schwerpunkt der Operation sein. Europäische Truppen sollen vorhanden sein um potentielle Störer des Wahlprozesses abzuschrecken und auf diese Weise den ordnungsgemäßen Verlauf der Wahlen sicher zu stellen."

    Diese Begrenzung auf die Hauptstadt Kinshasa ist eine deutsche Besonderheit. Andere Kontingente werden so mandatiert, dass sie im ganzen Land eingesetzt werden können, wenngleich auch bei ihnen der Schwerpunkt in der Hauptstadt liegen soll.

    In dem Beschluss, den das Parlament morgen fällen soll, werden die Aufgaben der Bundeswehr im Rahmen dieser Mission so beschrieben:

    Unterstützung der Führung des Einsatzes auf militär-strategischer Ebene, Beteiligung am EU-Streitkräftehauptquartier in Kinshasa auf operativer Ebene, Durchführung von Evakuierungsoperationen, um Einzelne aus Gefahrenlagen zu verbringen.

    Hierbei fehlt übrigens die regionale Begrenzung auf Kinshasa.

    sowie die Eigensicherung im Raum Kinshasa.

    Daraus ergibt sich folgendes Fähigkeitsprofil des deutschen Anteils an der Mission:

    Schutz und Evakuierung, einschließlich retten und befreien, Sicherung, Führung und Führungsunterstützung, Nachrichtengewinnung und Aufklärung, logistische Unterstützung einschließlich Transport und Umschlag, sanitätsdienstliche Versorgung und medizinische Evakuierung.

    Verteidigungsminister Jung nannte als vier Voraussetzungen für den Einsatz:

    "Erstens, wir brauchen eine klare Zustimmung der kongolesischen Regierung."

    Der Präsident des Kongo, Kabila, soll von den Plänen der EU aus dem Radio erfahren und diese zunächst mit dem Hinweis auf die Souveränität des Landes abgelehnt haben. Erst, als die Diskussion in Europa schon weit fortgeschritten war, nach einem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Innsbruck, reisten Emissäre nach Kinshasa, um diese Zustimmung einzuholen. EU-Außenbeauftragter Solana musste selbst dorthin reisen und um die Zustimmung zu bitten. Rein formal liegt sie jetzt also vor.

    Jungs zweite Bedingung:

    "Zweitens, wir brauchen ein klares Mandat der Vereinten Nationen."

    Am 25. April hat der UN-Sicherheitsrat diesen Einsatz mandatiert. Das Mandat wurde auf der Grundlage des Kapitels VII der UN-Charta erteilt, jenes Kapitel, das auch Gewaltanwendung zulässt. Auch diese Voraussetzung liegt nun formal vor.

    Jungs dritte Bedingung:

    "Drittens, wenn, dann muss es konzentriert werden auf Kinshasa und für eine Zeit von ca. vier Monate."

    Diese Begrenzung ist nur für die deutschen Soldaten gegeben. Im Parlamentsantrag heißt es:

    Einsatzgebiet der EU-geführten Operation ist das Hoheitsgebiet der Demokratischen Republik Kongo einschließlich der angrenzenden Gewässer. Deutsche Kräfte werden auf dem Territorium der Demokratischen Republik Kongo nur im Raum Kinshasa eingesetzt.

    Jungs vierte Bedingung:

    "Und viertens, wir brauchen ein entsprechend gemeinsames Engagement der Europäischen Union."

    Deutschland, das auch diese Mission durch das Einsatzführungskommando in Potsdam leiten soll, trägt mit den 780 Soldaten den größten Anteil. Frankreich ist der zweite große Truppensteller. Beide Länder stellen zusammen rund zwei Drittel der EU-Mission. 18 andere Länder sind mit kleinen Kontingenten dabei. Spanien und Polen mit jeweils 90 Mann, Belgien mit 55. Die gegenwärtige EU-Ratspräsidentschaft Österreich stellt zwei Soldaten, Griechenland steuert einen Hubschrauber bei, der aber in Griechenland auf Abruf stehen soll. Großbritannien und Italien entschuldigen sich mit Verpflichtungen anderswo auf der Welt.

    In der EU gibt man sich keiner Illusion hin: Ob die Wahlen fair und frei sein werden, wird die EU nicht mit abschließender Sicherheit feststellen können. Damit ist auch offen, ob die Wahlen die mit ihnen verfolgte befriedende Wirkung wirklich entfalten können. Die Gefahr besteht also, dass die EU gerade dann abzieht, wenn sie gebraucht würde - oder dass sie sich langfristig dort bindet. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Bernd Siebert auf die Frage, was denn geschehe, wenn nach vier Monaten die Lage gespannt oder gar unruhig ist:

    "Wenn es Auseinandersetzungen gibt und wir uns geirrt haben, dann muss man über diese Frage neu nachdenken und zwar zu dem Zeitpunkt, wo der Fall eintritt und vorher denke ich, ist es müßig, darüber zu diskutieren."

    Zudem ist die Mission auf 2.000 Soldaten aus der EU begrenzt. Für ein Land, dessen Ausdehnung so groß ist wie die Entfernung von Portugal bis Weißrussland, ist das keine besonders überzeugende Zahl von Soldaten. Wenn die Regierungsvertreter davon sprechen, dass schon allein die Präsenz europäischer Soldaten eine positive, die Konfliktparteien hemmende Wirkung haben soll, dann kann dies nur begrenzt gelten, wenn die Präsenz auf die Hauptstadt beschränkt bleibt.

    Viele meinen, dies sei nicht mehr als einfaches Flaggezeigen. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz:

    "Die 150 Soldaten in Kinshasa selbst, von denen ein Großteil in die Eigensicherung und Flughafensicherung und ins Hauptquartier geht, und nur ein ganz kleiner Teil wirklich sichtbar ist, zu verkaufen als großen europäischen Beitrag zur Stärkung des demokratischen Wahlprozesses, das ist nicht vermittelbar und deswegen ist es auch von der Anlage bereits verfehlt."

    Auch das Argument, das stärke die europäische Außen- und Sicherheitspolitik wird von einigen bezweifelt. Die Befürworter halten diesen Einwänden entgegen, dass die Operation ARTEMIS, die im Sommer 2003 in der Region Ituri im Osten des Kongo befrieden helfen sollte, erfolgreich war. Dort soll, so berichten EU-Vertreter, nach dem Abzug der EU-Soldaten eine gewisse Ruhe eingetreten sein. Allerdings wurden die EU-Soldaten dort durch afrikanische UN-Truppen ersetzt. Auftrag der EU war es, die Zeit zu überbrücken, bis die afrikanischen Staaten ihre Truppen für diesen Einsatz rekrutiert und dorthin verlegt hatten.
    Dies gilt jetzt nicht. Denn die neue Kongo-Mission soll nur die Wahlen und die Regierungsbildung absichern. Zur Zeit, heißt es offiziell, gebe es keine Hinweise darauf, dass nach den Wahlen Unruhen entstünden. Andere Quellen sprechen von klaren Drohungen der Präsidentschaftskandidaten, dass sie eine mögliche Niederlage nicht hinnehmen würden - und schließlich kann nur einer Präsident werden. Wenn solche Pläne bestehen, ist die Mission zu kurz befristet: Jeder, der solches planen sollte, müsste nur warten, bis die mutmaßlich mehr Respekt einflössenden Europäer wieder weg sind. Dann könnte die EU den ihr gegebenen Auftrag nicht erfüllen. Sie wäre dann auch zu klein.

    Dass dies der Auftakt einer aktiveren Afrika-Politik sein soll, ist für die Grünen-Parlamentarierin Kerstin Müller klar:

    "Mit einem Nein zum Einsatz, bei aller Kritik im Detail die man haben kann, würden wir nicht nur die Kongolesen bitter enttäuschen, und ich bin auf meinen Reisen im Kongo einer sehr lebendigen Zivilgesellschaft begegnet, die sehr, sehr große Hoffnung gerade in uns, in die Europäer und übrigens auch gerade in die Deutschen setzten, weil wir nicht die koloniale Vergangenheit da haben. Die wären wirklich bitter enttäuscht. Ich meine auch, ein Nein zum Einsatz, das wäre auch ein Schlag ins Gesicht der Vereinten Nationen."

    Auch Birgit Homburger, FDP, sieht konzeptionellen Schwächen, die sie - im Gegensatz zu den Grünen, mit Nein stimmen lässt:

    "Meine Damen und Herren die finanzielle Unterstützung suggeriert, es gäbe ein politisches Gesamtkonzept. Es ist jedoch bisher bei der Prosa geblieben. Ein gemeinsames, abgestimmtes Afrikakonzept, mit operationalisierten Zielen zu Stabilisierung Afrikas fehlt, nach wie vor."

    Kerstin Müller sieht auch schon die nächste Aufgabe auf die Weltgemeinschaft zukommen:

    "Nehmen wir diese EU-Afrika-Partnerschaft ernst, dann wird dies nicht der letzte Peace-Keeping-Einsatz deutscher Soldaten in Afrika sein. Und es geht Darfur."

    Die USA haben in der NATO bereist angefragt, ob ein Einsatz im Sudan, besonders in Darfur, eingeplant werden soll. Aus deutschen Regierungskreisen hört man heute die Formulierung, mehr als bisher würde man sich dort nicht engagieren wollen.