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Opern Uraufführung "Cavalleria rustica"
Ein Toter, ein gehörnter Ehemann und zwei ohnmächtige Frauen

Sie war eine der erfolgreichsten Opern des 19. Jahrhunderts und sorgte für fast hysterische Begeisterung im Publikum: die Oper "Cavalleria rusticana" von Pietro Mascagni. Heute vor 125 Jahren wurde sie in Rom uraufgeführt.

Von Sabine Fringes | 17.05.2015
    Komponist - Composer Pietro MASCAGNI 1863 - 1945
    Der Komponist Pietro Mascagni (imago/SKATA)
    Ein gellender Schrei begleitet den Mord an Turiddu.
    "Hanno ammazato compare Turiddu! - Gevatter Turiddu ist umgebracht worden!"
    Ein Toter, ein gehörnter Ehemann, der aus Eifersucht zum Mörder wurde, zwei ohnmächtige Frauen - so endet die Oper "Cavalleria rusticana" um die unglückliche Liebe von Santuzza zu ihrem untreuen Geliebten Turiddu.
    "Das Blut strömte ihm schäumend aus der Kehle, und er konnte nicht einmal mehr hervorbringen: Ah, mamma mia."
    Heißt es am Ende der Novelle "Cavalleria rusticana" von Giovanni Verga, die zusammen mit seinem gleichnamigen Schauspiel die Vorlage für die Oper von Pietro Mascagni lieferte. Auch die Musik kommt nach der tragischen Ermordung des Helden rasch auf den Punkt.
    "Ich sehe, wie sich nach den letzten erregten Takten des Orchesters alle Arme heben und gestikulieren, als wollten sie mich bedrohen, und in der Seele lebt mir das Beifallsgeschrei wieder auf, das mich fast zu Boden schlug."
    Erinnert sich Pietro Mascagni an die Reaktion des Publikums, als am 17. Mai 1890 im Teatro Costanzi in Rom die letzten Takte seiner "Cavalleria rusticana" verklungen waren. Sechzigmal wurden die Sänger und der gerade mal siebenundzwanzig Jahre alte Komponist auf die Bühne gerufen.
    Schon die Vorlage war ein großer Bühnenerfolg: Verga war einer der führenden Autoren einer veristischen Literatur, die das Leben der unteren sozialen Schichten ohne jegliche Stilisierung in den Fokus rücken wollte. Und auch Mascagnis Einakter nach dem Libretto von Giovanni Targioni-Tozzetti und Guido Menasci erschien vielen als ein Prototyp eines neuen Opernstils, der gegen eine idealisierte, wirklichkeitsferne Kunst aufbegehrt.
    Geschichte um Liebe, Verrat und tödliche Rache
    So hebt der Sterbende nicht zu einem langen Schwanengesang an, und kein Orchesternachspiel verklärt seinen Tod. Die Geschichte um Liebe, Verrat und tödliche Rache in einem sizilianischen Dorf trägt in ihrer Knappheit vielmehr archaische Züge. Herbe Kontraste, eine einfache, bisweilen attackierende Melodik und volkstümliche Anklänge in der Musik charakterisieren das Leben der Dorfbewohner. So, wenn etwa Turiddu in seiner Auftrittsarie im wiegenden 6/8-Takt einer Siciliana der verheirateten Lola den Hof macht.
    "Aus der Musik zur Cavalleria rusticana spricht unverkennbar ein frisches, energisches und ehrliches Talent. In unserer musikalisch talentarmen Zeit konnte es nicht ausbleiben, dass der Jubel über diese neue Erscheinung alle Besinnung verlor und nicht selten in eine Art Messiasanbetung ausschlug."
    So der einflussreiche Musikkritiker Eduard Hanslick über Mascagnis Werk, in dessen melodientrunkener Musik er eine heilsame Gegenströmung zu der allseits gegenwärtigen "Tyrannei der Nibelungenmusik" von Richard Wagner sah. Innerhalb eines Jahres war "Cavalleria rusticana" weltberühmt: In England ließ sich Königin Victoria das Stück in Windsor vorspielen, in Österreich sorgte eine Parodie mit dem Titel "Krawalleria musicana" für Furore und allerorten standen Komponisten auf dem Plan, welche sich nun ebenfalls an einer veristischen Oper versuchten.

    Für Mascagni selbst sollte es der größte und längste Erfolg seiner noch 55 Jahre währenden Komponisten- und Dirigentenlaufbahn bleiben. Seine "Cavalleria rusticana" erhielt einen festen Platz im Opernrepertoire und 1932 konnte er die 13.000. Aufführung seines Werkes selbst leiten.