Freitag, 19. April 2024

Archiv


Orchesterprobe mit Leib und Seele

Zwei Musikstunden pro Woche im Vormittagsunterricht werden die Schüler der Fritzlar-Homberg-Grundschule in Berlin in Musik unterrichtet. Das ändert sich am Nachmittag, der Zeit der Musik-Arbeitskreise. Vom Instrumentenunterricht bis zur kompletten Musicalproduktion reicht hier das Spektrum.

Von Agnes Steinbauer | 23.12.2005
    [Musik, Trommelwirbel]
    So klingt das, wenn Schüler der Fritzlar-Homberg-Schule Rhythmus machen. Sie ist eine von 15 Berliner Grundschulen mit Musikbetonung - Das heißt: Jeder Schüler hat die Möglichkeit, kostenlos ein oder mehrere Instrumente zu lernen und drei Viertel der 320 Kinder tun das offensichtlich gerne:

    "Ich wollte Geige spielen...einfach so. Das hat so schön geklungen, das hat mich so inspiriert."

    Dass die zehnjährige Libelle Ihre Wurzeln in Jamaika hat, ist nicht zu übersehen, wenn sie bei der Klassen-Orchesterprobe übermütig die Hüften schwingt. Mit Leib und Seele sind auch die anderen Schüler der 6a dabei, wenn es darum geht, gemeinsam im Takt zu bleiben.

    An der "Brennpunktschule" mit 90 Prozent Migranten-Kindern aus über 20 Nationen gehört Instrumentalunterricht nicht nur zum guten Ton, sondern zum regulären Schulprogramm – und das aus gutem Grund wie Musik-Fachleiterin Angelika Maillard weiß:

    "Die Kinder kommen hier teilweise mit sehr vielen Aggressionen, mit sehr viel Gewaltpotential, teilweise mit einer fast nicht vorhandenen Konzentrationsfähigkeit ... Indem die Kinder miteinander musizieren, müssen sie, damit es ein erfreuliches Ergebnis wird, unglaublich gut aufeinander hören ... und das sensibilisiert sehr für den anderen und letztendlich für eine funktionierende Gesellschaft ist es wichtig, dass man auf die Bedürfnisse der anderen eingeht ..."

    Dabei ist unerheblich, wer die erste Geige spielt. Es geht nicht darum, Musikstars auszubilden, sondern um das Gemeinschaftserlebnis, betont Angelika Maillard. Zwei Musikstunden pro Woche im Vormittagsunterricht – das ist nicht anders, als an normalen Berliner Grundschulen. Der Unterschied besteht im reichlichen Nachmittagsgebot mit unterschiedlichen Musik-AGs mit Musicalproduktionen, außerschulischen Auftritten und eben im Instrumentalunterricht – anfangen mit der Blockflöte in der ersten Klasse. Gefragt bei den Schülern sind überwiegend Saiteninstumente wie Geigen oder Gitarren, aber auch Saxophone und alle möglichen Arten von Schlaginstrumenten.
    Die Instrumente sind eine kostenlose Leihgabe der Schule. Lediglich eine Versicherung müssen die Eltern dafür abschließen.

    Musik aus aller Welt – wie dieses argentinische Weihnachtslied – gehört auch zum Integrations-Programm der Schule. Und: Jede Klasse ist ihre eigene ist Orchestergemeinschaft. Erman weiß das zu schätzen:

    "Es ist ganz schön, mit meiner Klasse zu spielen. Wir halten zusammen und spielen schöne Stücke ... So in der alten Zeit, so Mozart und so ..."

    Musik macht den meisten Kindern Spaß und tut Schüler-Seelen gut, und das nicht nur im Musikunterricht, weiß Angelika Maillard:

    "Ich habe lange eine Klasse geleitet, in der alle Kinder ein Instrument gespielt haben und ich habe ganz, ganz deutlich gemerkt, dass es in dieser Klasse, sehr viel besser ging im Stoff in Mathematik voranzugehen, als in anderen Klassen, einfach, weil diese Kinder gelernt hatten, sich sehr, sehr gut zu konzentrieren ... Für das Instrumentalspiel ist eben sehr viel Gedächtnisleistung wichtig ..."

    Darüber sich Libelle wahrscheinlich noch nicht so viele Gedanken gemacht, aber dass Musik sowohl Spaß macht, als auch beim Lernen hilft, das kann sie bestätigen:

    "Ja, Musik...dann entspann ich mich so, weil Musik ist schön und deswegen kann ich dann klarer denken ..."