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Oscar-Auszeichnung für "The Spotlight"
Loblied auf den investigativen Journalismus

Missbrauch durch Geistliche ist das Thema des Oscar-Gewinnerfilms "The Spotlight". Der Streifen von Thomas McCarthy singt ein hohes Lied auf den investigativen Journalismus und ist ein ganz und gar konventionelles Werk. Die Macher hoffen, dass ihr Ruf bis in den Vatikan zu hören sein wird und den abgebildeten Skandal der Nichtachtung von Kinderrechten beendet.

Von Josef Schnelle | 29.02.2016
    Tom McCarthy und Josh Singer halten während der Preisverleihung am 28.02.2016 im Dolby-Theater/Hollywood in Los Angeles/USA den "Oskar" hoch, den sie für die beste Regie erhalten haben.
    Tom McCarthy und Josh Singer mit ihrem Oscar im Dolby-Theater in Hollywood bei der Preisverleihung für das beste Originaldrehbuch des Films "Spotlight". (picture alliance / dpa / EPA / Paul Buck)
    "Man nennt ihn auch den Preis der weißen Leute. Wenn man Moderatoren nominieren würde, dann hätte ich nicht mal diesen Job. Warum protestieren wir also? Warum dieser Oscar? Es sind die 88. Academy Awards. Das heißt, diese ganze Sache mit 'keine schwarzen Nominierten' hat es bestimmt schon 71 Mal zuvor gegeben. Es geht doch nur darum: Wir wollen unsere Gelegenheit."
    So ging's los mit einem Scherz des Moderators Chris Rock. Später versprach noch Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaaks, dass die neuen Diversitätsregeln bald umgesetzt werden. Viele Preisträger wiesen auf die Benachteiligung von African Amerikans ausdrücklich hin. Aber auch die Benachteiligung von Frauen und anderer kleinerer Ethnien kam zur Sprache. Alexandro Gonzales Inarritu bedanke sich für seinen Regie-Oscar, den er für seinen Western "Der Rückkehrer" zum zweiten Mal hintereinander bekam mit einer Anekdote die beweisen sollte, Hautfarbe sei völlig unwichtig, höchstens mit der Haarlänge vergleichbar. Inarritu kommt aus Mexiko und Cheryl Boone Isaaks ist selber schwarz.
    Hollywood durchlebt gerade schwierige Zeiten. Die klassischen Blockbuster verfangen immer weniger und man braucht frisches Blut aus anderen Weltregionen. So verunsichert hat man auch die Hollywoodgemeinde der Schauspieler lange nicht erlebt. Jeder hatte daher ein spezielles Anliegen. Lady Gaga sang einen Song zu Ehren der Missbrauchsopfer und Missbrauch ist auch das Thema des Oscar-Gewinnerfilms. Nicht Favorit Alexandro Gonzales Innaritu gewann, sondern "The Spotlight" von Thomas McCarthy, der ein hohes Lied auf den investigativen Journalismus singt und der bei uns gerade erst ins Kino gekommen ist.
    "Dieser Bostoner Priester hat 30 Jahre lang Jungen in sechs Gemeinden missbraucht. Die Kirche hat es herausgefunden und nichts unternommen."
    "Wir haben keine längerfristigen Recherchen in diesem Fall angestellt."
    " Nein, haben wir nicht."
    "Und Sie hätten ein Team für so was?"
    "Spotlight."
    "Leute hört zu, das hier wird alle interessieren."
    "Die Kirche wird sich natürlich mit allen Mitteln wehren."
    Ein Höhepunkt der Verleihung: Morricones Dankesrede
    Ein eher konventioneller Film ist das. Die Macher hoffen, dass ihr Ruf bis in den Vatikan zu hören sein wird und den abgebildeten Skandal der Nichtachtung von Kinderrechten beendet. Ansonsten herrschte das übliche Gießkannenprinzip. Ennio Morricone wurde für seine Musik zu Quentin Tarrantinos Kammerspiel "The Hateful 8" ausgezeichnet und verwies auf einen Film und einen Regisseur, der ansonsten geflissentlich ignoriert wurde. Die Dankesrede des 87-Jährigen gehörte zu den wenigen echten Höhepunkten der Veranstaltung, auch weil sie mit heftigem Beifall unterlegt war und keinerlei Menschheitsprobleme zur Sprache brachte.
    Der Maestro dankte einfach seinem Regisseur und seiner Ehefrau. Von Leonardo di Caprio, der nach fünf erfolglosen Nominierungen endlich seinen ersten Academy Award als bester Schauspieler mit nach Hause nehmen konnte, hatte das niemand erwartet, schließlich ist der frenetisch bejubelte Star der bekannteste Protestierer gegen den Klimawandel. In "Der Rückkehrer" muss er sich mit Naturgewalten und einem Bären herumschlagen. Jeder im Saal hatte ihm offenbar diesen Preis gegönnt und so verlängerte man sogar seine Redezeit damit er diese kleine Rede halten konnte.
    "Der Klimawandel ist real. Er passiert gerade jetzt. Es ist die dringendste Bedrohung unserer Spezies. Wir müssen zusammen dagegen arbeiten. Wir müssen Führer auf der ganzen Welt unterstützen, die nicht für die großen Firmen und Verschmutzer sprechen, sondern für die Humanität und die Milliarden von Unterprivilegierten sprechen, die besonders darunter leiden. Für die Kinder unserer Kinder. Ich danke Ihnen allen für diesen unglaublichen Preis. Lassen Sie uns diesen Planeten nicht für eine Selbstverständlichkeit halten so wie ich den Preis auch nicht als Selbstverständlichkeit nehme. Ich danke Ihnen."