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Osram
Gewerkschaft rechnet mit Stellenabbau

Überraschende Wende im Übernahmepoker um den Lichtkonzern Osram: Der österreichische Sensorspezialist AMS könnte den Traditionskonzern nun doch übernehmen. Die Offerte der Österreicher wird auf einmal von der Osram-Spitze nicht mehr abgelehnt - von der Gewerkschaft dagegen schon.

Von Michael Watzke | 12.11.2019
Zwei Ampeln zeigen vor der Zentrale der Firma Osram grünes Licht.
Die Osram-Führungsspitze hat grünes Licht für den Zusammenschluss mit AMS gegeben. (picture alliance)
Der österreichische Schlagersänger Wolfgang Ambros sang heute vor der Osram-Pressekonferenz in der Telefon-Warteschleife:
"Langsam wachs’ mer zamm!"
"Langsam wachs’mer zamm!" – den Song hatte Osram-Chef Olaf Berlien ausgewählt. Denn Osram soll nach Berliens Willen langsam mit dem österreichischen Sensor-Spezialisten AMS zusammenwachsen. Der Osram-Vorstand hat seine Meinung diametral geändert und unterstützt nun die Übernahme-Offerte der Österreicher.
Traditionskonzern steht unter Druck
"Aus unserer Sicht ist es ein attraktives Angebot für unsere Aktionäre. Nun auch für unsere Mitarbeiter und für das Unternehmen als Ganzes. Der gebotene Preis von 41 Euro je Aktie in bar stellt einen attraktiven Aufschlag für die Aktionäre dar. Er ist eine angemesse Bewertung des Unternehmens."
Berliens Sinneswandel hat mehrere Gründe. Einer davon: Osram steht das Wasser bis zum Hals. Das vergangene Geschäftsjahr, so der Osram-Chef "… war sicherlich eines der herausforderndsten Jahre in unserer jüngeren Geschichte. Wir sahen uns einem andauernd schwierigen Marktumfeld gegenüber."
Der Umsatz sank um 13 Prozent. Die Verluste türmen sich auf 343 Millionen Euro. Die Dividende fällt aus. Vor allem wegen der schwächelnden Auto-Branche.
"Kurzfristig gehen wir von keiner Belebung der weltweiten Automobil-Produktion aus. Und wie stark uns die schwache Automobil-Konjunktur in abgelaufenen Geschäftsjahr getroffen hat, zeigen ganz klar die Zahlen zur Automobil-Produktion."
Anfängliche Bieter sind abgesprungen
Die gehen weiter zurück. Vor allem in China. Osram braucht also Partner. Die ursprünglich favorisierten Finanzinvestoren Bain, Carlyle und Advent sind abgesprungen. Plötzlich findet Berlien die ursprünglich verschmähte Braut AMS hochattraktiv. Auch dank des geplanten Ehe-Vertrages, des sogenannten Business Cooperation Agreements:
"Demnach sind die Mitarbeiter an den deutschen Standorten bis zum 31.12.2022 vor fusionsbedingten Kündigungen geschützt. Und etwa die Hälfte der Leiter der Verwaltungs-Funktionen werden zusammen mit einem wesentlichen Teil ihrer Teams in München als Co-Konzernzentrale angesiedelt sein."
Als eine Art Trauzeugin der geplanten Hochzeit soll Brigitte Ederer fungieren. Die ehemalige Siemens-Personalchefin soll sicherstellen, dass AMS alle Vereinbarungen einhält. Doch der Osram-Betriebsrat will weiterhin nichts von Heirat wissen. Er klagt sogar gegen die deutsche Finanzaufsicht Bafin - weil die AMS erlaubt hatte, nach dem fehlgeschlagenen ersten Antrag noch ein zweites Übernahme-Angebot abzugeben.
Gewerkschaft rechnet mit Stellenabbau
Die IG Metall ist so sauer, dass sie heute, während der laufenden Osram-Pressekonferenz, eine empörte Pressemitteilung verschickte: "Kein Kaputtsparen bei Osram!", rief darin Klaus Abel, Unternehmensbeauftragter der IG Metall. Osram plane, 800 von 5600 Arbeitsplätzen in Deutschland abzubauen. Eine Übernahme durch AMS vergrößere Osrams Probleme zusätzlich. Man sei strikt dagegen. Osram-Chef Berlien kommentierte diese fundamentale Gegenposition überraschenderweise so:
"Für mich ist das gar kein Konflikt. Wir haben bei dieser Zusammenarbeitsvereinbarung mit AMS gemeinsam an einem Strang gezogen."
Am 5. Dezember endet die Annahmefrist für das Übernahmeangebot von AMS. Wenn die Österreicher dann 55 Prozent der Osram-Aktien kontrollieren, behält Sänger Wolfgang Ambros mit seinen Worten Recht:
"Langsam wachs’ mer zamm!"