Donnerstag, 28. März 2024

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Ostern in Ost- und Westkirchen
Wird das Osterdatum reformiert?

Die orthodoxen Kirchen feiern Ostern in diesem Jahr erst rund einen Monat nach den westlichen Kirchen. Denn beide folgen unterschiedlichen Kalendern. Schon lange versucht man, die Ostertermine zu vereinheitlichen. Kalendarisch wäre die Gelegenheit günstig – doch bald könnte es zu spät sein.

Assaad Elias Kattan im Gespräch mit Christian Röther | 30.04.2021
Ein bunter russischer Osterkuchen
Ein Osterkuchen in einer Bäckerei auf der Krim (IMAGO / ITAR-TASS)

Warum haben Ost- und Westkirchen unterschiedliche Ostertermine?

Der orthodoxe Theologe Assaad Elias Kattan erklärt: Grund dafür ist die gregorianische Kalenderreform aus dem Jahr 1582. Damals hat Papst Gregor der XIII. verfügt, dass der Kalender der katholischen Kirchen reformiert wird, weil man festgestellt hatte, dass der bislang verwendete julianische Kalender eine fehlerhafte Regelung für die Schaltjahre aufwies und daher nicht exakt mit dem Sonnenjahr übereinstimmte.
Nach der katholischen Kirche übernahmen auch die evangelischen Kirchen den gregorianischen Kalender, der in westlichen Ländern bis heute gilt und der weltweit meistgebrauchte Kalender ist. Die orthodoxen Kirchen lehnten die Kalenderreform jedoch ab und berechneten ihre Feiertage weiterhin nach dem julianischen Kalender. Deshalb feiern sie Ostern meistens an einem anderen Tag als evangelische und katholische Kirchen.

Warum wäre das Jahr 2025 eine "gute Gelegenheit" für eine Reform des Oster-Termins?

Befürworter einer Reform nennen dafür zwei Gründe. Zum einen steht ein Jubiläum an: Vor 1700 Jahren, im Jahr 325, hat sich die Kirche beim Ersten Konzil von Nicäa schon einmal auf einen gemeinsamen Ostertermin geeinigt. Dieser gemeinsame Termin hatte allerdings nicht bis heute Bestand. Zum anderen fallen die Ostertermine in Ost- und Westkirchen im Jahr 2025 ohnehin auf dasselbe Datum, nämlich auf den 20. April. Im 21. Jahrhundert wird es noch weitere gemeinsame Ostertermine in Ost- und Westkirchen geben, danach rücken die Kalender weiter auseinander.
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"Im Grunde bildet dieses Jahrhundert unsere letzte Chance, dass wir uns über die Frage des Osterdatums verständigen", meint Assaad Elias Kattan, Professor für orthodoxe Theologie an der Universität Münster. "Sonst wird es ein Ding der Unmöglichkeit sein, dass wir Ostern im 22. Jahrhundert zusammen feiern könnten," sagte Kattan im Dlf.

Wie sind frühere Reformversuche des Ostertermins ausgegangen?

Schon im Jahr 1923 hat man versucht, die Ostertermine zu vereinheitlichen. Einige orthodoxe Kirchen übernahmen damals den gregorianischen Kalender, andere allerdings nicht. "Das hat damals zu Kirchenspaltungen geführt", erklärt Kattan. Seit den Reformen von 1923 unterteilen sich die orthodoxen Kirchen in Altkalendarier und Neukalendarier.
"Viele Menschen in den Leitungen der orthodoxen Kirchen haben große Angst vor weiteren Kirchenspaltungen", so Kattan mit Blick auf neuerliche Reformversuche. "Ich halte eine Einigung auf einen Ostertermin deshalb für unwahrscheinlich, obwohl ich mir wünsche, dass diese Bemühungen zu einem positiven Ergebnis führen." Im Jahr 1997 hat zudem der Ökumenische Rat der Kirchen, der auch als Weltkirchenrat bekannt ist, zusammen mit dem Kirchenrat des Nahen Ostens versucht, auf einen gemeinsamen Ostertermin aller christlichen Kirchen hinzuwirken. Und 2015 sprach sich auch Papst Franziskus dafür aus. Bislang hatten diese und ähnliche Initiativen aber keinen Erfolg.

Wie wird der Ostertermin berechnet?

In allen Kirchen gilt bis heute die Regel, die im Jahr 325 auf dem Konzil von Nicäa beschlossen wurde: Ostersonntag ist der erste Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling, wobei der Frühlingsbeginn auf den 21. März festgelegt wurde. Der früheste mögliche Ostertermin ist damit im gregorianischen Kalender der 22. März, der späteste mögliche Termin für den Ostersonntag der 25. April.
Beispiel für das Jahr 2022 im gregorianischen Kalender: Der erste Vollmond nach dem 21. März ist am 16. April, deshalb feiern die Westkirchen Ostern im Jahr 2022 am Sonntag, den 17. April.
Da der julianische Kalender inzwischen aber um 13 Tage vom gregorianischen Kalender abweicht, feiern die Ostkirchen Ostern meistens einige Tage später als die Westkirchen.

Wer ist für einen gemeinsamen Ostertermin aller Kirchen, wer ist dagegen?

Die neue Initiative wurde vom orthodoxen Ökumenischen Patriachat von Konstantinopel angestoßen. Widerspruch kam aus der Russisch-Orthodoxen Kirche.
"Derzeit ist die Lage zwischen der Kirche von Konstantinopel und der Kirche von Moskau ziemlich angespannt – wegen der Lage in der Ukraine", erklärt der orthodoxe Theologe Kattan. "Das ist auch der Grund, weshalb Moskau sehr negativ reagiert hat auf den Vorschlag aus Konstantinopel."
Es gilt zudem als unwahrscheinlich, dass die russische und andere orthodoxe Kirchen doch noch den gregorianischen Kalender einführen.

Welcher Ostertermin könnte ein Kompromiss sein?

Der Ökumenische Rat der Kirchen und der Kirchenrat des Nahen Ostens haben 1997 vorgeschlagen, die Terminberechnung des Konzils von Nicäa beizubehalten, allerdings weder den gregorianischen noch den julianischen Kalender zu verwenden. So müsste keine Kirche den Kalender einer anderen Kirche übernehmen.
"Der Vorschlag besagt, dass man den Frühlingsvollmond einfach nach den Erkenntnissen der modernen Astronomie berechnet", sagt Assaad Elias Kattan. "Meiner Ansicht nach handelt es sich um einen sehr vernünftigen Vorschlag, aber bisher haben sich die Kirchen auf diesen Vorschlag leider noch nicht eingelassen."