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Ostsee-Pipeline
Dänemark mauert: Nord Stream 2 muss verlegt werden

An Nord Stream scheiden sich die Geister. Befürworter sehen in der Erdgas-Pipeline eine Lösung für mögliche Energie-Engpässe in Europa. Gegner warnen davor, sich von Russland abhängig zu machen. So sieht es auch die Regierung Dänemarks. Deswegen muss Nord Stream 2 verlegt werden.

Von Kai Schlüter | 02.07.2019
Das Verlegeschiff "Audacia" des Offshore-Dienstleisters Allseas verlegt in der Ostsee vor der Insel Rügen Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2.
Ein Schiff verlegt vor Rügen Rohre für die Gas-Pipeline Nord Stream 2. (dpa / Bernd Wüstneck)
Enttäuscht teilte Unternehmenschef Matthias Warnig schriftlich mit: "Wir sehen uns zu diesem Schritt verpflichtet, da die dänische Regierung in den zwei Jahren seit der Antragstellung keinen Hinweis auf eine Entscheidungsfindung gegeben hat." Soll heißen: Dänemark mauert. Dänemark will die Leitung nicht und spielt auf Zeit.

Skepsis auch bei anderen Ostsee-Anrainern
Wie die anderen Ostseeanrainer Finnland, Schweden und Polen hat Dänemark politische Vorbehalte. Durch die Leitung käme das Gas aus Russland an allen anderen Anrainerstaaten vorbei direkt nach Deutschland.
Die Abhängigkeit Deutschlands und der Europäischen Union von russischem Gas würde steigen, sagt etwa die konservative dänische Europa-Abgeordnete Pernille Weiss: "Es macht absolut keinen Sinn, für eine Energieunion zu stimmen und politisch darauf hinzuarbeiten, dass die EU Selbstversorger wird, und dann North Stream 2 zuzulassen."

Trump droht mit Sanktionen
Und die Ukraine würde geschwächt. Heute fließt russisches Gas durch die Ukraine nach Europa. Auf die Durchleitungsgebühren ist das Land finanziell angewiesen. Mit Nord Stream 2 könnte Russland das Gas für Europa an der Ukraine vorbei direkt nach Deutschland leiten. Die Ukraine hätte das Nachsehen.
Und Dänemark hat Angst vor dem großen Bruder USA. US-Präsident Donald Trump hat Ländern mit Sanktionen gedroht, die mit Russland bei der Gasleitung zusammenarbeiten.

Im großen Bogen an Bornholm vorbei
Nord Stream hält aber an der zweiten Direktleitung fest und will sie bereits zum Jahresende in Betrieb nehmen. Finnland, Schweden, Deutschland und Russland haben für ihre Seegebiete bereits die Baugenehmigungen erteilt. 1.000 der insgesamt 1.200 Kilometer Leitung sind bereits verlegt. Die Zeit drängt.
Nun will Nord Stream die Leitung in einem größeren Bogen um Bornholm herum verlegen. Damit wäre das dänische Hoheitsgebiet umgangen. Allerdings führt die Leitung dann immer noch durch die dänische Wirtschaftszone in der Ostsee. Dänemark könnte den Weiterbau der Leitung aber nicht mehr durch Nichtstun blockieren. Jetzt gilt das internationale Seerecht.
Gazprom: Dänemarks importiert viel russisches Gas
Der neue dänische Außenminister Jeppe Kofod von den Sozialdemokraten gibt sich schmallippig. Schriftlich ließ er mitteilen, es sei Nord Streams eigener Beschluss gewesen, den Antrag zurückzuziehen. Eine Bewertung der neuen Trasse in außenpolitischer Hinsicht sei nicht angebracht. Dänemarks Signal an die USA: Wir wollen die Leitung nicht und haben versucht, sie zu verhindern. Und an Deutschland und Russland: Macht doch, aber ohne uns.
In den vergangenen fünf Jahren hat Dänemark übrigens – nach Angaben der Nord Stream-Muttergesellschaft Gazprom – seinen Einkauf von russischem Gas versechsfacht.