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Outdoor-Branche
Verbraucher kritisieren Hersteller wegen Billiglöhnen

Atmungsaktiv, superleicht und Wasser abweisend: So wünschen sich Verbraucher ihre Outdoor-Kleidung. Viele achten beim Kauf vermehrt darauf, ob die Produkte auch unter fairen Arbeitsbedingungen, umweltschonend und nachhaltig hergestellt werden.

Von Thomas Wagner | 10.07.2014
    Blick in eine Textilfabrik in der Region um Sukabumi, die eine der großen Arbeitgeber in der Region ist und circa 1500 in der Hauptsache Arbeiterinnen beschäftigt. Aufnahme vom 11.09.2008
    Die Herstellung von Outdoor-Produkten in Billiglohnländern wie Indonesien ist Thema auf der europäischen Fachmesse "Outdoor". (dpa / picture alliance / Guido Meisenheimer)
    Rucksäcke aus Nylon- und Polyesterfasern sind von gestern, glaubt John Pearce aus Neuseeland. Der sportliche erscheinende Mittdreißiger ist Verkaufschef des neuseeländischen Rucksack-Herstellers Macpac. Die Produkte seines Hauses bestehen aus mit Wachsen veredeltem Baumwollmischgewebe. Das sei leicht und Wasser abweisend, schütze gegen UV-Strahlung und fühle sich auch noch natürlich an. Gefragt, wo diese Rucksäcke denn zusammengenäht werden, lautet die Antwort allerdings: Fernab vom Firmensitz:
    "O. K., wir sind zwar ein Unternehmen aus Neuseeland. Aber fertigen lassen wir unsere Produkte auf den Philippinen."
    Die Lohnkosten betragen dort einen Bruchteil dessen, was in Neuseeland zu zahlen wäre. Das ist bekannt. Weniger bekannt dagegen sind die Arbeitsbedingungen, unter denen die philippinischen Näherinnen an den High-Tech-Rucksäcken arbeiten.
    "Wir schauen uns die Fabriken dort mehrere Male im Jahr genau an. Also die Philippinen sind sicherlich nicht der billigste Ort, um so etwas herzustellen. In China oder Indien geht so etwas deutlich billiger. Wir haben auf den Philippinen sehr moderne Fabriken und gute Bedingungen für Arbeiter dort."
    Eine Bestätigung dafür beispielsweise durch eine unabhängige Organisation kann John Pearce allerdings nicht vorlegen – und damit ist er auf der europäischen Fachmesse "Outdoor" nicht alleine. Wir lassen unsere Schuhe in China herstellen, erklärt Frederico Sbrissa, Manager beim kanadischen Outdoor-Hersteller "Arc'teryx" –und ergänzt:
    "Die Arbeitsbedingungen sind dort, selbst wenn nur geringe Löhne gezahlt werden, ganz in Ordnung!"
    Faire Produkte an Gütesiegeln erkennen
    Auch in diesem Fall gibt es keine unabhängige Bestätigung. Die aber fragen gerade deutsche Verbraucher immer häufiger nach, nachdem die Billigtextilkette Primark in den Verdacht geraten ist, Produkte anzubieten, die unter unakzeptablen Arbeitsbedingungen entstanden sein könnten. Eine Möglichkeit besteht darin, sich an Gütesiegeln zu orientieren, die für faire Produktion stehen.
    "Ja, es gibt eine ganze Menge Siegel. Aber genau deshalb muss man aufpassen, weil es so viele gibt."
    Ralf Stefan Beppler, Outdoor-Fachjournalist aus Fürth, rät Verbrauchern, die auf faire Herstellungsbedingungen Wert legen, vor allem zur Beachtung eines einzigen Gütesiegels, herausgegeben von der:
    "Fair-Ware-Foundation. Das ist eine Multi-Steakholder-Organisation. Da ist nicht nur die Industrie vertreten. Sondern da sind auch die Arbeitnehmer vertreten. Die Gewerkschaften sitzen mit am Tisch und kontrollieren das."
    Etwa ein Drittel der in der Europäischen Fachgruppe "Outdoor"' zusammengeschlossenen Unternehmen ließen von der "Fair-Wear-Foundation" ihre Herstellerbetriebe regelmäßig überprüfen – und das nicht ganz uneigennützig: Denn immer mehr Verbraucher fordern einen unabhängigen Nachweis für faire Herstellung von Outdoor-Artikeln, der damit zu einem wichtigen Verkaufsargument werde.
    Wichtiges Verkaufsargument: Umweltschonende Herstellung
    Ein weiteres, nicht minder wichtiges Verkaufsargument: Die Produkte müssen umweltschonend und nachhaltig hergestellt sein. Eigenschaften wie atmungsaktiv, Schweiß abweisend, und super-leicht bei Rucksäcken, Schlafsäcken und Outdoor-Kleidung seien bereits in den vergangenen Jahren ziemlich ausgereizt worden.
    Deshalb achteten Verbraucher beim Kauf immer stärker auf eine umweltverträgliche Herstellung. Und das fordert vor allem die Querdenker unter den Outdoor-Unternehmen heraus. Mathias Höfer vom baden-württembergischen Hersteller Vaude mit einem Beispiel:
    "Wir sind jetzt gerade Mal an dem Projekt dran, alte Fischernetze zu recyceln. Die sind zwar aus Kunststoff, liegen aber zu Hunderten von Tonnen im Meer, schränken den Lebensraum der Fische und der Meerestiere ein. Der WWF, unser Partner, holt diese Fischernetze jetzt raus. Damit sollen neue Garne produziert werden, die wir dann wieder weiter verwenden können."
    Und schließlich macht Outdoor-Experte Ralf Stefan Beppler noch einen weiteren Trend aus, der weggeht von den supermodernen Funktionsfasern poppig designten Jacken und Schlafsäcken: Nach seiner Beobachtung entdecken immer mehr Verbraucher: Es geht auch eine Spur einfacher:
    "Und das heißt, dass die Leute einfach wieder rausgehen, mit reduzierten Sachen und versuchen, mal ein Woche draußen im Wald zu überleben, mit dem was die Natur bietet, mit einfachen Ausrüstungsgegenstände: Wie kann ich eine Nacht mal im Freien verbringen, ohne dass ich das High-Tech-Zelt brauche und den Luxus-Schlafsack? Das ist auf alle Fälle ein Gegentrend gegen das modische, alltagstaugliche Outdoor, was so ein bisschen Mainstream in den letzten Jahren geworden ist."