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Pädagoge Friedrich Fröbel
Revolutionäre Idee von Kindheit

Eine glückliche Kindheit ist ein Grundstein für ein erfülltes Leben. Vor 175 Jahren, als sich der Pädagoge Friedrich Fröbel dafür einsetzte, wurde er von seinen konservativen Gegner als unchristlich und sozialistisch diffamiert, von fortschrittlichen Geistern jedoch gefeiert. Am 28. Juni 1840 eröffnete Fröbel im thüringischen Blankenburg den ersten "Allgemeinen Kindergarten".

Von Regina Kusch | 28.06.2015
    Bad Blankenburg (Thüringen): Auf Spaziergang gehen am 30.01.2001 die Knirpse der "Käfergruppe" aus dem Kindergarten "Fröbel-Haus" im thüringischen Bad Blankenburg. Der älteste Kindergarten der Welt war 1840 von dem Pädagogen Friedrich Fröbel (1782-1852) in Bad Blankenburg als "Spiel- und Beschäftigungsanstalt" gegründet worden.
    Bad Blankenburg (Thüringen): Auf Spaziergang gehen am 30.01.2001 die Knirpse der "Käfergruppe" aus dem Kindergarten "Fröbel-Haus" im thüringischen Bad Blankenburg. Der älteste Kindergarten der Welt war 1840 von dem Pädagogen Friedrich Fröbel (1782-1852) i (picture alliance / ZB / Jan-Peter Kasper)
    "Spiel ist die höchste Form der Kindesentwicklung. Ein Kind, welches tüchtig, ausdauernd, bis zur körperlichen Ermüdung spielt, wird gewiss ein tüchtiger, ausdauernder, Fremd- und Eigenwohl mit Aufopferung befördernder Mensch."
    Nur im Spiel könne ein Kind sich selbst und die Welt erkunden: Es war eine für die damalige Zeit revolutionäre Idee von Kindheit, für die Friedrich Fröbel sein Leben lang stritt. Der Schüler des Schweizer Reformpädagogen Johann Heinrich Pestalozzi forderte ein Recht der Kinder auf Bildung, die nicht erst mit dem Schulunterricht beginnen sollte. Deshalb eröffnete er am 28. Juni 1840 im thüringischen Blankenburg für zwei bis sieben-Jährige den ersten "Allgemeinen Deutschen Kindergarten":
    "Ein Kindergarten hat das Schöne, dass man säend schon die Blüten und Früchte gewinnt. Und zwar doppelt: In sich und in den Kindern. Die Kinder sollen nicht bewahrt und nicht belehrt werden, sondern glücklich sollen sie im Sonnenlicht wachsen, erstarken und sich entwickeln."
    "Jeder Fröbelsche Kindergarten hat einen kleinen Garten dabei, und da gibt es ein gemeinsames Gärtchen aller Kinder, und dann kriegt jedes Kind noch ein eigenes, kleines Stück Land, das es selber zu betreuen hat. So wie das Kind die Pflanze pflegt, so pflegt gewissermaßen die Kindergärtnerin, der Pädagoge das kleine Kind. Beide, das kleine Kind wie die Pflanze, wollen ihr Optimum erreichen."
    Fröbel erkannte, dass Kinder gefördert werden müssen
    So der Pädagoge und Fröbelbiograf Helmut Heiland. Bis dahin hatte es im Deutschland der einsetzenden Industrialisierung nur Kinderbewahranstalten gegeben. Dort konnten Arbeiter ihre Kinder tagsüber abgeben. Die Kleinen sollten an Reinlichkeit und Ordnung gewöhnt werden, wurden gefüttert und ansonsten sich selbst überlassen. Fröbel hatte erkannt, dass Kleinkinder nicht, wie man damals glaubte, unfertige Erwachsene seien, sondern eigenständige Wesen, die ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert werden müssten. Für seine Kindergärten ließ er deshalb in einer Holzwerkstatt spezielle Bauklötze herstellen. "Fröbelgaben" nennt man diese zerlegbaren Kugeln, Würfel und Walzen.
    "Da den Kindern bekanntlich der Trieb innewohnt, alles zu zerlegen, um das Innere zu betrachten, so wird ihnen hier ein Gegenstand gereicht, durch den sie diesem Trieb genügen können. Kaum haben sie aber den Würfel zerlegt, so stellen sie wieder die Teile zum Ganzen zusammen, wodurch dann der Zerstörungs- in einen Gestaltungswillen umgewandelt wird."
    Jeder brauche, um sich gut zu entwickeln, eine glückliche Kindheit. Die hatte Fröbel selbst nicht gehabt. Der Sohn eines Pfarrers war nach dem Tod seiner Mutter von der zweiten Frau seines Vaters erzogen worden, die ihn ablehnte und ihre eigenen Kinder vorzog. Schon früh hatte er deshalb lernen müssen, sich mit sich selbst zu beschäftigen.
    "Hinter dem Pfarrhaus ist eine große Wiese und er hat sich vor allem mit dem beschäftigt, was unmittelbar zu sehen war, als da sind Steine, Blumen. Und da hat ihn relativ früh schon schon die Regelmäßigkeit der Formen interessiert. Da drückt sich, kann man sagen, eine Art Naturbegabung fürs mathematisch, gesetzmäßige Naturwissenschaftliche aus.
    Immer mehr Anhänger und Kindergärten
    Die fortschrittliche Pädagogik Fröbels fand in der Zeit der Revolutionsbewegung von 1848 immer mehr Anhänger, und binnen weniger Jahre wurden vielerorts Kindergärten eröffnet. Um seine Erziehungsideen qualifiziert umsetzen zu können, gründete Fröbel eine Schule zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen. Doch nach dem Scheitern der Revolution wurde 1851 vom preußischen Kultusministerium ein Verbot der Fröbelschen Kindergärten erlassen.
    "Kindergärten bilden einen Teil des Fröbelschen sozialistischen Systems, das auf Heranbildung der Jugend zum Atheismus gerichtet ist. Schulen und so weiter, welche nach Fröbelschen oder ähnlichen Grundsätzen errichtet werden sollen, können daher nicht geduldet werden."
    1860 wurde das Verbot wieder aufgehoben und seine Kindergartenidee verbreitete sich erfolgreich - vor allem in Amerika. All das hat Friedrich Fröbel nicht mehr erlebt. Er starb am 21. Juni 1852.
    Heute ist sein Werk in gut 40 Sprachen übersetzt, das Wort Kindergarten wurde zum weltweiten Idiom. Fröbels Erkenntnis über die Bedeutung des Spiels für die menschliche Entwicklung veränderte die erzieherische Praxis und machte ihn zum einflussreichsten Pädagogen des 19. Jahrhunderts.