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Pakistan
Doppelanschlag bei Kommunalwahlen

Pakistans Taliban haben sich nach den Wahlen zum Provinzparlament in Khyber-Pakhtunkhwa nahe Afghanistan zu einem Doppelanschlag bekannt. Neun Menschen wurden getötet, 30 verletzt. Dennoch herrscht nach mehr als einem Jahrzehnt Konflikten vorsichtiger Optimismus unter der Bevölkerung.

Von Bernd Musch-Borowska | 21.07.2019
Krankenhausmitarbeiter begutachten die Schäden, nachdem eine Selbstmordattentäterin sich in Dera Ismail Khan (Pakistan) in die Luft gesprengt hat.
Krankenhausmitarbeiter begutachten die Schäden, nachdem eine Selbstmordattentäterin sich in Dera Ismail Khan (Pakistan) in die Luft gesprengt hat. (dpa-Bildfunk / AP / Ishtiaq Mahsud)
Einen Tag nach den Regionalwahlen in der pakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, nahe der Grenze zu Afghanistan, sind bei einem Doppelanschlag mehrere Polizisten und Zivilisten getötet worden. Außerdem soll es zahlreiche Verletzte gegeben haben, berichtete der pakistanische Fernsehsender GEO TV. Über die genaue Zahl der Opfer gibt es noch keine offiziellen Angaben.
Vermutlich Tat einer Selbstmordattentäterin
Unbekannte hätten zunächst einen Kontrollposten der Polizei in der Stadt Dera Ismail Khan angegriffen und mehrere Polizisten getötet, hieß es. Als dann ein Krankenwagen die Opfer zu einem Krankenhaus brachte, sprengte sich dort eine Selbstmordattentäterin in die Luft. Bei dieser Explosion seien weitere Menschen getötet worden. Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen wurde der Anschlag von einer jungen Frau ausgeführt, sagte der zuständige Polizei-Kommandeur, Salim Riaz Khan, einem Reporter der Nachrichtenagentur AP:
"Der Selbstmordanschlag passierte in unmittelbarer Nähe zum Krankenhaus. Wir haben Körperteile des Selbstmordattentäters gefunden und es sieht danach aus, dass es eine Frau war. Wir müssen das aber noch durch forensische Untersuchungen bestätigen lassen."
Pakistanische Taliban bekennen sich zum Anschlag
Medienberichten zufolge übernahmen die pakistanischen Taliban die Verantwortung für den Doppelanschlag. Sie sprachen in ihrer Erklärung aber von einem männlichen Märtyrer. Erstmals in der 71-jährigen Geschichte Pakistans wurden gestern, in den unsicheren Stammesgebieten im Nordwesten des Landes, Vertreter für ein Provinzparlament gewählt. Die Gebiete entlang der afghanischen Grenze, in denen jahrelang islamistische Extremisten Unterschlupf gefunden hatten, waren erst im vergangenen Jahr mit einer Verfassungsänderung in die Nachbarprovinz Khyber-Pakhtunkhwa eingegliedert worden.
285 Kandidaten haben sich für die 16 Sitze im Provinzparlament beworben. Fast 35.000 Sicherheitskräfte waren zur Sicherung der Wahlen abgestellt. In die Stammesgebiete hatten sich lange Jahre Kämpfer der Terrororganisation Al-Kaida, sowie pakistanische und afghanische Taliban zurück gezogen. Das pakistanische Militär brauchte mehr als ein Jahrzehnt und mehrere Offensiven, um die Kontrolle über die Region zurückzugewinnen. Viele Extremisten wurden vertrieben oder getötet. Millionen Einwohner der Region wurden zu sogenannten Binnenflüchtlingen im eigenen Land.
Hoffnung auf Imran Khans Bewegung
Staatsbesuch des afghanischen Präsidenten Ghani beim pakistanischen Regierungschef Khan.
Staatsbesuch des afghanischen Präsidenten Ghani beim pakistanischen Regierungschef Khan (re.). (HANDOUT / PID / AFP)
Die ersten Wahlen in der Region, löste unter den Bewohnern vorsichtigen Optimismus aus. Im Fernsehen wurden lange Warteschlangen vor Wahllokalen gezeigt. Es wurde erwartet, dass die regierende "Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit" von Premierminister Imran Khan einen großen Teil der Sitze gewinnt.
Auch die sogenannte "Bewegung für den Schutz der Paschtunen" hatte Kandidaten aufgestellt. Die Paschtunen fühlen sich von der pakistanischen Regierung und den Sicherheitskräften drangsaliert. In der Region gibt es zahlreiche Kontrollposten, immer wieder werden Ausgangssperren verhängt. Die meisten Taliban und ihre Anführer sind Paschtunen.