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Palästinensische Reaktionen
Ein Hindernis für den Friedensprozess

Die Empörung über die sich abzeichnende Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem ist groß - nicht nur bei den Palästinensern. Für die kommenden Tage sind massive Proteste gegen die Entscheidung aus Washington angekündigt. Der langfristige Schaden für Stabilität und Sicherheit in der Region dürfte noch größer sein.

Von Tim Aßmann | 06.12.2017
    Zwei Palästinenser in Gaza-City fahren auf einem Motorrad, einer hält die palästinensische Flagge in die Luft.
    Palästinenser in Gaza-City (MAHMUD HAMS / AFP)
    Drei Tage des Zorns - das ist eine der ersten Reaktionen verschiedener Palästinenserorganisationen. Zunächst bis zum Freitag gilt der Aufruf zum Protest gegen die Entscheidung aus Washington. Auch die Autonomiebehörde von Präsident Abbas und damit der moderate Flügel im politischen Spektrum der Palästinenser steht hinter den Protesten. Israel hat die Sicherheitsvorkehrungen in Ostjerusalem und im Westjordanland verschärft.
    Überschreiten einer roten Linie
    Die USA haben ihre Mitarbeiter vor Ort aufgefordert, diese Gebiete zu meiden. Die Palästinenser sehen in der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und der erwarteten Anerkennung des ungeteilten Jerusalems als israelische Hauptstadt eine rote Linie. Das hatte Nabil Abu Rudeineh, der Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, mitgeteilt, nachdem Abbas von US-Präsident Trump telefonisch über dessen Plan der Botschaftsverlegung informiert worden war.
    "Unsere Position, die Position von Präsident Abbas ist sehr klar. Wenn die US-Botschaft nach Jerusalem verlegt wird, ist das ein Verstoß gegen internationales Recht und für uns inakzeptabel. Wenn es soweit kommt, macht es die Dinge schwieriger und ist ein Hindernis für den Friedensprozess, vielleicht sogar sein Ende."
    US-Anerkennung hätte Flächenbrandpotenzial
    Abbas hatte Trump in dem Telefonat vor möglichen schwerwiegenden Konsequenzen für Sicherheit und Stabilität in der Region im Falle einer Botschaftsverlegung gewarnt. Die Palästinenser beanspruchen den von Israel annektierten arabischen Ostteil Jerusalems weiter als ihre Hauptstadt und diese Forderung findet in der arabischen Welt breite Unterstützung. Eine US-Anerkennung des israelischen Anspruchs auf die ganze Stadt hat Flächenbrandpotenzial. Davor warnte auch Nabil Shaath, außenpolitischer Berater von Präsident Abbas, schon als sich die Entscheidungen aus Washington abzuzeichnen begannen.
    "Jerusalem ist für alle Muslime, alle Christen und alle Juden sehr wichtig und die einzige Lösung für Jerusalem ist die Zwei-Staaten-Lösung, die die Rechte beider Parteien sichert. Alles darunter ist destruktiv."
    "Hauptstadt des jüdischen Volkes seit 3000 Jahren"
    Deutschland, Frankreich, die Europäische Union, zahlreiche arabische Staaten – die Liste derer, die die USA eindringlich vor jedem Schritt gewarnt haben, der als eine Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt gewertet werden kann ist lang. Auch die Vereinten Nationen lehnen eine einseitige Veränderung des Status von Jerusalem ab und fordern eine Verhandlungslösung. Die israelische Regierung hatte schon im Vorfeld der Meldungen aus Washington ihren Anspruch bekräftigt. Erziehungsminister Naftali Bennet.
    "Israel wird sein Ziel einer Anerkennung des ungeteilten Jerusalems als Hauptstadt vorantreiben. Es ist die Hauptstadt des jüdischen Volkes seit 3000 Jahren und wird nie die Hauptstadt von jemand anderem sein."
    Prozess über mehrere Jahre hinweg
    Donald Trump will seine Sicht auf Jerusalem im Tagesverlauf in einer Rede selbst erläutern. Eine Verlegung der US-Botschaft könnte sich über mehrere Jahre erstrecken. Seinen Bemühungen um einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern, um den ultimativen Deal wie Trump selbst sagte, würde die erwartete Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt, wohl nachhaltigen Schaden zufügen.