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Panne mit Regierungsflieger
Bundesrepublikanisch geerdet zum G20-Gipfel

Angela Merkel wollte nach Buenos Aires und kam nur bis Bonn, zum Konrad-Adenauer-Flughafen. Während sich in der großen weiten Welt die neuen Autokraten spreizen, hängt die Kanzlerin in den Ursprüngen der Bundesrepublik fest. Es gibt vieles, was schlimmer schief läuft, meint Michael Ebmeyer.

Von Michael Ebmeyer | 30.11.2018
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlässt mit einem Regenschirm in der Hand auf dem Rollfeld des Flughafens in Köln den Kanzler-Airbus "Konrad Adenauer".
    Oje: Wegen eines technischen Defekts am Regierungsflugzeug muss Angela Merkel per Linienflug zum G20-Gipfel (dpa / Jörg Blank)
    Andere Politiker schwirren sonstwo herum, Angela Merkel bleibt auf dem Boden. So kennen wir die Bundeskanzlerin seit 2005, und so haben wir sie ins Herz geschlossen. Ja, sagen wir es offen: Wir alle haben sie ins Herz geschlossen. Und sei es erst, seitdem sich rund um die Welt in einem Land nach dem anderen irgendein Heißluftballon zum Staatschef aufschwingt. Oder spätestens seit uns die Visionen der Kandidaten für ihre Nachfolge als CDU-Vorsitzende um die Ohren fliegen. Oder allerspätestens seit gestern Abend.
    Gestern Abend wurde ein Ausfall der Kommunikationssysteme an Bord der Regierungsmaschine gemeldet. Was klingt, als würde schon wieder ein Leitartikler eine Zwischenbilanz der Großen Koalition ziehen, hatte persönliche Konsequenzen: Angela Merkel wollte zum G20-Gipfel nach Buenos Aires und kam nur bis Köln-Bonn.
    Mit "Konrad Adenauer" auf "Konrad Adenauer"
    Aber was heißt "nur"? An Bord des Flugzeugs "Konrad Adenauer" war sie auf dem Flughafen "Konrad Adenauer" gelandet, und sie hat in Bonn übernachtet, in der Konrad-Adenauer-Stadt schlechthin. Während sich in der großen weiten Welt die neuen Autokraten spreizen, hängt die Kanzlerin in den Ursprüngen der Bundesrepublik fest.
    Es gibt wahrlich vieles, was schlimmer schief läuft als dies. Inzwischen ist sie ja sogar nach Argentinien abgeflogen, mit einer Linienmaschine der Iberia und stark verkleinerter Entourage, selbst ihren Ehemann hat sie zurückgelassen. Und ja, sie verpasst in Buenos Aires einen herrlichen Frühlingstag, sonnige 23 Grad. Aber die anderen von den G20 haben auch nicht viel davon, denn sie versauern, wie man hört, in fensterlosen Sitzungssälen, damit sich bloß keiner irgendwo hinauslehnt.
    Kein Bife de Chorizo
    Viel ärgerlicher als für die Kanzlerin ist die ganz Sache natürlich für diejenigen, die aus ihrer Delegation aussortiert wurden und nun gar nicht nach Buenos Aires können, obwohl sie sich so auf den Tangoabend und das leckere Bife de Chorizo gefreut haben.
    Aber, wie gesagt, es gibt ja vieles, was schief läuft. Zum Beispiel, dass während gestern in Bonn die "Konrad Adenauer" auf "Konrad Adenauer" landete, in Berlin auf der Islamkonferenz Blutwurst vom Schwein serviert wurde. Na ja, ein kleiner Irrtum, weiter nichts – da war eben das Catering für die Islamkonferenz verwechselt worden mit dem Catering für die CDU-Regionalkonferenzen, auf denen um die Merkel-Nachfolge gerungen wird. Das kann passieren, Konferenz ist schließlich Konferenz, Kommunikation ist Kommunikation, System ist System, Ausfall ist Ausfall, und Bife de Chorizo ist ein saftiges Steak vom Rind.
    Und während die Kanzlerin, noch einmal frisch bundesrepublikanisch geerdet, in Buenos Aires einschwebt, erfahren wir erleichtert: Der Ausfall der Kommunikationssysteme war auf ein einziges Bauteil zurückzuführen, das den Geist aufgegeben hatte und bloß mal rasch ausgetauscht werden muss. Wenn wir das hören, denken wir unwillkürlich an Horst Seehofer, dessen Ministerium für die Verpflegung bei der Islamkonferenz zuständig war – aber nein. Wir denken jetzt doch lieber an den Frühling in Buenos Aires.