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Parteitag der Tories
Der Showdown naht

Auf dem Parteikongress der Konservativen in Birmingham tritt heute der frühere britische Außenminister Boris Johnson auf. Er wird Theresa May offen herausfordern, wie er vorab klar stellte. Die Rede der Premierministerin ist für morgen geplant. Trotz der teils harschen Kritik, hat sie noch Unterstützer.

Von Friedbert Meurer | 02.10.2018
    Der Schatten eines Pressefotografen ist vor dem Logo des Parteitags der Konservativen in Großbritannien zu sehen.
    Die britischen Konservativen beraten auf ihrem Parteitag über den Brexit-Kurs von Premierministerin May. (AFP / Ben Stanstall)
    Es ist nicht die Hauptbühne des Parteitags, die heute ab 14 Uhr dem früheren Außenminister Boris Johnson gehören wird. Johnson hat kein Amt mehr, sondern ist nur noch ein Hinterbänkler. Also wird er seine Rede in einem Nebensaal in Birmingham halten. Immerhin 1.000 Zuschauerplätze gibt es dort auch, aber sie werden mit Sicherheit nicht ausreichen. Johnson fordert Theresa May offen heraus, das hat er in seinen Interviews vorab klargestellt.
    "Ihre Vorschläge laufen darauf hinaus, dass wir ein Vasallenstaat und eine Kolonie der EU werden. Wir würden von Brüssel beherrscht, ohne ein Mitspracherecht zu haben. Das gab es seit der Eroberung durch die Normannen 1066 nicht mehr."
    Johnson bei Konservativen umstritten
    Boris Johnson ist bei vielen Mitgliedern beliebt, weniger aber im Establishment der Partei. Führende Konservative finden hinter vorgehaltener Hand, dass seine Angriffe auf May zu schrill und persönlich seien. Lord Jones, ehemaliger Generaldirektor des Verbands der Britischen Industrie, hielt sogar mit seiner Meinung auf offener Bühne in Birmingham nicht zurück, was er von Boris Johnson hält.
    "Er ist in Wahrheit eine abstoßende und irrelevante Person", rief der frühere Wirtschaftsboss und erhielt viel Beifall. Der Parteitag aber hat verschiedene Gesichter, unterschiedlichste Flügel. An seinem rechten Rand lädt zum Beispiel die "Bruges Group" ein, ein Think Tank, der Mays EU-Politik kategorisch ablehnt.
    "Theresa May zeigt keine Führung", sagt der Vorsitzende und der Saal tobt. Priti Patel war Entwicklungsministerin unter Theresa May, bevor sie von ihr entlassen wurde. Jetzt lässt sie an der Brexit-Politik ihrer einstigen Chefin kein gutes Haar mehr.
    "Jeder Vertrag, der uns daran hindert, wieder unser Land selbst zu kontrollieren, und jedes Abkommen, das wie Chequers aussieht, würde unsere Demokratie verhöhnen."
    May hat noch Unterstützer
    Chequers, so heißt der Landsitz der Premierministerin. Hier wurde der Vorschlag an die EU beschlossen, dass Großbritannien beim Warenverkehr im Binnenmarkt bleiben soll, sich also an die Regeln der EU halten will. "Chuck Chequers" steht auf vielen Buttons und Stickern, frei übersetzt: tretet Chequers in die Tonne!
    Premierministerin May, die am Mittwoch reden wird, erhält aber auch Unterstützung, vor allem von den Mitgliedern ihres Kabinetts wie Schatzkanzler Philip Hammond. Auch er bekommt für seinen Auftritt im Hauptsaal viel Beifall.
    "Den Brexit zu verhandeln und vorzubereiten ist eine der schwierigsten und kompliziertesten Aufgaben, die eine Regierung seit Kriegsende zu bewältigen hat. In den nächsten Wochen müssen wir zusammenhalten und uns hinter die Premierministerin stellen, um für unser Land das beste Ergebnis zu erzielen."
    Doch die Eintracht ist nur eine Wunschvorstellung. Auch wenn der Showdown naht, in den eigenen Reihen und mit Brüssel: ein Beobachter meint, die britischen Konservativen werden noch auf Jahre und über den Brexit hinaus zerstritten bleiben.