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Parteitag in Leipzig
Linke vereint im Zwist

Die Linke trifft sich an diesem Wochenende zu ihrem Bundesparteitag in Leipzig. Doch der Ton in der Partei ist seit der Bundestagswahl vergiftet. Die eigentlich wichtigen Themen werden von heftigen Machtkämpfen überschattet. Dadurch könnte auch die Wahl der Parteichefs negativ beeinflusst werden.

Von Sarah Zerback | 09.06.2018
    Die Delegierten stimmen am 10.06.2017 während des Bundesparteitages der Linken in Hannover (Niedersachsen) über Anträge ab.
    Die Partei Die Linke trifft sich in Leipzig zu ihrem Bundesparteitag (dpa /Peter Steffen)
    Ein paar wohldosierte Spitzen hat er dann doch eingebaut. Dass Sahra Wagenknecht versteht, dass sie auf sie zielen, zeigen Mimik und müdes Klatschen:
    "Seit der Bundestagswahl ist viel Kritisches zu unseren Positionen zu Flucht und Grenzen gesagt worden. Es geht dabei um nicht weniger als unser Selbstverständnis. In einer Zeit, in der gegen Flüchtlinge, Ausländer und Muslime gehetzt wird. In einer Zeit, in der das Asylrecht mit Füßen getreten wird, in so einer Zeit, muss es eine Partei geben, die nicht zuschaut, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken."
    Im Rest des voll besetzten Saales trifft Bernd Riexinger mit seiner Rede dafür einen Nerv. Offene Grenzen, Fluchtursachen bekämpfen und alle sozial Benachteiligten stützen - egal ob mit oder ohne deutschen Pass. Schon jetzt ist klar: Mehrheitlich tragen die Delegierten den flüchtlingsfreundlichen Kurs mit, den sich die beiden Parteichefs per Leitantrag bestätigen lassen wollen. Auch wenn die Debatte darum, den Ton in den vergangenen Monaten vergiftet hat:
    "Ich ärgere mich wahnsinnig, dass wir nur noch wahrgenommen werden: A gegen B. Als jemand die vor allem versucht, zum Profil mitbeizutragen, sind wir manchmal als Abgeordnete auch einfach am Rande der Nerven. Weil: Egal wie gut unsere Arbeit ist, ich lese immer nur irgendwie: Wagenknecht gegen Kipping oder was dieser oder jener irgendwo gesagt. Ich glaube, da müssen wir weg."
    Interne Streitereien und Machtspiele
    Ob das auf diesem Parteitag gelingt, da ist nicht nur Innenpolitikerin Martina Renner skeptisch. Nachdem Monate lang kaum eine Gelegenheit auslassen, im politischen Feld der jeweils anderen mitzumischen. Mobbing? Persönliche Machtspiele? Von derlei Vorwürfen, wollen allerdings weder die Fraktionschefin noch die Parteichefin etwas wissen. Beide Lager reichen den schwarzen Peter weiter - so wie Vizefraktionschefin Sevim Dagdelen:
    "Sahra Wagenknecht wird seit zwei Jahren orchestriert in eine rechte Ecke gestellt, weil sie eine andere Meinung hat in einer Sachfrage und übelst diffamiert. Ich finde dieses Mobbing gegen die beliebteste und populärste Politikerin der Linken muss aufhören, weil das schadet uns."
    15.03.2018, Berlin: Sevim Dagdelen (Die Linke), spricht im Bundestag. Auf der Tagesordnung der Parlamentssitzung stehen unter anderem die Beschlüsse zur Fortsetzung der Bundeswehreinsätze im Irak, Afghanistan, Südsudan und Darfur sowie die Abschaffung des Solidaritätsbeitrags und Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Die stellvertretende Linksfraktionschefin Sevim Dagdelen (dpa)
    Andere Themen werden von Asylpoltik überlagert
    Zumindest in dieser Analyse sind sich beide Seiten einig. Doch es ärgert viele, dass aktuell alles nur um Asylpolitik kreist. Antje Feiks, die Vorsitzende des Landesverbandes.
    "Ein humanitärer Umgang mit Geflüchteten gehört zu unserer DNA, kann aber nicht der einzige Bestandteil innerparteilicher und öffentlicher Auseinandersetzung sein. Und so richtig wie unser konkretes Handeln in Sachen Mietenpolitik, Pflegenotstand, Frieden, für Menschen in Armut ist, es muss rund werden das Bild im Gesamten, denn es geht um eine offene Gesellschaft, vielleicht um ein Bild des demokratischen Sozialismus der Zukunft. Denn nur so können wir hier in Sachsen die AfD und all die anderen Rechten langfristig stellen."
    Eine Herausforderung - nicht nur in Sachsen. Mit welchem Ton und welcher Strategie, diese Frage wird auch dieser Parteitag nicht abschließend klären. Spannend wird die Frage, wie sehr das den beiden Parteichefs schadet: "Ich gehe davon aus, dass wir gewählt werden und das freut mich sehr, weil es gab ja doch heftige Angriffe, wobei ich sagen kann: Unsere Bilanz kann sich sehen lassen. Und am Ende gilt: Gewählt ist gewählt."
    Und doch gilt am Ende auch: Die Wahl wird darüber entscheiden, ob das Spitzenpersonal gestärkt oder geschwächt aus dem Wochenende in Leipzig hervorgeht. Und wer in den nächsten beiden Jahren entscheidet, wie der Sound der Linken klingen soll.