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Mit seinem umfangreichen Beratungsangebot könnte der Hamburger Uni-AStA dem Studierendenwerk Konkurrenz machen. Allerdings möchte er aus den Problemen der Studierenden ganz konkrete politische Forderungen ableiten.

Von Swantje Unterberg | 09.11.2012
    "Ja, es gibt doch glaub ich so 'ne Studienberatung, 'ne Rechtsberatung, irgendwie unterschiedlichste Beratungen. Hab ich aber persönlich noch keine Erfahrungen mitgemacht, außer mit dem Kaffee."

    Wer sonst nichts weiß über die Studierendenvertretung der Uni Hamburg, der kennt immerhin die Beratungsangebote und das Brummen des Kaffeevollautomaten im AStA-Infocafé.

    "Ich besuch die Beratung für die BAföG-Beratung auf und ich studier an der TU Harburg, und da ist der AStA nicht so groß und es gibt da nicht so viele Angebote. Hier ist es ein bisschen besser auf jeden Fall, es ist spezieller auch, da kann einem besser geholfen werden auf jeden Fall."

    Leon sitzt an einem der sieben braunen Holztische im Infocafé. Mit den zwei Fensterfronten zum Campus ist das Café einladendes Schaufenster zum AStA-Trakt, Anlaufstelle für Fragen und Probleme der Studierenden sowie Vorraum für die Beratung.

    Rund 70 Stunden Beratung bietet der AStA wöchentlich an. Es gibt Sprechstunden für Behinderte und chronisch Kranke, studentische Steuerfragen oder psychologische Beratung. Für Studierende mit Kind gibt es eine Kinderberatung, für Freunde unkonventioneller Sexualpraktiken eine SM-Beratung. Den größten Andrang gibt es jedoch bei der Studien-, Rechts- und Sozialberatung sowie der BAföG-Beratung. Als 2007 die Studiengebühren eingeführt wurden, gab es plötzlich massiven Beratungsbedarf, sagt Franziska Quinlivan, die beim AStA für diese Themen zuständig ist.

    "Der ganze Flur war voll von Menschen, es gab nicht genügend Sitzgelegenheiten, sodass wir eben eigentlich täglich und fast rund um die Uhr Beratungen dann anbieten inzwischen. Das war früher nicht so, früher gab es drei Berater_innen für die Studien-, Rechts- und Sozialberatung, zwei für die BAföG-Beratung, jetzt sind wir ein Team von mindestens zehn Leuten."

    Die Studiengebühren wurden zwar zu diesem Semester wieder abgeschafft, doch zwei Probleme bleiben zentral, sagt Franziska Quinlivan. BAföG sei immer ein Thema, da die Studierenden gerade über das BAföG-Amt hinaus Informationen suchen. Denn das Amt berät nicht nur, sondern entscheidet auch über die Anträge. Der zweite Punkt sind die Bachelor- und Masterstudiengänge.

    "Sämtliche Prüfungsordnungen wurden eigentlich so mit recht heißer Feder geschrieben, was man daran erkennen kann, dass es da Änderungen der Änderungen der Änderungen der Prüfungsordnungen gibt oder Neufassungen. Ich meine, dass da viele normale Studierende überfordert sind, was das im Einzelnen bedeutet, ist nachvollziehbar."

    Die Berater selbst sind in der Regel angehende Juristen, die Interesse mitbringen und vor allem auch Verständnis, sich in Rechtsfragen einzuarbeiten. Die Arbeit wird bezahlt und die Berater sind nicht an die Wahlperiode des politischen AStAs gebunden, sondern verwalten sich weitgehend selbst. Kontinuität sei wichtig, da sie sich in verschiedene Themen einarbeiten müssen. Ihr Know-how ziehen sie aus den Ordnern, die sich im Beratungsraum in drei Ikea-Regalen stapeln, Koordinierungstreffen und Schulungen mit einem Anwalt. Formal angebunden ist die Beratung an das Referat für Soziales und soziale Bewegung. Maarten Thiele, dem politisch gewählten Leiter des Referats, untersteht damit einer der größten Posten im AStA-Haushalt: Die Beratung kostet knapp zehn Prozent des jährlichen AStA-Budgets von rund 800.000 Euro. Aber ist die Beratung überhaupt Aufgabe des AStAs?

    "Natürlich ist es erst mal eine Aufgabe des AStAs, auch 'ne Beratung zu stellen, die ausgelegt ist auf die Interessen der Studierenden, das ist halt die wichtige Sache, dass wir explizit ganz klar Stellung beziehen bei den Beratungen und das Beste für die Studierenden wollen. Und auf der anderen Seite ist ja auch die Beratung nur ein Teil von vielen, was den AStA halt eigentlich auch ausmacht."

    Die Parteinahme für die Studierenden schätzen auch Studenten wie Leon, der mit seinem BAföG-Problem zur AStA-Beratung kommt.

    "Ich bin nicht zur Studierendenberatung gegangen, weil ich bisher auch schon allgemein nicht so gute Erfahrung mit dem Studierendenwerk gemacht habe und das Gefühl habe, dass sie einen da nicht so gut hilfreich beraten wie hier vielleicht, weil das vielleicht hier auch ein bisschen enger ist, weil das auch mehr auf die Studenten bezogen ist."

    Zu der Parteinahme für die Studierenden tritt aber letztlich noch ein weiterer Punkt, der die Beratung politisch macht. Luise Günther vom Vorstand des AStA betont,

    "… dass wir aus den Problemen, die in der Beratung ankommen, ableiten können, wo sich was tun muss, und wo wir dann eben politisch ansetzen können. Eine Sache ist zum Beispiel die Modulfristensache. Es gibt in Hamburg Fristen, die dafür sorgen, dass Studierende ihr Studium nicht zu Ende bringen können, einfach weil sie eine Frist irgendwo verpasst haben. Und in der Angelegenheit häuften sich eben die Fälle in der Beratung, das hat dann die Beratung ans hochschulpolitische Referat weitergetragen und das hochschulpolitische Referat hat sich dann dafür eingesetzt, dass die Fristen wieder abgeschafft werden."

    Leon verlässt das Café mit der brummenden Kaffeemaschine nach der Beratung übrigens zufrieden:

    "Also ich habe eigentlich alle Fragen beantwortet bekommen, die ich gestellt habe, oder die sich mir auftaten, also das war sehr informativ und jetzt bin ich eigentlich auf jeden Fall einen Schritt weiter."