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Patientenversorgung
Lob für Spahns Sprechzeitenpläne

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will für Ärzte die Mindestzahl ihrer Sprechstunden für Kassenpatienten um fünf auf 25 Wochenstunden erhöhen. Er will damit die Wartezeiten verkürzen. Nach der Skepsis im Vorfeld mehren sich jetzt die positiven Reaktionen auf die neuen Pläne.

Von Gudula Geuther | 27.07.2018
    Eine Sprechstundenhilfe ruft einen Patienten aus dem Wartezimmer auf.
    Anreize schaffen für kürzere Wartezeiten: Mit einem neuen Gesetzentwurf will Gesundheitsminister Jens Spahn dafür sorgen, dass gesetzlich Versicherte schneller an Arzt-Termine kommen (imago / Jochen Tack)
    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte bei der Vorstellung seiner Pläne für bessere Patientenversorgung selbst von Zuckerbrot und Peitsche gesprochen. Entsprechend skeptisch waren erste Reaktionen. "Kaum noch zu überbietende Ahnungslosigkeit" hatte der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte dem Minister vorgeworfen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung befürchtete zu starke Eingriffe in den Praxisablauf. Inzwischen aber mehren sich die wohlwollenderen Stimmen. Frank-Ulrich Montgomery, der Chef der Bundesärztekammer, sprach am Morgen im Deutschlandfunk von einem guten ersten Entwurf. Und auch Eugen Brysch, Vorstand der meist kritischen Stiftung Patientenschutz, lobte im SWR: "Tatsächlich geht es in die richtige Richtung."
    Ein Element des umfangreichen Entwurfs ist die Verpflichtung für niedergelassene Ärzte, in Zukunft mindestens 25 statt bisher 20 Stunden in der Woche als Kassensprechzeiten anzubieten. Der Ärztepräsident Montgomery kritisiert hier eher den Ton als die Sache: "Die meisten Ärzte, das zeigen ja auch unsere Statistiken, arbeiten über 50 Stunden in der Woche, davon allein 38 alleine an gesetzlich versicherten Patienten. Insofern ist das ein klein wenig vielleicht der Öffentlichkeit geschuldet, dass man hier sehr plakativ von 20 auf 25 geht."
    Patientenvertreter will Kassen kontrollieren lassen
    Der Patientenvertreter Brysch entgegnet: "Ich weiß, dass es viele Ärzte gibt, die tun das schon. Aber wir wollen ja genau die Ärzte in den Blick nehmen, die das nicht machen." Aber auch er sieht noch Verbesserungsbedarf: "Was mir dabei nicht gefällt, ist natürlich, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen drauf schauen, ob das gelingt. Da wäre mir lieber, die Kassen tun das. Weil es immer besser ist, wenn nicht der Hund die Wurst bewacht, die er nicht fressen soll."
    In der Frankfurter Rundschau wendet sich auch der Vorstandsvorsitzende der KV Hessen gegen die eigene Kontrollpflicht. Eine solche Kontrolle sei gar nicht praktikabel. Nicht recht praktikabel findet Frank Ulrich Montgomery auch das Nebeneinander anderer Pläne: Auf der einen Seite will der CDU-Politiker Spahn die schon bestehenden Termin-Service-Stellen ausgebaut wissen, sie sollen auch für Haus- und Kinderärzte und in Notfällen zuständig sein. Eine ganze Reihe von Haus- und Fachärzten sollen offene Sprechstunden anbieten, ohne Terminvergabe also. Inkongruent nennt das der Ärztepräsident.
    "Der Patient muss dann leider in der Praxis lange warten. Hier beißt sich auf der einen Seite im Prinzip der Wunsch, in Termin-Service-Stellen Termine schnell zu vergeben, auf der anderen Seite wieder Patienten auf Wartezimmer und lange Wartezeiten zu verweisen."
    Langfristige Maßnahmen erwünscht
    Dafür lobt er, dass Ärzte für diese Sprechstunden mehr Geld bekommen sollen, ebenso wie für die Behandlung von Notfällen und neuen Patienten. Bisher vergüten die Krankenkassen nur ein bestimmtes Budget pro Quartal, ist das ausgeschöpft, arbeitet der Arzt sozusagen umsonst. Das soll für all diese Leistungen in Zukunft nicht mehr gelten. Mehr Geld soll es auch für Hausbesuche und die so genannte sprechende Medizin geben. Eine ganz grundsätzliche Kritik übt Montgomery trotzdem: "Da fehlt alles drin, um neue Ärzte zu erzeugen, mehr Ärzte zu erzeugen: Bessere Zulassungsbedingungen, mehr Studienplätze. Das fehlt da alles, das würde aber wirklich helfen um langfristig mehr Versorgung zur Verfügung zu stellen."
    Insgesamt könne man nun auf dieser Grundlage nachbessern, sagen der Ärzte- und der Patientenvertreter. Viel Zeit bleibt nicht. Im April kommenden Jahres soll das Gesetz in Kraft treten.