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Pau: Mehr Inhalte für PDS-WASG-Bündnis

Die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau forderte angesichts der angestrebten Zusammenarbeit ihrer Partei mit der WASG, das neue Linksbündnis müsse auch das Kürzel der PDS tragen. Zudem kritisierte sie, dass bei den Gesprächen bislang zu viel über Listenplätze und zu wenig über Inhalte geredet worden sei.

Von Stefan Heinlein | 10.06.2005
    Stefan Heinlein: "Drum prüfe, wer sich ewig bindet", PDS und linke Wahlalternative WASG wollen die politische Ehe, zumindest auf Zeit. Beide Partner wollen ihr gemeinsames Glück versuchen für die Wahlen im Herbst. Doch die Verhandlungen um den Ehevertrag sind schwierig, es droht eine schwere Geburt und das Kind hat noch keinen Namen. Die Paten allerdings stehen schon bereit: Gregor Gysi und Oskar Lafontaine - seit gestern erneut Verhandlungen und Gespräche, spätestens bis zum Wochenende soll es Ergebnisse geben. Bei mir am Telefon ist nun die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau. Frau Pau, 70 zu 30 für ein neues Linksbündnis, so bewertet ihr Genosse Bodo Ramelow die Einigungschancen. Sehen Sie das ähnlich optimistisch?

    Petra Pau: Ich sehe das ähnlich und ich habe die Nachricht von heute Nacht, dass man zumindest nicht gegeneinander antreten möchte zur Bundestagswahl, sehr positiv aufgenommen, weil wir damit ein Angebot an die Wählerinnen und Wähler haben. Sie können die Aufforderung des Bundeskanzlers am 18. September über seine Agenda 2010 abzustimmen, jetzt in die Tat umsetzen, weil die Kräfte, die nicht nur dagegen stehen, sondern eine Alternative anbieten, offensichtlich gemeinsam in die Wahl gehen.

    Heinlein: Aber gesucht wird ja noch eine Lösung, die dann auch tatsächlich wahlrechtlich stand hält und die wahrscheinliche Lösung ist ja wohl eine offene Liste unter einem geänderten Namen mit dem Logo PDS. Ist das für Sie die richtige, eine akzeptable Lösung?

    Pau: Ich habe von Anfang an das Modell der offenen Listen favorisiert, insofern finde ich das akzeptabel. Mit einem Namenszusatz, wenn er dann so beschlossen wird und auch gerichtsfest ist, macht man deutlich, dass man nach erfolgreich bestrittener, gemeinsam bestrittener Bundestagswahl darüber nachdenkt, wie Linke sich auch in einem neuen und sich entwickelnden Projekt zusammen finden. Dazu war erstens die Zeit zu kurz, zweitens, wir wissen, dass wir übereinstimmen darin, dass wir die Agenda 2010 des Bundeskanzlers, die Hartz Gesetze, die so genannte Gesundheitsreform, als Gegenentwurf zum demokratisch verfassten Sozialstaat ablehnen, aber um gemeinsam in einer Partei parlamentarisch wie außerparlamentarisch tätig zu werden, da müsste noch etwas mehr dazu kommen, deshalb bin ich froh, dass die PDS als Friedenspartei, als Partei der sozialen Gerechtigkeit, aber auch als Partei, die sich um die Bürgerrechte kümmert in den Wahlkampf zieht.

    Heinlein: Wenn ich Sie richtig verstehe, wird zu viel über Namen, über Listenplätze et cetera, geredet und zu wenig über die Inhalte eines neuen Linksbündnisses?

    Pau: Mir persönlich wurde in den letzten Tagen zu viel über Juristerei, Namen, Listenplätze geredet, wobei ich da nicht missverstanden werden will. Schlimm wäre es, wenn zum Schluss auf der linken Seite des Parteienspektrums nichts zur Wahl stände. Das heißt, es muss schon juristisch so geprüft sein, dass wir uns nicht selbst sozusagen abschaffen. Aber für ein politisches Projekt, welches auch noch attraktiv sein will, also wählbar, ist eine Ein-Punkt-Übereinstimmung zu wenig und ich weiß einfach zu wenig bei diesen politischen Partnern zum Thema Außenpolitik, zum Thema Friedenspolitik, aber auch zu anderen, für mich, als Mitglied einer sozialistischen Partei sehr wichtige Themen.

    Heinlein: Warum wollen Sie denn dann überhaupt mit der WASG zusammen gehen? Denn der Stimmenanteil bei den letzen Wahlen war ja sehr gering.

    Pau: Ich denke, das haben auch die Kollegen bei der WASG erkannt, dass sie allein den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht schaffen. Nun haben wir ja aber vorgezogene Neuwahlen und es wäre aus meiner Sicht auch mit der Erfahrung zwei zu vier in den letzten Jahren, zwei Frauen oft gegen vier Fraktionen im Bundestag, fatal, wenn zum Beispiel durch ein gegeneinander antreten der Kräfte auf der linken Seite zum Schluss zum Beispiel der PDS die 0,7 Prozent fehlen, die sie braucht, um die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Nur eine Fraktion hat eigenes Antrags- und Initiativrecht im Bundestag.

    Heinlein: Hand aufs Herz Frau Pau, Oskar Lafontaine ist wichtiger als die WASG?

    Pau: Oskar Lafontaine wird sich auf den Grundlagen dieses Verhandlungsergebnisses in den nächsten Tagen entscheiden müssen, ob er auf dieser offenen Liste der PDS antritt oder nicht.

    Heinlein: Aber Sie würden es begrüßen?

    Pau: Das Angebot steht seit Längerem. Der Parteivorsitzende der PDS, Lothar Bisky hat deutlich gemacht, dass er mit seinen programmatischen Ansätzen, nicht nur zum Thema soziale Gerechtigkeit, sondern zum Beispiel auch zum Thema gerechte Besteuerung auf den Listen der PDS und damit dann auch in einer zukünftigen Fraktion gut aufgehoben wäre. Allerdings werden wir jetzt auch nicht täglich nach Saarbrücken schauen, ob Oskar Lafontaine auftaucht, sondern ich denke, es ist Zeit, jetzt konzentriert in den Wahlkampf zu gehen und es wird sich auch Oskar entscheiden.

    Heinlein: Aber Oskar Lafontaine könnte doch derjenige Politiker sein, der der PDS zum Durchbruch im Westen verhilft, mit seiner Popularität. Das ist doch bestimmt ein Hauptgrund für das Zusammengehen.

    Pau: Ich selbst bin da sehr skeptisch, ob es von einer Person abhängt. So habe ich es auch begrüßt, dass Gregor Gysi sich bereit hält und den Wahlkreis Treptow-Köpenick in Berlin gewinnen will. Das halte ich für ganz wichtig, weil das ein Wahlkreis ist, den die PDS bisher dreimal ganz knapp verloren hat, aber auch weder mit einem Gregor Gysi, noch mit eine Oskar Lafontaine allein zieht eine Kraft mit über fünf Prozent in den Bundestag ein - Ich glaube, das überschätzen Sie ein wenig. Gemeinsam sollten wir Kräfte bündeln, um deutlich die fünf Prozent zu überspringen.

    Heinlein: Wie groß ist denn die Gefahr nach Ihrer Einschätzung, dass die PDS in einem solchen Bündnis unter einem neuen Namen vielleicht ihre ostdeutsche Identität aufgibt?

    Pau: Es wäre Etikettenschwindel zu sagen, wir schaffen uns jetzt ab und streichen das Kürzel PDS, weil der eine oder die andere dort Vorbehalte hat. Ich wäre auch gar nicht bereit, auf einer Liste zu kandidieren, wo nicht erkennbar ist, dass demokratischer Sozialismus drin ist. Sollte es möglich sein, nach der Bundestagswahl ein neues Projekt unterschiedlicher, politischer, linker Kräfte zu finden, also PDS, WASG - aber es gibt auch noch andere Linke in diesem Land, die in diesen Organisationen nicht vereint sind - dann wird es notwendig sein, dass sich all diese Parteien und Organisationen verändern und vielleicht steht dann auch am Ende ein neuer Name, der diese Veränderung besser trägt. Im Moment fällt mir dieser aber noch nicht ein.

    Heinlein: Für die anstehenden Wahlen wollen Sie in jedem Fall den Namen PDS behalten. Für ein späteres Linksbündnis steht der Name, das Kürzel PDS durchaus zur Disposition?

    Pau: Das ist dann wirklich der allerletzte Schritt, wenn sich inhaltlich etwas getan hat. Das steht im Moment aber nicht auf der Tagesordnung.

    Heinlein: Ähnliche Pläne wie die PDS und die WASG haben auf der anderen Seite des politischen Spektrums auch die rechtsextremen Parteien, DVU-Kandidaten wie Gerhard Frey sollen auf offenen Listen der NPD antreten. Macht Ihnen diese Parallele Kopfschmerzen?

    Pau: Diese Parallele macht mir deshalb keine Kopfschmerzen, weil die Pläne eben nicht ähnlich sind. DVU, NPD treten ganz deutlich nicht nur gegen unser Gesellschaftssystem an, sondern mit aus meiner Sicht, menschenverachtenden Parolen, während wir WASG und PDS ein Für-Projekt hier formulieren, das heißt, wir sagen nicht nur, wir sind gegen die Agenda 2010 des Bundeskanzlers, sondern wir wollen mit Alternativen, die übrigens alle Menschen, die in diesem Land leben, nicht etwa nur die Deutschen, mit einbeziehen, antreten.