Mittwoch, 24. April 2024

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Paul Ziemiak (CDU) vor dem Parteitag
"Haben sehr starke Frauen und viele neue, frische Gesichter"

Drei ältere männliche Katholiken aus NRW stehen zur Wahl um den CDU-Vorsitz. Dass sich daraus ein Bild für die gesamte Partei ableiten ließe, kann der CDU-Politiker Paul Ziemiak nicht erkennen. Die Partei sei jünger und weiblicher geworden und hätte viele Gesichter auch mit Migrationsgeschichte, sagte er im Dlf.

Paul Ziemiak im Gespräch mit Christoph Heinemann | 15.01.2021
Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär, informiert über den kommenden Parteitag.
Paul Ziemiak im Dlf: "Die CDU ist sehr bunt." (dpa/ Britta Pedersen)
Kurz vor der Wahl zum neuen Parteivorsitzenden am Samstag (16.01.2021) bezog Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär, im Dlf Stellung zum Kandidaten-Trio Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Andere Parteien würden sich glücklich schätzen, wenn sie einen solchen Bewerberkreis hätten, sagte Ziemiak.
Die Frage, warum keine Frau darunter sei, müsse an diejenigen gerichtet werden, die sich nicht bewerben würden, so der Generalsekretär. Für das gesamte Präsidium und den Bundesvorstand gebe es beispielsweise ein breites Angebot von Bewerberinnen.
Die drei Kandidaten für den Bundesvorsitz der CDU, Armin Laschet (r), Friedrich Merz (M) und Norbert Röttgen (l) stehen nach einem Mitglieder-Talk der Jungen Union nebeneinander. 
Digitaler Parteitag der CDU - Drei Kandidaten, zwei Richtungen
Die CDU wird mit der Wahl ihres neuen Vorsitzenden auch eine Richtungsentscheidung treffen. Im Kern geht es entweder um die Fortführung der Merkel-Politik oder um die Abgrenzung von der Merkel-Politik.

"Wollen den besten Kanzlerkandidaten"

Bei den weiteren wichtigen Personalentscheidungen hätte die CDU laut Ziemiak einen klaren Fahrplan. Erst gehe es um den neuen CDU-Vorsitzenden. Dann kämen die Landtagswahlkämpfe. Und dann die Kanzlerkandidatur. "Wir wollen nicht als Erstes einen Kanzlerkandidaten haben als Union, sondern den besten", sagte der Parteifunktionär.
Ob Gesundheitsminister Jens Spahn ein Kandidat für die kommende Kanzlerschaft sei, darauf wollte sich Ziemiak nicht festlegen. Es gebe aktuell wichtigere Dinge zu entscheiden. "Wir sind in der Pandemie und darauf konzentrieren wir uns und es geht jetzt nicht darum, irgendwelche Spekulationen zu kommentieren, so sehr das auch interessant ist für diejenigen, die es beobachten. Aber Deutschland hat jetzt wirklich andere Sorgen, nämlich die Sorgen, wie kommen wir durch diese Krise, und da sind wir alle gefordert", so Ziemiak.
Die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz Friedrich Merz, Armin Laschet (M) und Norbert Röttgen (l) stehen vor Beginn einer Diskussionsrunde im Konrad-Adenauer-Haus. Vor der Wahl des CDU Bundesvorsitzenden stellen sich die Kandidaten in der per Livestream übertragenen Diskussion erneut den Mitgliedern.
Wer wird neuer CDU-Parteivorsitzender?
Beim Parteitag stehen Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Armin Laschet, der zusammen mit Jens Spahn antritt, zur Wahl. Die Coronakrise hat die Ausgangslage und Chancen der Kandidaten deutlich verändert. Ein Überblick

Das vollständige Interview im Wortlaut:
Christoph Heinemann: Herr Ziemiak, drei Männer bewerben sich. Welches Signal senden Sie damit an Frauen?
Paul Ziemiak: Wir senden das Signal von diesem digitalen Parteitag, dass wir die erste Partei sind, die überhaupt einen Vorstand wählt auf einem digitalen Parteitag und dass wir drei sehr gute Bewerber haben. Und der Vorstand besteht nicht nur aus dem Vorsitzenden, sondern einem ganzen Team, und wir haben sehr starke Frauen mit viel Erfahrung und auch viele neue, frische Gesichter.

"CDU - Spiegelbild der Gesellschaft"

Heinemann: Und warum kandidiert keine dieser Frauen für den CDU-Vorsitz?
Ziemiak: Das müssen Sie diejenigen fragen, die nicht kandidieren. Das ist ja nicht eine Frage, die ich für jede mögliche Kandidatin beantworten kann. Ich bin froh, dass wir so ein breites Angebot haben im Präsidium und im Bundesvorstand von Kandidatinnen, die sich dort bewerben.
Heinemann: Breites Angebot: Drei ältere männliche Katholiken aus Nordrhein-Westfalen stehen zur Wahl. Wie bunt ist die CDU?
Ziemiak: Die CDU ist sehr bunt. Wenn Sie sich auch noch mal alle Kandidatinnen und Kandidaten anschauen: Wir sind jünger geworden, wir sind auch weiblicher geworden in der Vergangenheit und wir haben jetzt mittlerweile viele Gesichter auch mit Migrationsgeschichte. Insofern ist die CDU eine Partei, die wirklich auch ein Spiegelbild der Gesellschaft ist. Und wenn man katholisch ist – ich bin es auch -, ist das jetzt ja auch nicht so schlimm.
Die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz: Norbert Röttgen (l-r), Armin Laschet und Friedrich Merz sitzen nach einer Diskussionsrunde im Konrad-Adenauer-Haus. Vor der Wahl des CDU-Bundesvorsitzenden stellten sich die Kandidaten in der per Livestream übertragenen Diskussion den Mitgliedern.
Neuer Vorsitzender gesucht - Vor CDU-Parteitag (04:35)
Seit fast einem Jahr sucht die CDU nach einer neuen Führung. Wegen Corona befinden sich die drei Kandidaten für den Vorsitz im Dauer-Wahlkampf. Eine schier endlose Casting-Show – meistens digital.
Heinemann: Aber das Spiegelbild der Gesellschaft spiegelt sich nicht bei den Kandidaten für den Parteivorsitz wider. Oder doch?
Ziemiak: Ja, es ist eine Spitzenposition, für die es jetzt drei Bewerber gibt und nicht 25, und insofern kann ich für die Partei sagen, wenn andere Parteien so eine Auswahl hätten, dann würden sie sich glücklich schätzen.

"Machen Dinge so, wie vereinbart"

Heinemann: Sollten die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für die CDU schiefgehen, dann marschiert der neue Vorsitzende gleich angeschlagen in das Rennen um die Kanzlerkandidatur. Wieso wird das nicht früher entschieden? Wieso erschwert die CDU dem künftigen Vorsitzenden und möglichen Kanzlerkandidaten den Start?
Ziemiak: Weil wir die Dinge so machen, wie wir es vereinbart haben. Erst mal wählen wir einen neuen CDU-Vorsitzenden. Dann konzentrieren wir uns auf die Landtagswahlkämpfe und wollen diejenigen, die kandidieren, unterstützen. Und dann sprechen wir über die Kanzlerkandidatur. Wir wollen nicht als erstes einen Kanzlerkandidaten haben als Union, sondern den besten, und insofern haben wir einen klaren Fahrplan. Aber unabhängig jetzt von Parteitagen und Wahlkämpfen sind wir jetzt in einer schweren Krise durch die Corona-Pandemie und darauf legen wir unseren Fokus. Übrigens auch gestern in den Sitzungen von Präsidium und Bundesvorstand ging es mehr um die aktuelle Lage in Deutschland, um die Lage der Menschen, und nicht um Parteipolitik.
Heinemann: Trotzdem kann passieren, dass der künftige Vorsitzende am 14. März den Wählerinnen und Wählern und der Partei erklären muss, warum ein möglicherweise schlechtes Wahlergebnis im Südwesten nichts mit ihm zu tun hat – erstens -, und zweitens, dass er trotzdem ein geeigneter Kandidat für das Kanzleramt ist. Wieso belastet die CDU den eigenen Vorsitzenden dermaßen?
Ziemiak: Wenn ich jetzt auf die Landtagswahlen schaue, sowohl in Rheinland-Pfalz, auch in Baden-Württemberg, habe ich ein sehr gutes Gefühl und sehe eine absolut motivierte Truppe vor Ort mit tollen Spitzenkandidaten, mit Susanne Eisenmann als Kandidatin in Baden-Württemberg und Christian Baldauf in Rheinland-Pfalz. Insofern teile ich diese Einschätzung nicht und auch nicht diese Sorge, sondern wir freuen uns auf diese Wahlkämpfe.

"Jetzt geht es um die Bewältigung der Pandemie"

Heinemann: Und wenn es schiefgeht?
Ziemiak: Das sehe ich jetzt nicht. Aber jetzt kämpfen wir, um gemeinsam zu gewinnen. Das ist der Anspruch der Union und dafür werden wir alles geben, sowohl der neue Vorsitzende als auch ich persönlich.
Heinemann: Herr Ziemiak, wieso lotet Jens Spahn zurzeit seine Chancen auf die CDU/CSU-Kanzlerkandidatur aus?
Ziemiak: Ich habe ihn jetzt erlebt als Gesundheitsminister, der sich voll auf die Krise konzentriert. Darum geht es jetzt. Da sind wir alle gefordert. Parteipolitik muss auch stattfinden, gar keine Frage, auch Demokratie in einer Partei. Aber jetzt geht es um die Bewältigung der Corona-Pandemie und jeder ist gefordert, und daran arbeitet auch Jens Spahn.
Heinemann: Und wieso lotet er seine Chancen aus zurzeit?
Ziemiak: Das habe ich so nicht wahrgenommen. Aber Fragen an Jens Spahn müssen Sie an Jens Spahn richten.
Heinemann: Haben wir schon gemacht, und zwar am vergangenen Dienstag mein Kollege Dirk-Oliver Heckmann im Gespräch mit Jens Spahn, und wir wollen hören, was er gesagt hat.
Heckmann: Sie werden dafür antreten. – Sie selbst, schließen Sie eine Kandidatur als Kanzler aus? Sie sollen ja nach Medienberichten kräftig sondiert haben in den letzten Tagen.
Spahn: Es wird viel berichtet in den verschiedenen Medien.
Heckmann: Stimmt alles nicht?
Spahn: Ich kandidiere als stellvertretender Vorsitzender, Herr Heckmann.
Heckmann: Und dabei bleibt‘s?
Spahn: Dabei bleibt’s!
Heckmann: Und Sie schließen eine Kandidatur aus?
Spahn: Wir sind mitten in der Pandemie. Wir haben gerade über echt ernste Themen geredet. Und Sie versuchen jetzt ein ums andere Mal, mir irgendwie ein Zitat aus den Fingern zu locken. Ist alles okay. Stand heute schließe ich das aus.
33D-Modell des Coronavirus SARS-CoV2

"Deutschland hat jetzt wirklich andere Sorgen"

Heinemann: Herr Ziemiak, war das ein Nein, oder bedeutet der Zusatz "Stand heute" nein, aber?
Ziemiak: Die Antwort war doch die, die auch jetzt die richtige ist. Wir sind in der Pandemie und darauf konzentrieren wir uns und es geht jetzt nicht darum, irgendwelche Spekulationen zu kommentieren, so sehr das auch interessant ist für diejenigen, die es beobachten. Aber Deutschland hat jetzt wirklich andere Sorgen, nämlich die Sorgen, wie kommen wir durch diese Krise, und da sind wir alle gefordert.
Heinemann: Könnte Spahn Kanzler?
Ziemiak: Jeder, der in dieser schwierigen Situation eine so verantwortungsvolle Aufgabe wahrnimmt, ob die Ministerpräsidenten, die Bundesminister, die haben alle natürlich das entsprechende Rüstzeug zu vielen anderen auch Spitzenämtern.
Heinemann: Herr Ziemiak, was ist für die CDU strategisch wichtiger, der AfD das Leben schwermachen oder nach links anschlussfähig bleiben?
Ziemiak: Das Wichtigste für die Union ist, sich nicht mit den politischen Mitbewerbern in erster Linie auseinanderzusetzen und daran ihr Programm auszurichten, sondern wir müssen sagen, unabhängig von den politischen Mitbewerbern, was halten wir für richtig, wie wollen wir, dass Deutschland in der Mitte bleibt, was heißt für uns moderne Volkspartei von morgen. Wir kämpfen deshalb, dass die Union so stark wie möglich wird bei der anstehenden Bundestagswahl, und wir werden deutlich machen, welchen Plan wir auch haben für die nächsten Jahre, nicht nur für die Tage nach dem Wahlkampf, sondern für die zukünftigen Jahre, für ein starkes Deutschland. Darum wird es gehen und nicht die Auseinandersetzung nur mit den Programmen anderer, sondern eigene Stärke und eigene Positionierung.
Heinemann: Wie bleibt Deutschland denn in der Mitte?
Ziemiak: Indem wir klarmachen, dass wir gerade jetzt mit Blick auch auf andere Länder sehen, was es heißt, eine Gesellschaft zusammenzuhalten und was unterscheidet uns von anderen. Wir sehen das sowohl als auch, nicht das entweder oder, nicht Schwarz-Weiß-Denken. Man muss auch in der Politik Kompromisse schließen und nicht einzelne Themen auch gegeneinander ausspielen. Das unterscheidet uns von anderen und hat Deutschland bisher gut durch die Zeit geführt.

"AKK bleibt stark im Kabinett"

Heinemann: Herr Ziemiak, zurück zu den Frauen. Was wird aus Annegret Kramp-Karrenbauer?
Ziemiak: Sie ist Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine sehr geschätzte Ministerin der Union und darauf sind wir stolz. Und das bleibt sie ja auch nach diesem Parteitag. Jetzt wählen wir einen neuen Vorsitzenden. Sie gibt das Amt als Parteivorsitzende auf, bleibt aber stark im Bundeskabinett und wird sich natürlich weiterhin einbringen in der CDU.
Heinemann: Im kommenden Jahr findet die Bundesversammlung statt. Wäre sie eine gute Bundespräsidentin?
Ziemiak: Jetzt fragen Sie mich schon nach dem Bundespräsidenten, nach der Bundesversammlung. Jetzt haben wir erst mal den digitalen Parteitag. Dann beraten wir über die Kanzlerkandidatur und dann schauen wir weiter.
Heinemann: War das jetzt ein Ja oder ein Nein?
Ziemiak: Das war eine klare Antwort, dass man die Dinge priorisieren muss, und jetzt steht der Parteitag an, die Bekämpfung der Corona-Pandemie, und dann machen wir sicherlich davor noch mal ein Interview im Deutschlandfunk.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.