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Pay-TV auf Raten

Im Zuge der Digitalisierung von Antennenfernsehen, Kabel und Satellit werden immer häufiger auch eigentlich frei empfangbare Privatsender mit einer sogenannten Grundverschlüsselung ausgestrahlt. Jüngstes Beispiel: der Start von RTL über DVB-T in Mitteldeutschland. Verbraucherschützer befürchten die Einführung von Bezahlinhalten durch die Hintertür.

Von Stefan Römermann | 12.12.2009
    Mit viel Presserummel ging es los. Ähnlich wie einige Wochen zuvor schon im Raum Stuttgart startete in der Region Leipzig-Halle am Montag das neue Programmpaket Viseo über das digitale Antennenfernsehen DVB-T, sagt Andre Prahl von RTL Deutschland.

    "Das sind die bekannten Free-TV-Sender RTL Television, Vox, Super RTL und RTL 2. Und zusätzlich, ganz neu auch zwei Pay-TV-Programme aus unserer Gruppe, nämlich die Sender RTL Crime und Passion."

    Während die zuständigen Landesmedienanstalten und RTL Viseo als ein neues "innovatives Geschäftsmodell" loben, sind Medienexperten skeptisch. Denn das Pay-TV über Antenne soll ausschließlich auf die Regionen Leipzig/Halle und Stuttgart begrenzt bleiben. Geld verdienen lasse bei einer so kleinen Zielgruppe nicht, sagt der Leipziger Medienwissenschaftler Rüdiger Steinmetz:

    "Diese begrenzten Projekte werden sich nicht tragen können. Das ist relativ sicher. Und das ist sicherlich auch nicht der Sinn dieser Projekte, sondern der Sinn ist etwas auszuprobieren, was man auf breiter Fläche dann umsetzten will."

    Ausprobiert werden solle vor allem die Akzeptanz der sogenannten Grundverschlüsselung, erklärt Steinmetz. Denn anders als bisher beim Antennenfernsehen üblich, verschlüsselt Viseo nicht nur die beiden Pay-TV-Programme, sondern auch die eigentlich frei empfangbaren Sender wie RTL oder VOX.

    Die meisten Kunden werden das allerdings kaum mitbekommen. Weil gleichzeitig ein neuer Kompressionsmechanismus eingeführt wird, müssen die Kunden für Viseo nämlich sowieso einen neuen Receiver kaufen - und dem liegt die entsprechende Entschlüsselungskarte schon bei, erklärt Martina Rutenbeck von der Firma Eutelsat, die das Programmpaket für RTL vermarktet:

    "Die muss ich nur in den Receiver schieben und das Gerät ans Stromnetz anschließen. Und das ist es dann auch schon. Das heißt: Für die Free-TV-Programme wird im Prinzip nur der Endgerätepreis fällig."

    Hinter den Kulissen arbeiten die großen Privatsender schon seit Jahren daran, die Grundverschlüsselung möglichst flächendeckend einzuführen. Beim Umstieg auf das digitale Kabelfernsehen hat das bereits geklappt. Nächstes Ziel ist Grundverschlüsselung der Satellitenausstrahlung.

    Sobald die Privatsender nur noch mit Grundverschlüsselung ausgestrahlt werden, dürfte sich der Aufwand auszahlen. Denn dann lassen sich praktisch über Nacht flächendeckende Pay-TV-Modelle in Deutschland einführen. So könnten beispielsweise Hollywood-Blockbuster oder wichtige Fußballspiele aus dem normalen Programm herausnehmen und nur per Extragebühr freischalten, erklärt Technikexperte Peter Knaak von der Stiftung Warentest:

    "Dass ich dann lediglich zum Telefon greifen muss, und dann bekomme ich eben eine Codenummer, die ich eintippe über die Fernbedienung, und sehe das Spiel - oder lasse es eben sein. Die Technik ist eben schon bei mir zu Hause. Die haben schon die Hand bei mir in der Tasche am Portemonnaie."

    Bei RTL bestreitet man solche Pläne nicht - spricht aber offiziell lieber etwas kryptisch von "langfristigen strategischen Zielen" und "neuen Businessmodellen" angesichts schwächelnder Werbemärkte.