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Perowskit-Solarzellen
Superschnelle Lichtaufnahme

Wenn Licht von einem Material absorbiert wird, dann geschieht dies in Femtosekunden - dem millionsten Teil einer milliardstel Sekunde. Forscher haben diese Prozess jetzt genau beobachtet. Sie hoffen auf neue Erkenntnisse bei der Entwicklung von Solarzellen aus Petrowskit, einem Material das genau so effizient, aber deutlich billiger als Silizium ist.

Von Frank Grotelüschen | 13.08.2015
    Arbeiter installieren Solarzellen auf einem Dach, aufgenommen am 06.03.2012 in Igersheim.
    Solarzellen könnten künftig aus Petrowskit statt Silizium gefertigt werden. (dpa picture alliance / Daniel Kalker)
    10-15 Sekunden. So unfassbar kurz währt eine Femtosekunde. Um sich das vorstellen zu können: Eine Femtosekunde verhält sich zur Dauer eines Herzschlags so wie der Herzschlag zu einer geologischen Epoche von 30 Millionen Jahren. Forscher interessieren sich für die winzigen Zeitspannen, weil sich elementare Prozesse innerhalb von Femtosekunden abspielen: Elektronen schwirren um Atome herum, springen zwischen Molekülen hin und her – und lassen dadurch chemische Bindungen zustande kommen. Ähnlich fix passiert ein anderes Phänomen, so Villy Sundström, Professor für chemische Physik an der Universität Lund in Schweden.
    "Wenn Licht von einem Material absorbiert wird, laufen die ersten Prozesse blitzschnell ab. Bei der Lichtaufnahme werden Elektronen in Molekülen verschoben oder zu Nachbarmolekülen weitergereicht. Das alles passiert in Femtosekunden."
    Materialien, die möglichst effektiv Licht absorbieren, braucht man zum Beispiel für die Solarenergie. Silizium etwa taugt dazu. Mit Hilfe einiger Tricks wandelt es Sonnenlicht direkt in Strom um – weshalb es sich in Solarmodulen auf unseren Hausdächern findet. Doch Silizium ist nicht gerade billig, und so sucht die Fachwelt nach Alternativen. Als vielversprechende Kandidaten gelten die sogenannten Perowskite. Das sind Mineralien mit einer ganz bestimmten Kristallstruktur.
    "In kürzester Zeit, innerhalb der letzten Jahre, ist es gelungen, die Effizienz, mit der diese Materialien Licht in Strom umwandeln, erheblich zu steigern. Erst waren es nur ein paar Prozent, mittlerweile sind es 20 Prozent – also genauso viel wie die Silizium-Solarzellen auf unseren Dächern."
    Perowskite könnten deutlich billiger sein als Silizium, deshalb die Aufregung in der Fachwelt. Doch wie im Detail funktionieren sie, warum sind sie so effizient? Um das herauszufinden, mussten Sundström und sein Team sehr genau hinschauen – oder besser besagt extrem schnell.
    "Erst schießen wir einen ultrakurzen Laserblitz aufs Material. Er bringt die Reaktion in Gang. Dann schießen wir einen weiteren Blitz hinterher. Er nimmt quasi ein Bild auf. Indem wir die Abstände zwischen dem ersten und dem zweiten Blitz variieren, können wir für jeden Zeitpunkt der Reaktion einen Schnappschuss machen. Das Ergebnis ist eine regelrechte Filmaufnahme, ein molekularer Film."
    Das Entscheidende: Die Aufnahmen erfolgen so schnell nacheinander, dass sich das Treiben der Elektronen genauestens verfolgen lässt. Als Sundströms Team die Perowskite unter die Lupe nahm, stieß es auf ein erstaunliches Resultat.
    "Allmählich verstehen wir, warum diese Materialien derart gut sind. Wenn ein Lichtteilchen vom Perowskit absorbiert wird, bildet sich ein sogenanntes Elektron-Loch-Paar, ein Duo aus einer negativen und einer positiven elektrischen Ladung. Wir konnten beobachten, dass sich beide Ladungen überraschend schnell voneinander trennen, innerhalb von Femtosekunden. Die Ladungen fliegen regelrecht auseinander, und zwar derart rapide, dass sie keine Gelegenheit haben, zu rekombinieren, sich wieder zu zusammenzutun."
    Diese Rekombination, diese elektrische Wiedervereinigung, ist bei Solarzellen höchst unerwünscht – sie führt zu Verlusten. Bei Silizium muss man sie mühsam unterbinden, indem man es gezielt mit Stoffen wie Phosphor und Bor spickt. Dagegen haben die Perowskite eine effektive, weil blitzschnelle Ladungstrennung offenbar schon eingebaut. So jedenfalls das Ergebnis aus Schweden, von dem die Experten nun hoffen, dass es bei der Weiterentwicklung der Perowskit-Solarzellen kräftig helfen kann.