Durak: Keine Personal-, sondern eine Strategiediskussion. Das ist es, was sich die freien Demokraten letztlich nach und mit der gestrigen Präsidiumssitzung verordnet haben. Schluß also mit der Debatte um Wolfgang Gerhardt und sein selbst in den eigenen Reihen als etwas unglücklich bezeichnetes öffentliches Nachdenken über seine eigene Zukunft, auch zu den Inhalten. Guten Morgen Rainer Brüderle, stellvertretender Bundesvorsitzender, stellvertretender Fraktionschef im Bundestag.
Brüderle: Guten Morgen Frau Durak.
Durak: Wann, Herr Brüderle, beginnt die Strategiediskussion in der FDP-Führung?
Brüderle: Die gilt eigentlich permanent, daran zu arbeiten und sich damit zu beschäftigen. Damit gemeint ist aber, dass mit den Personaldiskussionen Schluß sein muß. Das ist für eine Partei schädlich. Wir haben nach den hervorragenden Wahlergebnissen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen beste Chancen, eine ganz andere Größenordnung und Zustimmung für die FDP zu erreichen. Darauf haben wir uns zu konzentrieren, zumal all die Fragen, die angesprochen werden, es gibt jetzt keine Personalentscheidung, es gibt jetzt keine Koalitionsentscheidung, alle nicht aktuell sind. Deshalb ist diese Diskussion bestimmt unverständlich gewesen und ist jetzt zu beenden.
Durak: Ihre Empfehlung: wohin soll sich die FDP inhaltlich ausrichten?
Brüderle: Konsequent nach liberaler, freiheitlicher Politik. Das heißt wir sind in der Zeit, wo die Zusammenhänge offener sind, wo man sich europäisiert, globalisiert, internationalisiert, und da stellen wir immer fest, dass wir in Deutschland zu anderen Ländern wie Holland, Schweden, England oder den Vereinigten Staaten ein Stück Rückstand bei der Anpassung an diese neue veränderte Zeit haben. Wir brauchen eine umfassende steuerliche Entlastung, damit wir mehr Dynamik im Wirtschaftsgeschehen für mehr Arbeitsplätze, für mehr Beschäftigung auslösen können. Wir brauchen eine Reform der Systeme der sozialen Sicherung, damit soziale Sicherheit auch in Zukunft gilt, und wir brauchen andere Flexibilitäten im Arbeitsmarkt. Das sagen alle Fachleute und Institute, dass die Inflexibilitäten im deutschen Arbeitsmarkt eine der Kernursachen sind für die unerträglich hohe Arbeitslosigkeit.
Durak: Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein und Jürgen Möllemann in Nordrhein-Westfalen haben Ihre Partei, Herr Brüderle, mit ihren Wahlergebnissen deutlich nach vorne gebracht. Die FDP wird nicht an diesen beiden vorbeigehen können. Sind denn deren Forderungen, auch mit der SPD zu koalieren, mehrheitsfähig?
Brüderle: Das bezieht sich ja aktuell auf Nordrhein-Westfalen. Dort haben die Wähler in der Tat ein klares Signal gesetzt. Sie wollten nicht mehr grün/rot haben. Nach den Mehrheitskonstellationen wäre die einzig denkbare realistische Alternative SPD/FDP. Dass man dafür wirbt, dass das umgesetzt wird, was die Wähler wollten, eine Fortschrittskoalition, nicht eine Koalition der Verlierer, die sich ängstlich wie die Hasen aneinanderkrallen, das ist legitim, das ist Wählerauftrag, das ist richtig. Auf Bundesebene steht derzeit überhaupt keine Koalitionsentscheidung an. Wir haben mit den Wahlsiegen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mehr Optionen, weil eben auch diese Variante, mit der SPD in eine Zusammenarbeit zu kommen, jetzt wieder denkbarer ist als früher. Nur in zweieinviertel Jahren ist die Bundestagswahl. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass sich in Berlin etwas ändert. Rot/grün wird bis zum letzten Tag in Berlin weiterwursteln. Wenn wir uns ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl mit dieser Frage beschäftigen, ob wir eine Koalitionsaussage machen, und wenn wir eine Koalitionsaussage machen, in welche Richtung wir sie machen, ist das früh genug. Man soll alles zu seiner Zeit tun. Ich halte diese Debatte für überflüssig, denn wir haben, wenn Sie auf Länderebene sehen, gleichzeitig in Baden-Württemberg eine gut funktionierende CDU/FDP-Koalition. Wir haben seit fast zehn Jahren - ich habe diese selbst mitbegründet - in Mainz eine gut funktionierende SPD/FDP-Koalition. Es war immer so, dass die FDP nicht gleichgeschaltet ist von oben nach unten, sondern dass sie unterschiedliche Optionen hatte und sie auch unterschiedlich wahrgenommen hat, weil sie eine eigenständige politische Partei ist und nicht eine CDU für schlechte Kirchgänger oder eine SPD für Nichtgewerkschaftsmitglieder.
Durak: Herr Brüderle, unsere technischen Schwierigkeiten haben wir Gott sei Dank überwunden. Die Hörer werden es dankbar entgegengenommen haben. Wir müssen dennoch auf die Schwierigkeiten innerhalb Ihrer Partei zurückkommen, was die Personalien und Führung angeht, denn Appelle haben ja die unangenehme Eigenschaft, gelegentlich auch ungehört zu verhallen. Das Präsidium hat gestern an alle innerhalb der Partei appelliert, die Personaldebatte zu beenden, aber siehe da: Möllemann soll Spitzenkandidat für die Bundestagswahl werden, Forderung eines Ihrer Abgeordneten, Hans-Michael Goldmann. Ist dies mehrheitsfähig?
Brüderle: Das ist auch heute nicht übersehbar, weil so eine Entscheidung nicht ansteht. Wir wählen im Sommer 2001, in gut einem Jahr, erneut die Bundesführung der FDP. Für mich ist daher selbstverständlich, dass der, der Bundesvorsitzender der FDP ist, auch quasi der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl sein sollte, weil von der Klarheit und Überschaubarkeit des Personalangebotes der FDP her eine solche Bündelung sinnvoll und richtig wäre und, wenn ich richtig sehe, in der Vergangenheit auch ziemlich regelmäßig der Fall war. Wenn Herr Goldmann Herrn Möllemann vorschlägt, kann sich Herr Möllemann ja auf dem nächsten Bundesparteitag vor der Partei darum bewerben, und dann muß die Partei entscheiden.
Durak: Bei den Wählern hätte Jürgen Möllemann laut einer Emnid-Umfrage 46 Prozent als Bundesvorsitzender. Wie sieht es denn in Ihrer Partei aus?
Brüderle: Wir haben da keine Umfrage gemacht. Jürgen Möllemann hat in diesem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen alles richtig gemacht. Das war hervorragend. Ich habe das selbst bei vielen Einsätzen erlebt. Das war bestens organisiert. Dass er dann nach einem solchen Wahlsieg ein hohes Ansehen hat, ist selbstverständlich. Er hat aber selbst erklärt, dass er in die Landespolitik nach Nordrhein-Westfalen hineingehen will, dass er nicht Bundesvorsitzender werden will. Deshalb hat er von sich aus Klarheit geschaffen, dass es eben nicht sein Ziel ist und dass das auch nicht seine Bereitschaft ist, sich für diese Position zu bewerben. Aber es ist hervorragend, wenn wir neben dem Bundesvorsitzenden wie Jürgen Möllemann wie auch andere so hervorragend angesehene und mit großer Zustimmung versehene Politiker haben. Das zeigt eben: die FDP hat eine große Breite, exzellente Persönlichkeiten, die für diese liberale freiheitliche Politik stehen.
Durak: Das könnten in der Breite auch andere Funktionen sein. Die Union hat getrennten Partei- und Fraktionsvorsitz, die SPD hat dies, die Grünen sowieso. Weshalb eigentlich die FDP nicht? Und dies als Information für unsere Hörer: die jungen Liberalen - so ist heute zu lesen - wollen die Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz auf dem Parteitag im Juli beantragen und in der Satzung festschreiben lassen. Wie sehen Sie denn die Chancen, Herr Brüderle?
Brüderle: Man kann dies so oder auch anders machen. Es spricht einiges dafür, dass man als Oppositionspartei, zumal als kleinere Oppositionspartei sehr wohl Funktionen gebündelt stärker mit Wirkung nach außen versehen kann. Es kann auch eine Situation sein, wozu sich die CDU jetzt offenbar entschieden hat, dass sie beides getrennt hat. Wenn Sie die Geschichte betrachten: Helmut Kohl war 18, 19 Jahre Bundeskanzler, 25 Jahre Parteivorsitzender und in seiner starken Zeit außerordentlich erfolgreich. Jetzt hat die Union das getrennt aufgrund der Affären und unterschiedliche Personen. Das würde ich nicht verabsolutieren. Das kann man in unterschiedlichen Varianten packen. Derzeit ist beides in einer Hand vereint. Wolfgang Gerhardt ist als Parteivorsitzender gewählt bis zum nächsten Sommer. Er ist auch für zwei Jahre als Fraktionsvorsitzender gewählt. Wenn dort neue Wahlen anstehen, muß man das sorgfältig abwägen, mit ihm besprechen. Aus heutiger Sicht hätte ich eher eine Präferenz für die Zusammenfassung, weil das die Wirkung nach draußen als kleine Oppositionspartei stärker machen kann, aber das ist kein Dogma, das muß man pragmatisch angehen.
Durak: Wenn das denn kein Dogma ist, Herr Brüderle, halten Sie es denn für völlig ausgeschlossen, dass Sie selbst sich mit Ihrer politischen Erfahrung um den Fraktionsvorsitz bemühen?
Brüderle: Ich halte es für gut, dass Wolfgang Gerhardt diese beiden Funktionen wahrnimmt. Mein Ehrgeiz war, dass die FDP mehr Gewicht bekommt, dass eine bessere Politik bewerkstelligt wird. Für mich ist nachrangig, welche Frau und welcher Mann an welcher Stelle für liberale Politik steht. Ich freue mich, wenn es viele gibt. Dies ist besser, als wenn nicht!
Durak: Rainer Brüderle, stellvertretender Bundes- und Fraktionschef der Freien Demokraten. - Herzlichen Dank für das Gespräch!
Link: Interview als RealAudio
Brüderle: Guten Morgen Frau Durak.
Durak: Wann, Herr Brüderle, beginnt die Strategiediskussion in der FDP-Führung?
Brüderle: Die gilt eigentlich permanent, daran zu arbeiten und sich damit zu beschäftigen. Damit gemeint ist aber, dass mit den Personaldiskussionen Schluß sein muß. Das ist für eine Partei schädlich. Wir haben nach den hervorragenden Wahlergebnissen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen beste Chancen, eine ganz andere Größenordnung und Zustimmung für die FDP zu erreichen. Darauf haben wir uns zu konzentrieren, zumal all die Fragen, die angesprochen werden, es gibt jetzt keine Personalentscheidung, es gibt jetzt keine Koalitionsentscheidung, alle nicht aktuell sind. Deshalb ist diese Diskussion bestimmt unverständlich gewesen und ist jetzt zu beenden.
Durak: Ihre Empfehlung: wohin soll sich die FDP inhaltlich ausrichten?
Brüderle: Konsequent nach liberaler, freiheitlicher Politik. Das heißt wir sind in der Zeit, wo die Zusammenhänge offener sind, wo man sich europäisiert, globalisiert, internationalisiert, und da stellen wir immer fest, dass wir in Deutschland zu anderen Ländern wie Holland, Schweden, England oder den Vereinigten Staaten ein Stück Rückstand bei der Anpassung an diese neue veränderte Zeit haben. Wir brauchen eine umfassende steuerliche Entlastung, damit wir mehr Dynamik im Wirtschaftsgeschehen für mehr Arbeitsplätze, für mehr Beschäftigung auslösen können. Wir brauchen eine Reform der Systeme der sozialen Sicherung, damit soziale Sicherheit auch in Zukunft gilt, und wir brauchen andere Flexibilitäten im Arbeitsmarkt. Das sagen alle Fachleute und Institute, dass die Inflexibilitäten im deutschen Arbeitsmarkt eine der Kernursachen sind für die unerträglich hohe Arbeitslosigkeit.
Durak: Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein und Jürgen Möllemann in Nordrhein-Westfalen haben Ihre Partei, Herr Brüderle, mit ihren Wahlergebnissen deutlich nach vorne gebracht. Die FDP wird nicht an diesen beiden vorbeigehen können. Sind denn deren Forderungen, auch mit der SPD zu koalieren, mehrheitsfähig?
Brüderle: Das bezieht sich ja aktuell auf Nordrhein-Westfalen. Dort haben die Wähler in der Tat ein klares Signal gesetzt. Sie wollten nicht mehr grün/rot haben. Nach den Mehrheitskonstellationen wäre die einzig denkbare realistische Alternative SPD/FDP. Dass man dafür wirbt, dass das umgesetzt wird, was die Wähler wollten, eine Fortschrittskoalition, nicht eine Koalition der Verlierer, die sich ängstlich wie die Hasen aneinanderkrallen, das ist legitim, das ist Wählerauftrag, das ist richtig. Auf Bundesebene steht derzeit überhaupt keine Koalitionsentscheidung an. Wir haben mit den Wahlsiegen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mehr Optionen, weil eben auch diese Variante, mit der SPD in eine Zusammenarbeit zu kommen, jetzt wieder denkbarer ist als früher. Nur in zweieinviertel Jahren ist die Bundestagswahl. Es gibt keinerlei Anzeichen, dass sich in Berlin etwas ändert. Rot/grün wird bis zum letzten Tag in Berlin weiterwursteln. Wenn wir uns ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl mit dieser Frage beschäftigen, ob wir eine Koalitionsaussage machen, und wenn wir eine Koalitionsaussage machen, in welche Richtung wir sie machen, ist das früh genug. Man soll alles zu seiner Zeit tun. Ich halte diese Debatte für überflüssig, denn wir haben, wenn Sie auf Länderebene sehen, gleichzeitig in Baden-Württemberg eine gut funktionierende CDU/FDP-Koalition. Wir haben seit fast zehn Jahren - ich habe diese selbst mitbegründet - in Mainz eine gut funktionierende SPD/FDP-Koalition. Es war immer so, dass die FDP nicht gleichgeschaltet ist von oben nach unten, sondern dass sie unterschiedliche Optionen hatte und sie auch unterschiedlich wahrgenommen hat, weil sie eine eigenständige politische Partei ist und nicht eine CDU für schlechte Kirchgänger oder eine SPD für Nichtgewerkschaftsmitglieder.
Durak: Herr Brüderle, unsere technischen Schwierigkeiten haben wir Gott sei Dank überwunden. Die Hörer werden es dankbar entgegengenommen haben. Wir müssen dennoch auf die Schwierigkeiten innerhalb Ihrer Partei zurückkommen, was die Personalien und Führung angeht, denn Appelle haben ja die unangenehme Eigenschaft, gelegentlich auch ungehört zu verhallen. Das Präsidium hat gestern an alle innerhalb der Partei appelliert, die Personaldebatte zu beenden, aber siehe da: Möllemann soll Spitzenkandidat für die Bundestagswahl werden, Forderung eines Ihrer Abgeordneten, Hans-Michael Goldmann. Ist dies mehrheitsfähig?
Brüderle: Das ist auch heute nicht übersehbar, weil so eine Entscheidung nicht ansteht. Wir wählen im Sommer 2001, in gut einem Jahr, erneut die Bundesführung der FDP. Für mich ist daher selbstverständlich, dass der, der Bundesvorsitzender der FDP ist, auch quasi der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl sein sollte, weil von der Klarheit und Überschaubarkeit des Personalangebotes der FDP her eine solche Bündelung sinnvoll und richtig wäre und, wenn ich richtig sehe, in der Vergangenheit auch ziemlich regelmäßig der Fall war. Wenn Herr Goldmann Herrn Möllemann vorschlägt, kann sich Herr Möllemann ja auf dem nächsten Bundesparteitag vor der Partei darum bewerben, und dann muß die Partei entscheiden.
Durak: Bei den Wählern hätte Jürgen Möllemann laut einer Emnid-Umfrage 46 Prozent als Bundesvorsitzender. Wie sieht es denn in Ihrer Partei aus?
Brüderle: Wir haben da keine Umfrage gemacht. Jürgen Möllemann hat in diesem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen alles richtig gemacht. Das war hervorragend. Ich habe das selbst bei vielen Einsätzen erlebt. Das war bestens organisiert. Dass er dann nach einem solchen Wahlsieg ein hohes Ansehen hat, ist selbstverständlich. Er hat aber selbst erklärt, dass er in die Landespolitik nach Nordrhein-Westfalen hineingehen will, dass er nicht Bundesvorsitzender werden will. Deshalb hat er von sich aus Klarheit geschaffen, dass es eben nicht sein Ziel ist und dass das auch nicht seine Bereitschaft ist, sich für diese Position zu bewerben. Aber es ist hervorragend, wenn wir neben dem Bundesvorsitzenden wie Jürgen Möllemann wie auch andere so hervorragend angesehene und mit großer Zustimmung versehene Politiker haben. Das zeigt eben: die FDP hat eine große Breite, exzellente Persönlichkeiten, die für diese liberale freiheitliche Politik stehen.
Durak: Das könnten in der Breite auch andere Funktionen sein. Die Union hat getrennten Partei- und Fraktionsvorsitz, die SPD hat dies, die Grünen sowieso. Weshalb eigentlich die FDP nicht? Und dies als Information für unsere Hörer: die jungen Liberalen - so ist heute zu lesen - wollen die Trennung von Partei- und Fraktionsvorsitz auf dem Parteitag im Juli beantragen und in der Satzung festschreiben lassen. Wie sehen Sie denn die Chancen, Herr Brüderle?
Brüderle: Man kann dies so oder auch anders machen. Es spricht einiges dafür, dass man als Oppositionspartei, zumal als kleinere Oppositionspartei sehr wohl Funktionen gebündelt stärker mit Wirkung nach außen versehen kann. Es kann auch eine Situation sein, wozu sich die CDU jetzt offenbar entschieden hat, dass sie beides getrennt hat. Wenn Sie die Geschichte betrachten: Helmut Kohl war 18, 19 Jahre Bundeskanzler, 25 Jahre Parteivorsitzender und in seiner starken Zeit außerordentlich erfolgreich. Jetzt hat die Union das getrennt aufgrund der Affären und unterschiedliche Personen. Das würde ich nicht verabsolutieren. Das kann man in unterschiedlichen Varianten packen. Derzeit ist beides in einer Hand vereint. Wolfgang Gerhardt ist als Parteivorsitzender gewählt bis zum nächsten Sommer. Er ist auch für zwei Jahre als Fraktionsvorsitzender gewählt. Wenn dort neue Wahlen anstehen, muß man das sorgfältig abwägen, mit ihm besprechen. Aus heutiger Sicht hätte ich eher eine Präferenz für die Zusammenfassung, weil das die Wirkung nach draußen als kleine Oppositionspartei stärker machen kann, aber das ist kein Dogma, das muß man pragmatisch angehen.
Durak: Wenn das denn kein Dogma ist, Herr Brüderle, halten Sie es denn für völlig ausgeschlossen, dass Sie selbst sich mit Ihrer politischen Erfahrung um den Fraktionsvorsitz bemühen?
Brüderle: Ich halte es für gut, dass Wolfgang Gerhardt diese beiden Funktionen wahrnimmt. Mein Ehrgeiz war, dass die FDP mehr Gewicht bekommt, dass eine bessere Politik bewerkstelligt wird. Für mich ist nachrangig, welche Frau und welcher Mann an welcher Stelle für liberale Politik steht. Ich freue mich, wenn es viele gibt. Dies ist besser, als wenn nicht!
Durak: Rainer Brüderle, stellvertretender Bundes- und Fraktionschef der Freien Demokraten. - Herzlichen Dank für das Gespräch!
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