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Peters: Energiewende nicht verantwortlich für Strompreise

Mehrere Ursachen gibt es für den Preisanstieg beim Strom. Dr. Aribert Peters, Bund der Energieverbraucher, beobachtet zum Beispiel wachsende Margen bei den Versorgern, sieht aber auch die Schuld beim Staat. Er gibt Tipps, was Verbraucher dagegen machen können.

Aribert Peters im Gespräch mit Susanne Kuhlmann | 05.04.2012
    Susanne Kuhlmann: Die Welle der Strompreiserhöhungen geht weiter. Ab Juni wird die Stromrechnung für mehrere Millionen Kunden des Energiekonzerns E.on höher ausfallen, wie der Konzern gestern mitteilte. Auch viele andere Anbieter wollen nach Auskunft des Internetverbraucherportals Check24 ihre Preise in den kommenden Monaten erhöhen, oder haben es bereits getan.

    - Sind die Kosten der Energieversorger gestiegen, ist die Energiewende schuld, warum steigen die Strompreise auf breiter Front – die Frage geht an Dr. Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher.

    Aribert Peters: Ich grüße Sie, Frau Kuhlmann.

    Kuhlmann: Hallo, Herr Peters.

    Peters: Zum einen haben die Unternehmen doch auch ihre Margen ausgeweitet. Wir können das in den letzten Monaten nachweisen, dass die Spannen, die sich die Stromversorger selber genehmigen, bei den Strompreisen höher geworden sind, nachweisbar höher. Das ist die eine Ursache sicher für die Strompreisanstiege.

    Die zweite Ursache ist natürlich, dass auch die staatlichen Aufsichtsbehörden hier versagt haben. Das heißt, in die Strompreise werden Dinge eingerechnet, die da eigentlich nicht rein gehören. Die stromintensive Industrie ist von den Netzkosten zum Beispiel befreit. Die Umlage für erneuerbare Energien, da gibt es auch sehr großzügige Ausnahmeregelungen für Großbetriebe.

    Und zum Dritten muss man sagen: Auch die Stromgroßhandelsmärkte sind unzureichend reguliert in Deutschland.

    Das alles ist bedauerlich und dadurch trägt der Staat auch eine Mitschuld an diesen Strompreiserhöhungen.

    Kuhlmann: Man muss davon ausgehen, dass die auch noch weitergehen werden?

    Peters: Ja. In den vergangenen Jahren, also seit 2002, haben wir die Beobachtung, dass Jahr für Jahr die Strompreise um fünf bis acht Prozent jährlich ansteigen, obwohl es dafür eben keine plausible Begründung gibt. Also die Energiewende kann schon gar nicht dafür verantwortlich gemacht werden, die Mehrkosten für die Energiewende sind sehr geringfügig. Also das ist sicher keine gute Erklärung dafür, dass die Strompreise jetzt wieder ansteigen. Vielmehr ist es sozusagen eine Ausrede derjenigen, die dafür die Verantwortung nicht übernehmen wollen und tatsächlich doch schuld sind.

    Kuhlmann: Welche Einflussmöglichkeiten haben Stromkunden, ihre persönlichen Kosten im Griff zu behalten?

    Peters: Die erste Möglichkeit ist natürlich, dass man den Verbrauch senkt und dadurch die Stromrechnung, obwohl die Preise steigen, im Griff behält. Die zweite Möglichkeit ist, den Stromanbieter zu wechseln. Viel zu wenig Verbraucher machen davon Gebrauch. Das ist natürlich auch nicht ganz so einfach. Man sollte natürlich da nicht auf den billigsten Anbieter hereinfallen, der dann später sehr schnell die Preise erhöht. Eine weitere Möglichkeit ist, dass man der Preiserhöhung widerspricht, weil die Preiserhöhung oft ohne vertragliche Grundlage geschieht. Das heißt, hier sollten auf jeden Fall die Verbraucher, wenn sie denn schon die erhöhten Strompreise bezahlen, diese Bezahlung unter Vorbehalt nur leisten, sodass sie später das zu viel bezahlte Geld zurückfordern können. Und die letzte Möglichkeit wäre, dass man den Strom selber macht, zum Beispiel durch eine Fotovoltaik-Anlage oder durch ein Blockheizkraftwerk.

    Kuhlmann: Manche Anbieter schlagen ja auch den Kunden vor, eine Preisbindung einzugehen, zum Beispiel für ein Jahr. Ist das etwas Sinnvolles?

    Peters: Auf jeden Fall sinnvoll natürlich, weil gerade die Billigstanbieter kurz nach Vertragsabschluss dann mit Preiserhöhungen von 30, 40, 50 Prozent kommen. Gegen solche Überraschungen sollte man sich schützen, indem man Festpreise vereinbart und dann auch guckt, dass diese Festpreise wirklich auch den gesamten Preis umfassen.

    Kuhlmann: Für viele wird der Strom in den nächsten Wochen teurer. Wie man darauf reagieren könnte, beschrieb Dr. Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Danke dafür.

    Peters: Ich danke Ihnen, Frau Kuhlmann. Tschüss!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.