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Petersberger Klimadialog
Finanzflüsse klimaverträglich lenken

Ab heute versammeln sich Vertreter aus 35 Staaten in Berlin zum siebten Petersberger Klimadialog. Die Politiker diskutieren zwei Tage lang über die weitere Umsetzung der UN-Klimakonferenz in Paris. Dabei geht es vor allem darum, globale Finanzflüsse in klimaverträgliche Bahnen zu lenken und zukünftige Investitionen an die Klimaziele anzupassen.

Von Anja Nehls | 04.07.2016
    Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hält am 18.05.2015 eine Rede auf dem Petersberger Klimadialog in Berlin. In dem Saal sitzen an einem runden Tisch die Vertreter von mehr als 35 Nationen.
    Die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hält am 18.05.2015 eine Rede auf dem Petersberger Klimadialog in Berlin. (Picture Alliance / DPA / Fabrizio Bensch)
    178 Staaten haben das Pariser Klimaschutzabkommen zwar bereits unterzeichnet, wirksam wird es aber erst, wenn es ratifiziert wurde. Das haben aber erst 19 Staaten getan. Deutschland will gemeinsam und gleichzeitig mit den anderen EU Ländern die Ratifikationsurkunde hinterlegen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will das Ratifikationsgesetz dafür am besten schon bis zur nächsten Klimakonferenz in Marrakesch im November beschlossen haben.
    Ganz wichtig ist bei der Zusammenkunft heute und morgen für die Ministerin eine neue Partnerschaft, die den Entwicklungsländern bei der Umsetzung des Pariser Abkommens helfen soll:
    "Konkret schaffen wir z.B. eine Anlaufstelle, an die sich die Regierung eines Landes mit konkreten Klimaschutzfragen wenden kann, z.B. zu Entwicklungsmodellen für erneuerbare Energien, nachhaltige Stadtentwicklung, klimaresiliente Landwirtschaft und vielem mehr."
    Das Zauberwort heißt Divestment
    Außerdem soll es darum gehen, wie private globale Finanzflüsse in klimaverträgliche Bahnen gelenkt werden können. Divestment heißt das Zauberwort, bei dem es darum geht, Gelder aus kritischen Bereichen abzuziehen, sagt Barbara Hendricks:
    "Weg von fossiler Energieerzeugung und hin zu erneuerbaren Energien, weg von der Straße und hin zur Schienen, weg von teuren Energieschleudern und hin zu energieeffizienten und auch bezahlbarem Wohnungsbau. Wir müssen alle zukünftigen Investitionen konsistent mit unseren Klimazielen machen."
    Klimabewusstsein weltweit gestiegen
    Das Bewusstsein dafür sei inzwischen in der ganzen Welt gestiegen, so Hendricks. Das bestätigt auch der indischen Umwelt- und Klimaschutzminister Prakash Javadekar. Obwohl Indien immer noch zu den Ländern auf der Welt gehört, die am meisten Energie aus der Kohle gewinnen, habe dort ein Umdenken eingesetzt:
    "Wir haben eine Steuer von sechs Dollar pro Tonne für Kohle eingeführt, das ist eine riesige Besteuerung der Kohle, das hat vermutlich kein anderes Land getan, weil wir uns dem Klimaschutz verpflichtet fühlen, und noch wichtiger, wir nutzen das Geld ausschließlich, um saubere Energien zu fördern."
    Die Frage ob Indien, wie noch in Paris angekündigt, 400 neue Kohlekraftwerke bis 2030 bauen will, beantwortet er nicht konkret, versichert aber, bis dahin den Energieanteil aus nicht fossilen Quellen von jetzt 15 Prozent auf 40 Prozent zu steigern – wobei allerdings dabei auch die Atomkraft eingeschlossen ist. Außerdem soll in Indien die Solarenergie ausgebaut werden, genauso wie die offshore Windkraftgewinnung.
    Kritiker: Entwurf für Klimaschutzplan zu unkonkret
    Der Schadstoffausstoß von Autos soll schnell und umfassend reduziert werden. U.a. sind in Indien bereits die Subventionen für SUVs und Dieselfahrzeuge gestrichen worden. Solche Signale aus anderen Ländern seien wichtig für die deutsche Automobilindustrie, findet die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks:
    "Wir kennen auch chinesische Städte, die Automobile mit Elektroantrieb unmittelbar auch mit Kennzeichen versorgen und dagegen Automobile, die eben mit Verbrennungsmotor fahren müssen sich erstmal in eine Verlosung begeben bevor sie überhaupt ein Kennzeichen bekommen. Und wenn sie denn eins bekomme müssen sie auch noch zusätzlich einen Gegenwert von rund 12.000 Euro bezahlen, um überhaupt fahren zu dürfen. Das sind Signale, die die deutschen Automobilindustrie eigentlich schon wahrgenommen haben dürfte."
    Die Umweltverbände hatten zuletzt moniert, der Entwurf für den deutschen Klimaschutzplan bis 2050 enthalte sei wenig konkret und enthalte weder einen Fahrplan für den Kohleausstieg noch eine Aufteilung der Treibhausgas-Minderung nach verschiedenen Sektoren.
    Nach dem katastrophalen Klimagipfel in Kopenhagen 2009 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel 2010 erstmals zu einem Ideenaustausch eingeladen. Inzwischen ist das Treffen etabliert.