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Pferdefleisch unter Verdacht

Im Jahr 2009 hat die EU ein Identifikationssystem für Pferde erlassen. Bei der Geburt eines Fohlens muss ein Equidenpass beantragt werden, in dem vermerkt wird, ob das Tier zur Schlachtung vorgesehen ist oder nicht. Doch ob das System lückenlos funktioniert, ist zweifelhaft.

Von Tonia Koch | 14.02.2013
    Rein statistisch gesehen ist der Verzehr von Pferdefleisch in Deutschland kaum messbar. Er liegt bei etwa 50 Gramm pro Kopf und Jahr. In aller Regel versorgen spezielle Rosschlachtereien die Kundschaft mit Steaks, Rouladen und Sauerbraten. Und wer in Pferdemetzgereien wie im saarländischen Traditionsbetrieb von Roland Niebes in Völklingen einkauft, der hat sich ganz bewusst dafür entschieden.

    "Weil ich kein Fleisch aus der Massentierhaltung mehr essen wollte, deshalb bin ich auf Pferdefleisch umgestiegen. Das ist das gesündeste Fleisch, das es gibt."

    Die geringe Nachfrage nach Pferdefleisch hat zur Folge, dass hierzulande keine Pferde speziell für die Schlachtung aufgezogen werden. Susanne Hennig Sprecherin der deutschen reiterlichen Vereinigung.

    "Wir wissen aus Österreich, dass es dort Populationen gibt, speziell aus der Haflinger-Szene, die ganz gezielt für die Gastronomie züchten, aber die große Masse an Pferdefleisch findet bei uns keine Verwendung."

    Ob ein Tier später einmal geschlachtet werden darf und das Fleisch in den Lebensmittelkreislauf gelangt, muss frühzeitig festgelegt werden. Dieser so genannte "Status zur Schlachtung" wird in einem Pass eingetragen, über den jedes Pferd verfügen soll, das hat Brüssel für die gesamte EU 2009 festgelegt. Roland Niebes.

    "Bei der Geburt des Pferdes muss ein Equidenpass beantragt werden und da muss von Anfang an reingeschrieben werden, ob das Pferd geschlachtet wird irgendwann einmal oder nicht. Wird es geschlachtet, darf es nur bestimmte Medikamente bekommen, die auf biologischer Basis sind, die sich abbauen und bevor man auf den Schlachthof kommt, kontrolliert der Tierarzt diesen Pass."

    Ob dieses System drei Jahre nach der Einführung tatsächlich lückenlos funktioniert darf bezweifelt werden. Auch in Deutschland sei nicht jedes Pferd mit einem Equidenpass ausgestattet, darauf weist die reiterliche Vereinigung hin. Grundsätzlich aber wird von der Vereinigung empfohlen, ein Pferd zur Schlachtung eintragen zu lassen. Susanne Hennig.
    "Weil es einfacher ist. Mann kann ein Pferd komplikationsfreier zum Schlachthof bringen, wenn der bittere Tag dann eines Tages einmal eintreten sollte. Man kann diese Entscheidung auch revidieren und kann sagen, ich möchte auf gar keinen Fall, dass mein Pferd auf den Schlachthof geht, diese Entscheidung kann ich dann aber nie mehr rückgängig machen."

    Im Moment handelt es sich bei der Affäre um Pferdefleisch in der Lasagne um einen Etikettierungsschwindel und damit eine Verbrauchertäuschung. Und es muss geklärt werden, wann auf dem langen Weg von Rumänien, wo die Tiere angeblich geschlachtet wurden, über Zwischenhändler in Zypern, den Niederlanden und Frankreich bis zum verarbeitenden Betrieb in Luxemburg, Pferdefleisch zu Rindfleisch wurde.

    Aber dabei wird es die EU nicht belassen. Es werden Tests vorgenommen, um das verwendete Pferdefleisch auf mögliche unerlaubte Medikamentenrückstände hin zu untersuchen.

    Im Blickpunkt steht dabei Phenylbutazon, ein Mittel, das Veterinärmediziner bei auftretenden Entzündungen verabreichen. Pferde, die in den Lebensmittelkreislauf gelangen, dürfen damit in der EU nicht behandelt werden. Erst wenn diese Ergebnisse vorliegen, wird sich zeigen, wie gut das 2009 von der EU erlassene Identifikationssystem für Equiden tatsächlich funktioniert.