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Pflichtpraktikum vor Studium
Praxisjahr für Restauratoren

Angehende Restauratoren müssen vor dem Studium oft ein Pflichtpraktikum absolvieren. Ein interdisziplinäres Angebot dafür bietet das Altenburger Praxisjahr in Thüringen: Hier können Berufsinteressierte die besondere Vielfalt der Restauration kennenlernen.

Von Mareike Wiemann | 11.02.2019
    Eine Mitarbeiterin restauriert in der Restaurationswerkstatt für brandgeschädigtes Schriftgut in Weimar ein Buch aus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek.
    Ein Restaurations-Praktikant verdient rund 325 Euro pro Monat (imago / Karina Hessland)
    Ein helles Atelier unweit des Altenburger Schlosses. Der 23-jährige Leonard Fritsch sitzt an einem großen Tisch, vor sich ein barockes Holzrelief. Es zeigt eine Szene aus der Ostergeschichte:
    "Alle Stellen, die jetzt diesen Ockerton haben, die waren weiß, weil wir es halt - so wie da - gekittet haben. Nagellöcher waren in den Profilleisten. Ja, jetzt ergänzen wir das Gold in den Rahmungen, in den Zwickeln."
    Seit September arbeitet Fritsch, der aus Leipzig stammt, in Altenburg. Restaurator werden - das ist sein Traumjob. Aber vor dem Studium muss er erst noch ein Pflichtpraktikum absolvieren. Wie auch Johanna Skrotzki aus Siegen:
    "Bei mir war dieses künstlerische Interesse ziemlich groß. Allerdings jetzt nicht irgendwie freischaffender Künstler zu werden. Aber schon sich mit Kunst zu beschäftigen und auch selber Hand anzulegen. Und diese Kombination ist hier ja gegeben."
    Insgesamt vier Praktikanten durchlaufen derzeit das Altenburger Praxisjahr, das gemeinsam organisiert wird von zwei städtischen Museen und freischaffenden Restauratoren aus der Region. Die freien Restauratoren haben verschiedene Schwerpunkte - Gemälde etwa, Skulpturen - oder Wandmalerei, wie Arnulf Dähne:
    "Das Besondere ist, dass wir das interdisziplinär aufziehen. Wir wollen ganz bewusst, dass die Leute in verschiedene Fachbereiche reingucken, in verschiedene Materialien, verschiedene Situationen - als auch in verschiedene Berufsrealitäten. Also sowohl die freiberuflichen Kollegen, die im Atelier oder auf der Baustelle ihrem Beruf nachgehen, oder eben als angestellte Restauratoren im Galeriebetrieb oder im Museum tätig sind."
    Restauratoren-Praktikum bietet Vielfalt
    Diese Vielfalt von Einsatzmöglichkeiten innerhalb des Praktikums - in der selbstständigen Arbeitswelt wie auch im Öffentlichen Dienst - ist bundesweit einmalig. So sind die Praktikanten ständig unterwegs. Sie arbeiten an konkreten Projekten oder schauen den Restauratoren über die Schulter. Dabei haben Johanna Skrotzki und Leonard Fritsch schon eine Menge gelernt.
    Dass die Chemie beim Beruf des Restaurators eine große Rolle spielt zum Beispiel - man also immer kontrollieren muss, welche Materialien wie miteinander reagieren. Und: dass jahrhundertealte Objekte oft Überraschungen in sich bergen, und Pläne angepasst werden müssen: "Man muss halt den Respekt vor der Kunst, vor der alten Kunst haben und probieren, vorsichtig zu sein, achtsam zu sein."
    Restaurieren heißt auch Verantwortung übernehmen
    Langsam streicht Johanna Skrotzki über das Holzrelief vor sich, und spürt einer kleinen Unebenheit nach. Der betreuende Restaurator Johannes Schäfer hält sich derweil im Hintergrund und ist bei Fragen ansprechbar. Einfach mal ausprobieren - das ist in dieser Branche nicht möglich. Man habe eine große Verantwortung den jahrhundertealten Objekten gegenüber, so Schäfer:
    "Natürlich sind wir als Praxisbetreuer dabei, natürlich leiten wir die Praktikanten an. Es gibt aber auch Objekte, an die ein Praktikant nicht darf. Sodass das also immer auch eine Abwägung ist. Was kann der Praktikant, was kann ich als Praxisbetreuer einschätzen, wie geeignet ist er und was hat er auch für Erfahrungen schon gesammelt?"
    Jungen Menschen aus dem In- und Ausland haben sich im letzten Durchlauf für das Altenburger Praxisjahr beworben. Alle mussten eine Bewerbungsmappe abgeben und sich anschließend im Vorstellungsgespräch präsentieren. Restaurator Schäfer und seine Kollegen hoffen, mit ihrem Engagement das Niveau der derzeitigen Ausbildung anzuheben: Durch das Praxisjahr könnten die Teilnehmer zielorientierter studieren. Wirtschaftliche Vorteile ergäben sich durch die Praktikanten nicht, betonen sie:
    Leonard Fritsch und Johanna Skrotzki empfinden sich denn auch keineswegs als billige Arbeitskräfte - trotz des Monatsgehalts von rund 325 Euro: "Es ist wirklich sehr vielseitig und man wird gut angeleitet und es ist schon was Besonderes. Dass man sich hier so entfalten kann."
    Bis Juli bleiben die jungen Restauratoren noch im Osten Thüringens. Dann schließt sich - hoffentlich - das Studium an. Die Eignungsprüfungen dafür beginnen im März.