Donnerstag, 25. April 2024


Philip Dingeldey aus Hersbruck, geboren am 7. 06.1990

Mein Name ist Philip Dingeldey, ich bin geboren am 07.06.1990 und lebe in Hersbruck (das ist in Bayern). Dieses Jahr habe ich mein Abitur gemacht und werde in der Folge Geschichte und Politikwissenschaft studieren.

06.09.2010
    Als der westliche Kapitalismus in seinem Sieg gegen den Ostblock und dem vermeintlichen Endsieg gegen den Sozialismus die DDR verschlang, kamen die Bürger dieses Staates sofort und glücklich in die neue und in allen Aspekten größer gewordene BRD, denn schlimmer als im autoritären Ostregime konnte es im neuen Deutschland auch nicht sein. Hauptsache es ging schnell! Doch das war ein Fehler, der uns auch heute noch betrifft.

    Anstatt, wie 1949 noch vorgesehen, im Falle einer Einheit eine neue Verfassung auszuhandeln – was hier die Möglichkeit geboten hätte, eine Demokratie zu erschaffen, die auch aus den Fehlern des Grundgesetzes lernen könnte -, gliederte man nun einfach die DDR ein in diese endgültige BRD, in der wir heute stagnieren. Fehler wie eine echte Verbesserung des Sozialstaates zu starten, nachdem man in der BRD gesehen hatte, dass es in Krisen mit ihm auch mal eng werden konnte, blieb aus, das Pendel schwang seitdem eher gegen den Sozialstaat. Oder die 1968 verabschiedeten Notstandgesetze, hätte man mit der Einheit ausbessern oder abschaffen können, nachdem im Jahr unserer Geburt das einzige richtige Argument für diese Gesetze – im Notstandsfall selbst souverän handeln zu können und dies nicht den Besatzungsmächten überlassen zu müssen – mit der vollen Souveränität durch die Zwei-plus-Vier-Verträge hinfällig wurde; doch nichts geschah. Stattdessen wird die Freiheit auf Kosten der Sicherheit noch mehr eingeschränkt und der Bürger überwacht, als ob man aus der endlich verschwundenen DDR nichts gelernt hätte.

    Mental scheint jedoch diese Souveränität noch nicht ganz angekommen zu sein, erstaunlicherweise auch nicht in unserer Generation, die doch nun in diesen neuen Zuständen aufwuchs. Immer noch fühlt man sich nicht nur durch die NATO an die USA gebunden, indem die Generation Einheit und die Jahrgänge darum herum unnötige Anglizismen benutzen und oft ganz den American Way of Life zu mimen versucht, inklusive einer Sozialistenfeindlichkeit, wie sie manchmal noch irgendwie dem Kalten Krieg zu entspringen scheint.

    Doch noch etwas macht unsere Generation aus: Die Wende als mehr als nur ein historisches Ereignis zu bezeichnen, bleibt uns nicht übrig, haben wir es doch nicht bewusst erlebt. Da jedoch den Jahrgängen vor uns diese bedeutende Angelegenheit noch so präsent ist, erfolgt eine sehr starke und kluge Aufklärung durch Schule, Medien, Museen etc. Die führt jedoch bei vielen meiner Generation, die das so nicht erlebt hat, aber eher zu einer Trotzreaktion des Desinteresses, also wegen "Überfütterung", oder auch der von älteren Generationen verbreiteten Ostalgie.
    Das jedoch ist nur Gipfel des Eisberges: Viele unserer Generation verlieren das Interesse an allem Historischen oder Politischen, weil es eben scheint, als ob man doch nicht so viel aus der DDR gelernt hätte. Alt-SED- Mitglieder sitzen heute im Bundestag, immer noch finden in Notsituationen diktatorische Ideen Eingang in die Gehirne der Menschen und die Geldbeutel der Abgeordneten, immer noch gibt es die Politiker à la Kohl, die die Probleme aussitzen, sich von Lobbyisten finanzieren (und korrumpieren?) lassen und so anstatt einer Demokratie eher eine Postdemokratie verfechten, mit den Mitteln der verblödenden Teile der Medien, die auch von unserer Generation begeistert aufgesogen werden und uns nur noch passiver macht.
    Und zuletzt scheint so die Wandlung von Untertanen zum Citoyen, zum Menschen mit Zivilcourage, nicht unumkehrbar.